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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen
Autoren: Stephen Lawhead
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Thron i\J treten«, sagte Emlyn, als ich ihn im Hof einholte. »Ich erwarte nicht, dass er die Nacht überlebt. Ich sollte es deinem Vater sagen. Er wird es wissen wollen.«
    »Mir scheint es eher so«, wagte ich zu bemerken, »als wisse mein Vater bereits alles, was er über Torf-Einar wissen will.«
    Der kleine, rundliche Abt blickte kurz zu mir hinüber. »Du denkst, sein Bruder kümmere ihn nicht«, erwiderte er. »Aber da irrst du dich, mein junger Duncan. Murdo sorgt sich sogar sehr um ihn.«
    »Dann weiß er das recht gut zu verbergen«, entgegnete ich säuerlich.
    Emlyn blieb mitten im Schritt stehen und drehte sich zu mir um. »Es ist mehr an dieser Geschichte, als du weißt. Murdo hat gute Gründe für sein Verhalten und seine Gefühle. Und ich werde ihm bestimmt nicht vorschreiben, wie er sich in dieser Angelegenheit verhalten oder fühlen soll.«
    Die Leidenschaft, mit der diese Worte gesprochen wurden, verblüffte mich; auch Emlyn, glaube ich, war ein wenig überrascht davon, denn sogleich fügte er in sanfterem Tonfall hinzu: »Die Wunden, die damals geschlagen wurden, waren sehr tief, Duncan. Ich glaube, Torfs Rückkehr hat sie wieder aufbrechen lassen, und es sind sehr schmerzhafte Wunden.«
    Ich akzeptierte den Tadel und schlug vor: »Dann wäre es vielleicht an der Zeit, diese alten Wunden ein für alle Mal zu heilen. Womöglich ist das ja auch der Grund, warum Torf-Einar nach Hause gekommen ist.«
    Abt Emlyn setzte sich wieder in Bewegung. »Da könntest du Recht haben. Vielleicht ist es wirklich an der Zeit, dass wir.« Seine Stimme verhallte, während er über die Frage nachdachte.
    Ich eilte ihm hinterher. »Was?«, verlangte ich zu wissen. »Zeit für was?«
    Abwehrend hob er die Hand und sagte: »Überlass das mir. Ich werde mit deinem Vater sprechen.«
    »Und dann?«, rief ich ihm hinterher.
    »Und dann werden wir sehen.«
    Der Abt ging davon, und ich war für den Augenblick allein und hatte nichts zu tun ... ein recht seltener Umstand für mich. Ich beschloss nachzusehen, ob Rhona beschäftigt war. Vielleicht verspürte sie Lust, mit mir zu dem kleinen Sandstrand unter den Klippen südlich der Bucht zu reiten. Rhona und ich waren nun sieben Jahre verheiratet, und in dieser Zeit hatten wir drei Kinder gezeugt: zwei Jungen und ein Mädchen.
    Unglücklicherweise waren die beiden Jungen im Sommer ihres ersten Jahres gestorben. Cait, das kleinste und dünnste Neugeborene, das ich je gesehen hatte, überlebte auch das zweite Jahr. Das alles scheint mir nun schon so lange her zu sein, doch an jenem Tag strahlte die Sonne hell, die Luft war trocken, und ich hatte noch immer die Absicht, eines Tages einen Sohn zu haben. Es schien mir ein wunderbarer Tag zu sein, um ein Kind zu zeugen . oder um es zumindest zu versuchen.
    Ich fand Rhona vor dem Lagerhaus auf einem Stuhl, wo sie Zwiebeln die Schalen abzog und in eine Schüssel legte. »Um Farbstoff für Caitrionas neues Kleid zu machen«, erklärte sie. Als sie meinen Gesichtsausdruck bemerkte, lachte sie und fragte: »Hast du etwa geglaubt, ich wolle dir die Zwiebelhaut zum Abendessen kochen?«
    »Wenn du sie kochst, würde ich sie auch essen«, erwiderte ich.
    »Oh, das würdest du.?«, begann sie. Ich nahm die Schüssel von ihrem Schoß und zog sie in die Höhe. »Und was hast du jetzt wieder im Sinn?«
    »Es ist ein schöner Tag, meine Liebe. Komm mit mir raus.«
    »Ich dachte, du müsstest an der Kirche arbeiten.«
    »Die Steine sind noch nicht eingetroffen, und nach den Arbeitern kann Vater auch allein schauen. Ich dachte, wir könnten vielleicht zum Strand reiten.«
    Rhona trat näher und neigte den Kopf zur Seite. »Glaubst du, ich hätte nichts Besseres zu tun, als den ganzen Tag mit dir durch die Gegend zu ziehen?« Ein Zucken um ihre Lippen verriet, dass sie nur mühsam ein Lächeln unterdrücken konnte. »Es ist gut, dass andere Leute viel zu tun haben, zumal der junge Herr dieses Anwesens ein fauler Taugenichts ist.«
    »Nun«, erwiderte ich und rümpfte die Nase, »wenn du nicht mit mir gehen willst, nehme ich an, dass ich auch eine der Dienerinnen fragen könnte. Die mit den sanften braunen Augen würde vielleicht keine Einladung von Herrn Murdos gut aussehendem Sohn verschmähen und.«
    »Herrn Murdos gut aussehender Sohn«, sagte Rhona, und diesmal kämpfte sie mit einem Lachen. »Zufälligerweise ist mir zu Ohren gekommen, dass Bischof Eirik nach Inbhir Ness geritten ist, um dort einige Dinge für die Abtei zu erledigen.«
    »Gute
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