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Der Fuenf-Minuten-Philosoph

Der Fuenf-Minuten-Philosoph

Titel: Der Fuenf-Minuten-Philosoph
Autoren: Gerald Benedict
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für Schönheit, von dem, was ästhetisch oder moralisch »gut« ist, und hängen alle, wie vage auch immer, einem politischen Ideal und manche zudem einem religiösen Glauben an. Weil wir schrittweise das Wissen abspeichern, das wir für unsere Überzeugungen oder Reaktionen auf die Welt benötigen, können wir die fundierten Urteile fällen, die unseren Entscheidungen vorausgehen. Uns selbst zu erkennen, ist dabei wohl unsere bedeutendste Lernleistung. Schrittweise lernen wir, was wir mögen oder hassen, was wir schätzen oder verachten, was wir erlernen und was wir tun müssen, um unsere individuellen Begabungen zu entfalten. Das Wissen um uns selbst erwerben wir in der Auseinandersetzung mit unserer Umwelt, mit Dingen und Menschen. Diese Selbsterkenntnis kann aber immer nur subjektiv sein. Zuverlässiger ist unser Wissen über andere, weil es sich anhand leichter verfügbarer Belege überprüfen lässt: Solches Wissen ist wechselseitig und einvernehmlich erhellend. Dazu schrieb der römische Dichter und Satiriker Gaius Lucilius (nach 180–103 v.   Chr.): »Wissen ist erst ein Wissen, wenn ein anderer weiß, dass man weiß.«
    Weisheit kann als tiefergehendes Verständnis von all dem gelten, was man in Bezug auf Menschen, Situationen, Entscheidungen und Urteilen weiß. Nach dem chinesischen Philosophen Konfuzius (551–   479 v.   Chr.) erwerben wir Weisheit in drei Stufen: »Erstens durch Nachdenken – dies ist am edelsten –   ; zweitens durch Nachahmung – dies ist am leichtesten –   ; und drittens durch Erfahrung – dies ist am bittersten.«
S ind unserem Wissen und unserem Verständnis Grenzen gesetzt?
    In einer Zeit, in der die Wissenschaftler nach einer einzigen Theorie suchen, die uns den Ursprung des Universums erklärt und zugleich eine vereinheitlichende Formel für alles Leben liefert, herrscht der Glaube, dass wir potenziell alles, was gewusst werden kann, auch wissen können. In ›Eine kurze Geschichte der Zeit‹ macht Stephen Hawking deutlich, dass »unser Ziel … kein geringeres [sei] als eine vollständige Beschreibung des Universums, in dem wir leben«. Doch müsse das Problem im Augenblick noch in Teiltheorien wie der Relativitätstheorie und der Quantenmechanik getrennt betrachtet werden. Erst dann könne man sehen, ob sie sich zu einer einheitlichen Theorie zusammenfügen lassen.
    Wohl die meisten begnügen sich damit, solche letzten Fragen den Kosmologen und Astrophysikern zu überlassen. Heute hat die Menschheit mehr als jemals zuvor ein gigantisches Wissen angehäuft, dessen Erwerb aber als kollektiver Prozess erfolgt ist: Unzählige aus allen Zeitaltern und Kulturen trugen zur Gesamtsumme unserer Erkenntnisse bei. Wir haben, um Carl Gustav Jung (1875–1961) zu parodieren, ein kollektives Bewusstsein erworben, das trotz der gewaltigen Spannweite und Tiefe des erworbenen Wissens weit hinter der Allwissenheit zurückbleibt. Wenn wir von der Prämisse ausgehen, dass dem, was wir wissen können, potenziell keine Grenzen gesetzt sind, belehrt uns unsere persönliche Erfahrung wahrscheinlich eines Besseren. Oder anders gesagt, stehen der Möglichkeit, alles zu wissen und zu verstehen, andere Faktoren entgegen: so die Begrenztheit der Zeit und der Funktionstüchtigkeit sowie des Fassungsvermögens unserer Gehirne und zudem die Tatsache, das unser bereits erworbenes Wissen ständig aktualisiert und an neue Kenntnisstände angepasst werden muss.
    Unser einziges funktionierendes Werkzeug zum Wissenserwerb ist unser Denkapparat. Selbst wenn Millionen Gehirnezusammenarbeiten, bestimmt deren Leistungsvermögen stets die Erkenntnisse, die wir auf den verschiedenen Gebieten gewinnen können. Wie alle lebenden Organe ist auch das Gehirn störungsanfällig. Es benötigt für ein reibungsloses Funktionieren Energie und hängt vom Wohlergehen des übrigen Körpers ab, insbesondere von den Sinnesorganen, die ihm Informationen zur Verarbeitung liefern. So beinträchtigen schon Funktionsstörungen der Augen oder Ohren die Qualität der Signale, die unser Gehirn empfängt.
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    »Wenn wenig Wissen gefährlich ist, welcher Mensch hat dann so viel Wissen, dass er außer Gefahr ist?«
    Thomas Henry Huxley (1825–1895)
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    So ist dem, was wir wissen und begreifen können, gewiss zu jeder Zeit eine Grenze gesetzt. Sollten wir je auf einem Gebiet, zum Beispiel dem der Ursprünge des Universums, am Ende zu einem umfassenden Wissen gelangen, so dürften bis dahin beträchtliche Zeiträume vergehen.
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