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TS 37: Tödliche Träume

TS 37: Tödliche Träume

Titel: TS 37: Tödliche Träume
Autoren: Raymond Z. Gallun
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1. Kapitel
     
    Es war das Milieu der Vorstadt – ein Überfluß von Bäumen und Blumen, hinter denen die kleinen Villen hervorlugten. Anson Nord lehnte an seinem Vorgartenzaun und beobachtete, wie der kleine Robot-Rasenmäher plötzlich aus der Richtung kam, quer über die Straße schoß und klappernd auf dem Bürgersteig entlangfegte, wo es nicht das geringste Gras zu mähen gab.
    Anson Nord sah zu und grinste. Der Rasenmäher kam ihm wie ein junger Hund vor, der sich verlaufen hatte. Er konnte nichts dafür, daß er sich derart lächerlich benahm; es lag an der Nachlässigkeit seiner Besitzer.
    ,Rom im Verfall’, dachte Nord. ,Oder sind wir noch schlimmer mit unserer Technisierung?’
    Wie gewöhnlich schienen seine Gedanken in einen dunklen See abzugleiten. Sein Wille, nachzudenken, endete in einem Achselzucken. Was übrigblieb, war ein Gefühl der Sinnlosigkeit, ein rätselhaftes, ermüdendes Gefühl.
    Die Menschheit hatte seit langem gelernt, das Wetter vollständig zu kontrollieren. Der Vorgang war schlechthin vollendet. Den Menschen gehörten heute drei fremde Welten. Blitzende Raketen flogen nach Merkur, Venus und Mars und brachten die Reisenden in überdachte Städte, in denen nicht der geringste Komfort fehlte, auch wenn ringsum völlig fremdartige Lebensbedingungen herrschten.
    Niemand starb mehr an Altersschwäche. Die neuen Bio-Behandlungen lösten die alternden Zellen und die sich im Laufe der Jahre anhäufenden anorganischen Stoffe auf, festigten das Fleisch, strafften die Haut und regenerierten die Zähne und Haare. Kurz: jemand, der mehr als ein Jahrhundert alt war, konnte rein körperlich einem 19-jährigen entsprechen.
    Dann kam noch eine andere Errungenschaft hinzu, die kaum weniger wunderbar war als die Bio-Behandlungen. In Verbindung mit der gegenwärtigen niedrigen Geburtenziffer und der Kolonisierung der anderen Planeten löste sie – beinahe beiläufig – das Problem der Übervölkerung. Aber für die Seele des Menschen schien sie gefährlich.
    Der Sinneseindruck, künstlich angereizt in den Gefühlszentren des Gehirns, war die Grundlage dieser Erfindung. Das bedeutete, daß jedes Erlebnis für jeden möglich war. Die Traumskala erfaßte alles und gab die Wirklichkeit täuschend echt wieder – allerdings ohne eine physikalische Verbindung zu den Tatsachen und den damit verbundenen Gefahren eines Abenteuers. Das schien ein Vorteil, denn mit der zunehmenden Unsterblichkeit war das Leben kostbarer geworden.
    Diese Dinge gingen Anson Nord durch den Kopf, während er dem verirrten Rasenmäher nachblickte, der munter über das Pflaster der Straße dahinklapperte.
     
    *
     
    Als er die Kurve mit den hochaufragenden Ulmen erreichte, trat Nord auf die Straße. In einer Anwandlung gutnachbarlichen Edelmuts begann er sogar einen Dauerlauf.
    Keuchend erreichte er den Roboter und hielt sich mühsam an dessen Seite. Dann beugte er sich nieder und stellte den Atommotor ab.
    „He, Bürschchen!“ brummte er, als könne der Kleine ihn verstehen. „Wohin geht’s denn plötzlich so eilig?“
    Er hockte sich nieder, um die Einstellung des primitiven Elektronengehirns zu korrigieren. Schließlich war es sein Beruf, für eine Stunde pro Tag die Arbeit der Reparaturroboter zu beaufsichtigen. Aber jetzt spürte er plötzlich etwas von der fast vergessenen Zufriedenheit, die man empfindet, wenn man mit seinen eigenen Händen zupacken kann.
    Schnell hatte sich eine Gruppe von Nachbarn bei ihm eingefunden. Auch ihnen war nicht entgangen, daß der Rasenmäher hatte weglaufen wollen.
    „Waverlys Mäher, was?“ dehnte Dave Clinton seine Frage. Auch er gehörte zu den Zeitgenossen, deren Beschäftigung der Müßiggang war. „Ist das ein Wunder, wenn Waverley nur noch den ganzen Tag unter seinem neuen XD-9-Apparat träumt? Er sollte sich mehr um seine Sachen kümmern …“
    Sekundenlang preßte ein unerklärlicher Zorn Clintons Kinnbacken zusammen, dann schien er seinen Neid vergessen zu haben. „Ha! Wartet nur, bis ich meinen erst habe!“ fuhr er fort. „Waverley ist ein Stümper im Vergleich zu mir. Meine Frau und ich werden auf die große Traumreise gehen.“
    Mrs. Kovis, die groß darin war, alles den Jones’ nachzumachen, erklärte schrill: „Wir bekommen den verbesserten XD-10. Natürlich kann sich heute nicht jeder so etwas leisten. Aber mein John hat Einfluß. Wir werden in Musik leben …“
    Ihr Gatte, der kleine sanfte John Kovis zuckte zusammen. Nord konnte sich denken, warum. Bei den Kovis
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