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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen
Autoren: Stephen Lawhead
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und fand den letzten der Fedai'in neben der Mauer. Er wiegte sich langsam vor und zurück und drückte den gebrochenen Arm an die Brust. Als wir auf die Straße hinaustraten, drehte er sich zu uns um. Seine Augen waren halb geschlossen und seine Bewegungen träge, als er versuchte aufzustehen.
    Die leeren Hände ausgestreckt ging Padraig langsam auf den Fe-dai zu. »Friede«, sagte er. »Salaam.«
    Der Araber fummelte mit seiner gesunden Hand am Gürtel herum und zog das Messer. Er richtete es auf uns und stieß ein tiefes warnendes Knurren aus. Seine Stimme klang lallend.
    »Das muss das Haschisch sein«, sagte ich und trat rasch neben Padraig.
    »Das Töten wird aufhören«, erklärte Padraig und streckte erneut die Hand aus. »Gib mir deine Waffe.«
    In diesem Augenblick krähte eine Krähe im Hofeines Hauses ein Stück die Straße hinunter. Der Araber schwang unbeholfen das Messer, um uns zurückzuhalten; dann lehnte er sich gegen die Wand und blickte in die aufgehende Sonne.
    »Gib mir das Messer«, forderte Padraig ihn auf, der noch immer die Hand ausgestreckt hatte.
    Der Fedai sah uns an, und seine dunklen Augen funkelten von haschischberauschtem Hass. Er atmete tief durch und legte den Kopf zurück.
    »La ilaha illa 'llah!«, rief er; dann richtete er das Messer gegen sich selbst und stieß es sich ins Herz. Er sackte zu Boden und fiel zur Seite. Ein Zittern durchfuhr seinen Körper, und mit einem letzten Stöhnen endete sein Todeskampf.
    Nach einem Augenblick bückte ich mich und zog das Messer heraus. »Großer Gott im Himmel, ich bete, dass das wirklich der Letzte war«, sagte Padraig leise.
    »Amen.«
    »Woher haben sie gewusst, wo sie uns finden können?«
    »Fragst du dich das wirklich?«, erwiderte ich. Mir war mit einem Mal alles so klar, dass ich mich über meine eigene Blindheit nur noch wundern konnte. »Sie müssen Jordanus' Haus in Famagusta beobachtet haben. Als er nach Paphos zurückgekehrt ist, sind sie ihm hierher gefolgt.«
    »Aber wer könnte sie nach Fa.«, begann der Priester und hielt dann inne. ».de Bracineaux.« Padraig drehte sich zu mir um, und sein Gesicht leuchtete im ersten Licht des Tages. »Du wusstest, dass das geschehen würde.«
    »Nein«, erwiderte ich. »Ich habe es nur befürchtet.«
    »Nun, da sie wissen, wo sie uns finden können«, mutmaßte Pa-draig, »hält sie nichts davon ab, weitere Fedai'in zu schicken. Die
    Templer werden nicht eher ruhen, bis sie ihr Ziel erreicht haben.«
    »Wir können nicht länger hier bleiben«, sagte ich. Plötzlich erschöpft wischte ich mir mit der Hand übers Gesicht. Mein Arm pochte, und der Schmerz breitete sich von dort bis zum Kopf und in die ganze Seite aus.
    Die Krähe krächzte erneut, und dann wurde alles seltsam still. Ich wankte, und vor meinen Augen verschwamm alles. Ich blickte zu Padraig und sah, dass er den Mund bewegte; nur hören konnte ich ihn nicht mehr.
    Ich erinnere mich nur noch an wenig, was danach geschah. Nur an Dunkelheit und an ein Gefühl ruhiger Bewegung ... und dann an nichts mehr.
    M iebste Caitriona, mein Leben, mein Licht, meine Hoffnung. Wären nicht die vergifteten Klingen der Haschischin gewesen, ich wäre schon längst wieder daheim.
    Wie es das Schicksal jedoch wollte, bin ich gezwungen, eine weitere Gefangenschaft zu ertragen - diesmal in einer kleinen, kahlen Zelle in den Mauern von Agios Moni. Abt Demitrianos wird mir verzeihen, wenn ich das sage. Diese saubere, leere Kammer ist zwar weit weniger bequem als mein Gemach im Palast des Kalifen, doch ist sie diesem zugleich bei weitem überlegen. Seit meiner Ankunft vor vielen Monaten ist mir nur die beste Pflege zuteil geworden. Tatsächlich muss ich feststellen: Wären nicht die Heilkünste der Mönche hier gewesen, würde ich jetzt wahrscheinlich nicht mehr atmen, geschweige denn die Feder führen, um dir diese Zeilen zu schreiben.
    Auch wenn ich mich wieder über die Gefangenschaft ärgere, so ertrage ich sie doch mit Hoffnung im Herzen, und so nehme ich die Arbeit wieder auf, die mich auf meiner langen Reise durch Outremer schon die meiste Zeit beschäftigt hat. Der freundliche Bruder Thomas besucht mich täglich und bringt mir eine Liste mit Problemen, auf die seine fleißigen Schreiber bei ihrer geduldigen Arbeit gestoßen sind, mein armseliges Gekrakel auf den ruinierten Papyri auf gutes, sauberes Pergament zu übertragen. Manchmal ist es ein Wort, das sie nicht lesen können, weil die Stelle allzu sehr zerstört ist; doch oft ist es auch
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