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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen
Autoren: Stephen Lawhead
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warum nennt man ihn dann >schwarz    Torf lächelte schwach und befeuchtete seine Lippen mit der Zungenspitze. »Wenn ich dir das erzählen soll«, erwiderte er, »dann brauche ich etwas, um meine Kehle anzufeuchten.«
    Ich drehte mich zu Bruder Padraig um, der gerade die Halle betreten hatte und sich nun dem Krankenbett näherte. »Er fragt nach Bier«, sagte ich. »Darf ich ihm etwas geben?«
    »Ein wenig Bier könnte ihm durchaus gut tun«, antwortete der Mönch. »Oder zumindest«, er zuckte mit den Schultern, »kann es ihm nichts schaden.«
    Während der Kirchenmann sich daranmachte, noch etwas von seinem Elixier zu brauen, ging ich in die Küche, um Bier zu holen, und kurz darauf kehrte ich mit Krug und Becher wieder zurück. Den großen Krug stellte ich auf den Boden, schöpfte einen Becher und gab ihn Torf, der ihn gierig leerte. Er trank noch einen weiteren, bevor er bereit war, mit seiner Geschichte zu beginnen.
    »So«, sagte er schließlich und ließ sich wieder auf die Pritsche hinuntersinken. »Warum bezeichnet man den Kreuzesstamm als schwarz, fragst du. Ich sage dir, weil er schwarz ist - alt und schwarz.«
    »Und warum gibt es so viele Teile davon?«
    »Weil Balduin das Kreuz hat aufteilen lassen«, erklärte Torf und lachte trocken.
    Ich wollte ihn gerade fragen, warum Balduin so etwas hätte tun sollen, doch in just diesem Augenblick betrat Abt Emlyn die Halle, um zu sehen, wie es dem Kranken die Nacht über ergangen war. Ich glaube, Emlyn erwartete, einen Leichnam zu sehen, aber statt-dessen fand er Torf sitzend und mit mir redend. Nachdem er ein paar Worte mit Padraig gewechselt hatte, trat er zu uns und setzte sich neben das Krankenbett. »Mir scheint, dass Gott in seiner Güte uns deine Gesellschaft noch ein wenig länger erhält, mein Freund«, sagte Emlyn.
    »Gott hat damit nichts zu tun«, erwiderte Torf. »Es ist der Teufel, der mich unter die Erde bringen wird.«
    »Sag so etwas nicht«, schalt Emlyn und schüttelte sanft den Kopf. »So weit hast du dich nicht von Gott entfernt; dessen bin ich sicher.«
    Spöttisch schürzte Torf die Lippen. »Pah! Ich habe keine Angst. Ich habe stets getan, was mir gefiel, und ich bin bereit, dem Fährmann den Preis dafür zu zahlen. Mach, dass du wegkommst, Priester. Du wirst mir nicht die Beichte abnehmen.«
    »Wie du willst«, gab Emlyn nach, »aber du sollst wissen, dass ich in der Nähe bleiben und alles tun werde, um dir den Übergang ins nächste Leben zu erleichtern.«
    Torf runzelte die Stirn, und ich fürchtete, er könne Emlyn mit einem Fluch davonjagen; also sagte ich rasch: »Mein Onkel wollte mir gerade erzählen, wie es dazu kam, dass man das Wahre Kreuz in Stücke geschnitten hat.«
    »Ist das so?«, wunderte sich Emlyn.
    »Das ist so«, bestätigte Torf.
    »Dann stimmt es also, was ich gehört habe«, sagte der Abt. »Das Heilige Kreuz Christi ist wiedergefunden worden.«
    »Ja, sie haben es gefunden«, erwiderte Torf, »und ich war dort.« Ich bemerkte ein Licht in seinen Augen; die Geschichte schien ihn zutiefst zu bewegen.
    »Außergewöhnlich!«, murmelte Emlyn.
    »Es war Gottfried, der das Kreuz gefunden hat ... in der Grabeskirche«, erzählte uns Torf. »Er war mit seinem Kaplan und einigen Priestern zum Beten dorthin gegangen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Herren des Westens bereits wieder in ihre Heimat aufgebrochen, und nur Gottfried, Balduin und Bohemund waren zurückgeblieben, um Jerusalem zu verteidigen. Nun, Bohemund war mit dem kaiserlichen Gesandten nach Konstantinopel gesegelt, um die Heilige Lanze in griechische Gefangenschaft zu überführen. Balduin bereitete sich auf die Rückkehr nach Edessa vor, und wir alle waren begierig darauf, ihm zu folgen, denn dort würde er seinen Edlen die Länder geben, die er ihnen versprochen hatte.«
    »Einiges davon weiß ich«, sinnierte Emlyn und nickte vor sich hin.
    »Ja, nun, in der Nacht bevor wir Jerusalem verlassen wollten, erreichte uns die Nachricht, dass al-Afdal, der Emir von Ägypten, per Schiff in Askalon gelandet war und mit fünfzigtausend Sarazenen auf Jerusalem marschierte. Anstatt zu warten, bis die Stadt belagert wurde, beschloss Gottfried, sich dem Feind im Feld zu stellen, bevor er Hilfe von den besiegten Türken bekommen konnte. Alles zusammengenommen besaßen Gottfried und Balduin nur siebentausend Mann, und nur fünfhundert davon waren Ritter. Der Rest war Fußvolk.
    Gottfried überließ
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