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Der Geist des Highlanders

Titel: Der Geist des Highlanders
Autoren: Lynn Kurland
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durchgelesen. Sie hätte besser doch zusätzlich das kleine Buch über Reifröcke eingesteckt; es konnte nie schaden, alles über die Zeit zu wissen.
    Sie seufzte. Sie brauchte einfach eine richtige Liebesgeschichte. Ihrer Meinung nach war das auch nichts anderes als Recherche. Ab und zu musste sie Regie bei romantischen Stücken führen, also wäre es sicher kein Nachteil, in dieser Hinsicht Bescheid zu wissen.
    In ihrem eigenen Leben hatte bisher nichts dergleichen stattgefunden. Sie konnte nur hoffen, dass sich das bald änderte.
    »Ich habe mich schon viel zu lange in diesem Haus aufgehalten«, sagte sie zu ihrem leeren Zimmer.
    Sie sank auf den Fenstersims und schob die Scheibe hoch. Es war immer noch bitterkalt, aber vielleicht würde die frostige Temperatur sie ein wenig ablenken. Sie schloss die Augen und lauschte den Wellen, die an den Strand schlugen. Es war kein Wunder, dass Thomas dieses Haus so sehr liebte. Selbst sie könnte in Versuchung geraten, den Verkehrslärm in Manhattan gegen diese Stille einzutauschen.
    Dann runzelte sie die Stirn. Über dem Rauschen der Brandung lag noch ein anderes Geräusch. Es klang wie Musik.
    Dudelsackmusik.
    Victoria presste ihr Ohr an die Scheibe und lauschte angestrengt. Ja, kein Zweifel. Da spielte definitiv jemand Dudelsack. Hatte Thomas Verwandte von Iolanthe aus Schottland einfliegen lassen, damit sie ihr ein Ständchen brachten? Hatte Iolanthe überhaupt Verwandte? Die Familie von Thomas’ Frau umgab ein Geheimnis, das sie nicht hatte lüften können. Letztes Jahr hatte Thomas ihr noch versprochen, ihr alles zu erzählen, aber anscheinend hatte er es sich wieder anders überlegt.
    Es klopfte leise an der Tür, und Victoria zuckte unwillkürlich zusammen. Die eingebildete Dudelsackmusik war offensichtlich zu viel für sie gewesen.
    »Herein«, sagte sie und setzte sich aufrecht hin, um sich gegen ein weiteres Grinsen ihres Bruders zu wappnen.
    Es war jedoch nicht Thomas’ Kopf, der in der Tür erschien, sondern Iolanthes.
    »Oh«, sagte Victoria überrascht. »Komm herein.«
    Zögernd kam Iolanthe der Aufforderung nach.
    »Ich wollte dich nicht stören«, sagte sie.
    »Das tust du nicht«, erwiderte Victoria. »Ich kann ein bisschen Ablenkung brauchen.«
    Iolanthe kam zum Fenster und setzte sich ebenfalls ans Fenster. »Victoria«, sagte sie langsam, »ich weiß, wir haben einander noch nicht besonders gut kennengelernt, und vielleicht ist mein Angebot gerade unpassend ... aber wenn du Hilfe brauchst in England, kannst du dich gerne an mich wenden.«
    Victoria blinzelte verwirrt. »Hilfe?«, echote sie. »Warum sollte ich Hilfe brauchen?«
    Iolanthe zuckte mit den Schultern. »Wer weiß? In meinem armseligen Leben hat es Zeiten gegeben, in denen ich die Gesellschaft einer Schwester wirklich nötig gehabt hätte.« Sie lächelte. »Das Angebot steht, du kannst jederzeit darauf zurückkommen.«
    Sie stand auf, wünschte Victoria eine gute Nacht und verließ das Zimmer.
    Victoria starrte auf die geschlossene Tür. Hilfe? Was für eine Art Hilfe? Warum hatte sie auf einmal das Gefühl, dass es sich nicht um ein ganz normales, gut gemeintes Angebot, sie zu unterstützen, handelte?
    Die Dudelsackmusik drang durch das halb geöffnete Fenster herein, und Victoria lief ein Schauer über den Rücken.
    Sie musste wirklich von hier verschwinden, bevor sie noch den Verstand verlor. Am liebsten hätte sie ihren Koffer gepackt und wäre auf der Stelle gegangen. Aber das hätte ihre Familie zu Recht für ein äußerst seltsames Benehmen gehalten.
    Nein, sie würde sich jetzt für die Nacht fertig machen, sich die Decke über den Kopf ziehen und sich zwingen zu schlafen.
    Und statt Montag würde sie morgen schon abreisen und sich wieder in die Welt begeben, die sie kannte und verstand, in der die Menschen zu ihr aufsahen und niemand sie infrage stellte, in der sie alles genau so organisieren konnte, wie es ihr gefiel, und alles auch in dieser Art umgesetzt wurde. Ja, das Theater war der richtige Ort für sie. Das Drehbuch war bereits geschrieben, und über das Ende des Stücks gab es keinerlei Zweifel.
    Eine besonders klagende Melodie drang durch das Fenster, und beinahe wären ihr Tränen in die Augen getreten. Zum Glück war sie nicht besonders zart besaitet, und entschlossen schob sie das Fenster wieder herunter, zog die Vorhänge zu und marschierte in ihr Badezimmer.
    Dudelsackmusik.
    Unwillkürlich fragte sie sich, ob es in Thomas’ Haus vielleicht spukte. Iolanthe hatte
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