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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen
Autoren: Stephen Lawhead
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Lanze bewiesen.«
    Wie du dir sicher vorstellen kannst, ließ mich Torfs Erwähnung dieses Gegenstands unwillkürlich erstarren. Ich versuchte, mein Erstaunen zu verbergen, doch Torf erkannte, dass ich wusste, wovon er sprach, und so sagte er: »Ah . dann hat dir dein Vater ja doch zumindest etwas erzählt, oder?«
    »Ein wenig«, erwiderte ich, auch wenn das nicht ganz der Wahrheit entsprach. Murdo verlor nie auch nur ein Wort über die Eiserne Lanze. Auch hier stammte mein ganzes, spärliches Wissen von unserem guten Abt.
    »Hat er dir auch erzählt, wie dieser Schwachsinnige sie im selben Augenblick, da er sie in die Finger bekam, dem Kaiser gegeben hat?« Torf stieß ein knappes, grausames Lachen aus, das in einem Husten mündete.
    »Nein«, antwortete ich, »das hat mir mein Vater nie erzählt.«
    »Er hat's aber getan! Bei unserem Herrn Jesus Christus, ich schwöre, er hat's getan«, gluckste Torf-Einar böse. »Nur Gottfried konnte etwas derart Wertvolles einfach so wegwerfen. Dieser Schwachkopf Es war auch noch seine erste Tat als Herrscher von Jerusalem, und was hat er als Gegenleistung dafür bekommen? Nichts!«
    Dann fuhr Torf fort, mir zu berichten, wie Gottfried, nur Augenblicke nachdem er zum Herrscher von Jerusalem ausgerufen worden war, vom kaiserlichen Gesandten getäuscht und dazu verführt wurde, ihm die Heilige Lanze zu übergeben, welche die Kreuzfahrer in Antiochia entdeckt und mit deren Hilfe sie die verabscheuungswürdigen Mohammedaner wiederholt in die Flucht geschlagen hatten. Um der Schande zu entgehen, den Griechen den wertvollsten Besitz der Christenheit aushändigen zu müssen, hatte der neue Herr von Jerusalem beschlossen, die Reliquie an Papst Urban in Rom zu senden, der sie sicher aufbewahren sollte.
    »Entweder das, oder wir hätten gegen den Kaiser kämpfen müssen«, gestand Torf widerwillig. »Und wir waren keine Gegner für die kaiserliche Garde. Sie hätten uns bis auf den letzten Mann niedergemacht. Es wäre ein Gemetzel geworden. Niemand kreuzt die Klingen mit den Unsterblichen und überlebt, um später davon zu erzählen.«
    Mir schien es eher, als wären es die Herren des Westens und nicht die Griechen gewesen, die Gottfried in diese heikle Lage gebracht hatten, und das sagte ich auch.
    »Pah!«, spie Torf. »Die Griechen sind hinterhältige Teufel. Sie saugen Verrat und Betrug mit der Muttermilch ein. Gottfried hätte wissen müssen, dass er einen dieser hinterlistigen Griechen nie mit solch einer armseligen Betrügerei übertölpeln konnte.«
    »Sein Plan scheint mir einfach genug gewesen zu sein«, erklärte ich. »Von Betrug vermag ich allerdings nichts zu sehen. Was hat er falsch gemacht?«
    »Er hat die Lanze mit nur einer Hand voll Ritter nach Jaffa geschickt, und die Seldschuken haben sie in einen Hinterhalt gelockt. Hätte er nur ein paar Tage lang gewartet, hätte er die Reliquie in Begleitung einer ganzen Armee schicken können - die meisten Ritter beabsichtigten damals, das Heilige Land alsbald zu verlassen -, und dann hätten die Türken sie nie bekommen.«
    »Die Türken haben sie genommen?«, fragte ich ungläubig.
    »Habe ich das nicht gerade gesagt?«, knurrte Torf. »Natürlich haben sie sie genommen, diese diebischen Teufel.«
    »Hast du nicht vorhin noch erzählt, Gottfried hätte sie dem Kaiser gegeben?«
    »Er wollte sie dem Kaiser geben«, erwiderte TorfEinar gereizt. »Wenn du deinen Mund geschlossen hieltest, anstatt ständig vor dich hin zu plappern, dann würdest du vielleicht noch etwas lernen, Junge.«
    Torf nannte mich einen Jungen, obwohl ich bereits Weib und Kind mein Eigen nannte. Ich vermute, ich kam ihm sehr jung vor . oder er hielt mich seines Respekts nicht für würdig. Ich erwiderte, dass ich von nun an versuchen würde zu schweigen, damit er ungestört
    mit seiner Geschichte fortfahren könne.
    »Es wäre eine Gnade gewesen«, brummte er gereizt. »Ich habe gesagt, dass die Seldschuken sich die Heilige Lanze genommen haben, und wäre es nach ihnen gegangen, hätten sie sie heute noch. Doch Bohemund vermutete schon, dass Gottfried irgendeine dumme List versuchen würde, und so beschloss er, ein Auge auf die Reliquie zu haben. Als Gottfrieds Ritter Jerusalem verließen, machte sich der Fürst von Antiochia sofort an die Verfolgung.«
    Fürst Bohemund von Tarent wusste selbstverständlich über die Lanze Bescheid. Das ist derselbe Bohemund, der König Magnus in seine Dienste genommen hat, um die Ränge seiner in vielen Kämpfen
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