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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen
Autoren: Stephen Lawhead
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zu finden waren; aber hat er die heilige Reliquie wirklich so sehr begehrt, dass er dafür töten würde? Dabei muss erwähnt werden, dass es Renaud war, der uns überhaupt zu Jordanus geschickt hat. Immer wieder frage ich mich: Ist er fähig dazu, einen Freund zu verraten und sogar in den Tod zu schicken?
    Vielleicht wollte er nicht, dass irgendjemand getötet wurde. Aber wenn das der Fall war, warum hatte er dann die Fedai'in geschickt? Warum war er nicht selbst gekommen und hatte die Rückgabe der Reliquie verlangt?
    Doch andererseits könnte es natürlich auch sein, dass er die Mörder nicht gesandt hatte. Vielleicht waren sie aus eigenem Antrieb gekommen in der Hoffnung, sich mit Hilfe der Reliquie das Wohlwollen der Templer zu erkaufen - aus welchem Grund auch immer. Vielleicht war es wirklich so. Doch auch das vermag ich nicht zu sagen, und ich glaube, niemand wird es je erfahren.
    So glaube ich zwar, dass Renaud de Bracineaux der Urheber dieser schrecklichen Ereignisse war, aber dennoch bleibt die Tatsache, dass ich es nicht beweisen kann. Ich weiß jedoch, dass ich meinen Teil der Schuld zu tragen habe. Wäre ich mit leeren Händen aus dem Palast des Kalifen gekommen, Jordanus, Wazim und Anna wären heute noch am Leben. Ich trauere um sie und mache mir schwere Vorwürfe ob ihres grausamen Todes. Bevor ich diese Insel verlasse, werde ich an ihre Gräber gehen und sie um Verzeihung bitten, wie ich es in meinem Herzen schon tausendmal getan habe.
    Padraig sagt, dass die Erfahrung ganze Bücher füllen würde, aus denen man lernen kann - wenn man denn dazu bereit ist. Also frage ich mich selbst: Was habe ich aus meiner seltsamen Pilgerfahrt gelernt? Sosehr ich mich auch bemühe, Gold im Sumpf dieses missglückten Unterfangens zu suchen, so höre ich doch ständig die Worte Nurmals von Mamistra: Der Feind von heute ist vielleicht der Freund von morgen.
    Ich denke darüber nach und erinnere mich daran, was Emlyn mir über die Kreuzfahrer der Großen Pilgerfahrt erzählt hat, die, von Blutlust und Gier besessen, Griechen und Juden abgeschlachtet haben, Armenier, Kopten und Araber; sie haben keinen Unterschied gemacht, damit ihnen kein Feind entkommen konnte. Aufmeiner Pilgerfahrt waren es jedoch die Feinde dieser ersten Kreuzfahrer, die mir zu Freunden geworden sind, während jene, die ich für Freunde hielt, die schlimmsten Feinde waren.
    Das war eine bittere Lektion. Ich weiß jetzt, wie mein Vater fühlt und warum. Ich weiß, warum er auf die Kreuzfahrerei so schlecht zu sprechen ist und warum er nicht wollte, dass ich ging. Ich bete, dass er mir meinen törichten Ungehorsam vergeben wird.
    Padraig, der weise Priester, sagt mir, dass ich nicht um etwas bitten müsse, was mir schon tausendmal gegeben worden sei. Er sagt, es sei die Lehre der Cele De, dass jeder Mensch dem Licht folgen muss, das ihm gegeben ist, und dass Pilger auf dem Wahren Weg sich nie verirren, solange sie dem Heiligen Licht folgen. Ich hoffe, das habe ich getan. Gott weiß, dass ich es versucht habe.
    Und nun, meine liebe Cait, gelten meine Gedanken und Gebete immer häufiger der Heimat. Ich sehne mich nach dem Tag, da ich dich wiedersehe und dich wieder in die Arme nehmen kann. Ich sehne mich danach, dich auf meinen Schoß zu setzen und dir zu erzählen, wie sehr ich deine leuchtenden Augen und dein Lächeln vermisst habe. Schon bald - es kann nicht bald genug sein, liebste Cait -, wenn die winterliche See sich wieder beruhigt hat, werden Padraig und ich das Segel setzen und nach Hause fahren. Sei versichert, dass wir ein gutes, schnelles Schiff haben, und haben wir erst einmal die Leinen losgemacht, wird uns nichts und niemand mehr aufhalten, keine Abenteuer mehr, bis wir die Küste von Caithness erreichen.
    In meinem Herzen bin ich bereits auf diesem Schiff. Ja ich kann den frischen Nordwind schon fast in meinem Gesicht spüren und die Taue singen hören, während die schlanke Persephone durch die Wellen pflügt und uns um die Landspitze in die Bucht von Ban-varö trägt.
    Was werde ich mitbringen?
    Viele außergewöhnliche Erinnerungen, ein paar Narben, ein wenig Weisheit. Ich werde die Pergamente mitbringen, die die guten Brüder so eifrig für mich angefertigt haben. Natürlich werde ich auch den Schwarzen Stamm mitbringen, und allein das war die Reise wert. Und ich werde auch noch einen anderen Schatz mitbringen: Sydoni, damit sie dir eine Mutter und mir eine Frau ist.
    Liebste Cait, ich weiß, dass du sie genauso sehr lieben wirst wie
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