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Der Fuenf-Minuten-Philosoph

Der Fuenf-Minuten-Philosoph

Titel: Der Fuenf-Minuten-Philosoph
Autoren: Gerald Benedict
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Auch ist kaum vorstellbar, was denn geschähe, wenn tatsächlich endgültiges Wissen erlangt worden wäre, da doch das Erkenntnisstreben von jeher die Entwicklung der Zivilisationen vorantreibt. Und dieses Streben ist so grundlegend, dass man behaupten kann, es sei der eigentliche Motor der menschlichen Evolution. Die Erörterung wäre unvollständig ohne den Hinweis auf jenes Wissen, dass mit dem Aufstieg und Fall alter Kulturen unterging. Wenn wir alles wissen wollten, müssten wir auch diesen Teil des Wissens bergen. Allwissenheit ist für den Augenblick jedenfalls eine Eigenschaft, die man am besten Gott überlässt.
    Der Wissenserwerb verlangt uns Demut ab. Und wenn wir die Größe und die Ursprünge des Universums zu erkennen und zu verstehen versuchen, müssen wir uns wohl Sokrates anschließen: »Ich weiß, dass ich nichts weiß.«
W ie können wir wissen, dass unser Wissen richtig ist?
    Die Philosophen haben lange darüber debattiert, wie wir darauf vertrauen können, dass unser erworbenes Wissen auf Tatsachen beruht. Gewöhnlich müssen wir nicht alles auf den Prüfstand stellen: Wir wissen auch so, dass 2 + 2 = 4 ist, dass die meisten reifen Tomaten rot sind und dass Großbritannien als größte der britischen Inseln vor der Nordwestküste Europas liegt. Derlei Fakten lassen sich leicht überprüfen. Aber wenn wir neues Wissen erwerben, müssen wir darauf vertrauen, dass das, was wir gelesen oder gehört haben, tatsächlich richtig ist. Es zu hinterfragen, anstatt es zu akzeptieren, ist manchmal durchaus nützlich. Auch wenn etwas als offenkundig richtig erscheint, müssen wir uns von seiner Richtigkeit höchstpersönlich überzeugen.
    Die Überprüfung, ob eine Aussage den Tatsachen entspricht, kann kompliziert und knifflig werden, wobei der Erfolg vielfach von den angewandten Methoden abhängt. Gewöhnlich überprüfen wir die Stimmigkeit einer Ansicht anhand eigner Beobachtung und Erfahrung. Wenn das, was wir hören, mit dem im Einklang steht, was wir bereits wissen, nehmen wir es wahrscheinlich als richtig hin. Ob unser vermeintliches Wissen wirklich Wissen ist, hängt nicht unbedingt von der Anzahl der Menschen ab, die es als solches ansehen: Auch die Mehrheit kann zutiefst irren. Die Richtigkeit einer Meinung daran zu bemessen, wie viele ihr anhängen, scheidet als Vorgehensweise aus. Eine andere Methode besteht darin, die geäußerte Aussage auf ihren Sinngehalt hin zu betrachten. So wurde der englische Philosoph und Radiomoderator C.   E.   M. Joad (1891–1935), der im Zweiten Weltkrieg in der populären Radiosendung ›The Brain Trust‹ der BBC auftrat, berühmt mit dem Satz: »Hängt alles davon ab, was Sie mit [diesem oder jenem] meinen.« So leitete er seine Antworten auf die in den Raum gestellten Fragen ein. Obwohl zugespitzt, ist Joads Vorgehensweise bedeutend. Ob wir wissen, inwieweit unser vermeintliches Wissen richtig ist, hängt ganz von unserem Sprachgebrauch und unserer Deutung der Worteab. Das Wissen auf den Prüfstand zu stellen, war ein Kernthema des logischen Positivismus, jener philosophischen Richtung, die der sogenannte Wiener Kreis in den 1920er- und 1930er- Jahren entwickelt hat – mit den beiden wichtigsten Vertretern Bertrand Russell (1872–1970) und Ludwig Wittgenstein (1889–1951). Beide befassten sich mit der Bedeutung der Wörter und der Struktur der Sprache als Methode, um festzustellen, ob eine Aussage »richtig« ist. Wittgenstein vertrat den Standpunkt, dass all unsere Gedanken auf sprachlichen Fundamenten ruhten und Abbilder der Realität seien. Die Wirklichkeit bezeichnet er als die Totalität der Fakten zur Welt, weshalb Aussagen über alles, was außerhalb der nachprüfbaren Realität liege – so etwa die Existenz Gottes – letztlich sinnlos seien. Da die Idee Gottes nicht zur faktischen Realität gehöre, gebe es für sie keine angemessene Sprache und damit auch nichts, was der Geist abbilden könne.
    Nach den Skeptikern der griechischen Antike kann Wissen niemals sicher sein: Es läuft nie auf eine Gewissheit, sondern immer nur auf eine Wahrscheinlichkeit hinaus. Dafür prägten sie den Begriff der »Akatalepsie«, der fast wie eine Krankheit klingt.
Gibt es Wahrheit tatsächlich?
    Die Frage, wie wir die Richtigkeit von etwas, das wir zu wissen meinen, untermauern können, führt unweigerlich zum Begriff der »Wahrheit«. Wörtlich genommen, muss etwas, das wahr ist, mit den Tatsachen oder der Realität übereinstimmen. »Richtig« und »wahr« sind
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