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Der Fuenf-Minuten-Philosoph

Der Fuenf-Minuten-Philosoph

Titel: Der Fuenf-Minuten-Philosoph
Autoren: Gerald Benedict
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mit der die Erde beben oder ein Vulkan ausbrechen wird. 2012 sagte die NASA einen besonders heftigen Sonnensturm voraus, der die Funktion technischer Systeme auf der Erde ernsthaft hätte beeinträchtigen können. Dank demografischer Berechnungen können wir vorhersagen, wie schnell die Erdbevölkerung wächst, welche Größe sie zu welchem Zeitpunkt erreicht und in welchen Ländern sie besonders rasant zunimmt. Auch verraten Statistiken, wo etwas getan werden muss, um diese wachsende Bevölkerung auch in Zukunft zu ernähren. Weltweite Beobachtungen des Klimas rückten die Erderwärmung in den Fokus, die langfristig die Zukunft der Menschheit auf dem Planeten bedroht. In der sich ständig verändernden Welt der Politik ist eine interessante und häufig eingesetzte Form der statistischen Vorhersage die Meinungsumfrage, mit der versucht wird, die Ergebnisse von Wahlen oder Volksbefragungen vorwegzunehmen. Ähnlich versuchen in der Geschäftswelt vor allem global aufgestellte Unternehmen mit riesigen Datenbanken auf den volatilen, das heißt schwankenden Märkten künftige Verhältnisse vorauszuberechnen.
    Radioteleskope empfangen Signale aus dem All, anhand derer sich die Wahrscheinlichkeit errechnen lässt, ob ein gewaltiger Meteorit auf der Erde einschlagen wird. Experten rechnen künftige Verhältnisse von Angebot und Nachfrage oder andere ökonomische Variablen hoch, damit Investoren und Aktionäre auf Prognosen bauen können. Für die meisten Menschen haben solche Sicherheit gebenden Methoden im Alltag freilich keine Bedeutung. Ihnen genügte es schon, wenn sie wüssten, wie die Dinge in der nächsten Woche oder auch nur am nächsten Nachmittag liegen: Welches Pferd beim nächsten Rennen als Sieger durchs Ziel geht oder ob diese oder jene Fußballmannschaft das Spiel gewinnt, verliert oder mit unentschieden abschließt. Vor allem wüssten wir gern, ob wir gesund bleiben, oder, wenn wir krank sind, wie unsere Chancen auf Heilung stehen. In diesem Bereich könnten wir auf fachliche Prognosen zu unserer Zukunftzählen, während diejenigen, die wissen wollen, was ihnen, ihrer Familie und ihren Freunden mittel- und langfristig widerfahren wird, noch immer auf Horoskope, Wahrsager und Propheten angewiesen sind.
    Der Ökonom Peter Drucker (1909–2005) hat gewiss recht, wenn er meint: »Die beste Art, die Zukunft vorherzusagen, ist, sie zu schaffen.« Allerdings können wir nicht wissen, ob das, was wir schaffen, überhaupt zukunftsfähig ist.
Was »müssen« wir wissen?
    Diese Frage ist insofern offen, als die Antwort darauf von Zeit, Ort und Umständen abhängt. Allgemein kann diese Frage auf unser körperliches Überleben abzielen: Vor 100   000 Jahren mussten wir wissen, wie wir uns eine Höhle graben, uns mit Kleidung gegen die Kälte schützen, Beute erlegen, Wurzeln sammeln, Feuer entzünden und am Brennen halten und wie wir überleben, wenn wir verletzt oder krank geworden sind. Dagegen erfordern die hochentwickelte Gesellschaft und ihre komplexen Verhältnisse Spezialisierungen, durch die sich unser Wissensbedarf in Sachen nacktes Überleben deutlich verringert hat. Ihn haben wir längst weitgehend an andere delegiert: an die Bauindustrie, die Erzeuger und Vertreiber von Nahrungsmitteln, an medizinisches Personal, Notfalldienste und Streitkräfte. Dagegen benötigen die Menschen in der sogenannten »Dritten Welt« noch immer viel Wissen ums tägliche Überleben. Auch wenn ihnen gelegentlich Hilfsorganisationen beispringen, sind sie weitgehend auf sich gestellt, um für ihr körperliches Wohlergehen zu sorgen. Allerdings müssen in den Industrienationen die meisten wissen, wie sie ihr finanzielles Überleben sichern.
    Das Need-to-Know- Prinzip, die Kenntnis nur bei Bedarf, die in sicherheitsrelevanten Bereichen gilt, verordnet ein Wissen, das geradeso genügt, um anstehende Aufgaben zu erfüllen: damit man zum Beispiel aus einem Soldaten in Feindeshand nicht unnötig viele Informationen herausholen kann. Als ähnlich strukturiert kann auch unser Leben gelten. Da wir uns bei der Befriedigung unserer Alltagsbedürfnisse auf andere verlassen, müssen wir nur das wissen, was wir für unseren Beruf benötigen, und hier wissen wir vielleicht nicht einmal so viel, wie wir wissen sollten. Umfassender wird das, was wir wissen müssen, durch unsere Wissenslücken bestimmt. Aber ebenso wichtig ist die Art Wissen, dank derer wir Prioritäten setzen und ein Gespür für Werte entwickeln können, weil diese unsere
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