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Der Fuenf-Minuten-Philosoph

Der Fuenf-Minuten-Philosoph

Titel: Der Fuenf-Minuten-Philosoph
Autoren: Gerald Benedict
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im Leben trennt.
    Die Religion: Nach einem anonymen Sinnspruch betrifft »Philosophie Fragen, die wohl nie beantwortet werden. Religion betrifft Antworten, die wohl nie infrage gestellt werden.« Dieser Dogmatismus, der von einer starken Autorität gestützt wird, war von jeher das größte Problem der Religion. Von ihr, die für beides steht – für den althergebrachten Ausdruck des Glaubens und für die Dogmatik als Maßstab für das, was man zu glauben hat – gingen große Verbrechen wie auch große Wohltaten aus. Die Religion hat Machtgier und Kontrollsucht befriedigt, aber auch zum selbstlosen Dienst am Nächsten angespornt. Mit den Kriegen, die sie auslöste, und den Strafen, die sie gegen Ketzer verhängte, hat sie über Menschen entsetzliches Leid gebracht. Aber ihr Mitgefühl und ihr soziales Gewissen bescherte Millionen auf dem Globus Bildung und medizinische Versorgung. Sie zerstörte ganze Kulturen, stiftete aber auch einige der bedeutendsten Kunstwerke auf der Erde. In ihrer Orthodoxie und ihren konservativen Anschauungen führte die Religion Unzählige zum aufrichtigen Glauben. Aber viele mussten erst einmal aus der vorgegebenen Tradition ausbrechen, um als Freidenker zum eigenen lebendigen Glauben zu finden. Wie der Komiker Lenny Bruce (1925–1966) meinte: »Jeden Tag fallen Menschen von der Kirche ab und kehren zu Gott zurück.« Und das kann durchaus als ein positives Urteil über die Kirche gelten, weil, so der Buchautor und Journalist G.   K. Chesterton (1874–1936), »der Test für eine gute Religion darin besteht, ob man über sie Witze reißen kann«.
    Der Glaube: Weiter oben wurde zwischen Wissen und Glauben unterschieden und angemerkt, dass Glaube Vertrauen voraussetzt. Denn glauben heißt, etwas für wahr halten, also darauf vertrauen, dass dem wirklich so ist.
    Der religiöse oder spirituelle Glaube ist das Vertrauen in eine höhere Macht oder Kraft, die unser Leben durchwirkt, unsere Zukunft bestimmt und uns ein Jenseits beschert.
    Das Englische unterscheidet zwischen zwei Begriffen für »Glauben«, zwischen belief und faith, die beide Vertrauen beinhalten, wobei faith aber zusätzlich »Treue«, »Religion« oder »Konfession« bedeutet und so als die Treue zu bewährten religiösen Überzeugungen verstanden werden kann.
    Im Deutschen wird »Glaube« oft gegen »Religion« abgegrenzt. Der Glaube gilt dabei als der Nährboden, auf dem die Religion gedeiht. Religiöse Menschen folgen vorgegebenen Glaubensformen in einer Gemeinschaft, zu der sie sich bekennen. Der Glaube ist so eher individuell, die Religion kollektiv. Glaube zielt aufs Relative, Religion aufs Absolute. Die schärfste Unterscheidung traf Dietrich Bonhoeffer (1906–1945), als er, in Anlehnung an andere Theologen, die Frage nach dem »religionslosen Christentum« aufwarf. Mit Blick auf die Fragen, die in diesem Kapitel gestellt werden, muss man die Bedeutungsnuancen des Begriffs »Glauben« nicht unbedingt auseinanderhalten, da ihm jeder bei der Verwendung selbst eine sinnvolle Bedeutung geben kann. Der Science-Fiction-Schriftsteller Isaac Asimov (1920–1992) formulierte mit beiden Begriffen seineAnsicht, »dass jeder noch so törichte Glaube treue Anhänger finden kann, die ihn als Religion bis in den Tod verfechten«.
    Das Verhalten: Was als die »beste« Lebensart gilt, bestimmen die Sitten und Gesetze unserer Gesellschaft. Sie sollen sicherstellen, dass wir, soweit möglich, friedlich zusammenleben und die Rechte und das Eigentum anderer respektieren. Wie diese Gesetze und Konventionen aussehen, hängt von der Art der gewünschten Gesellschaft ab, auch wenn sich außerhalb der Philosophie kaum einer oder kaum ein Herrschaftszirkel die Frage so stellt, dass sie über die Gesetzgebung und die Verfassung hinausweist und auch die Bildung einbezieht. Unsere Gesellschaft wurde nicht einmalig festgelegt, sie hat sich vielmehr entwickelt, ungefähr so, wie ein Garten unter den Händen wechselnder Landschaftsarchitekten stets aufs Neue Gestalt annimmt. Aber anders als ein Garten ist eine Gesellschaft keine Oase der Ruhe, sondern der Austragungsort von Konflikten, in dem Stress, Ängste und Unsicherheit herrschen. Deren vielfältige Gründe reichen von ökologischen über wirtschaftliche bis hin zu politischen Problemen. Herrschaft erscheint als das erbitterte Bemühen, unsere Zivilisation irgendwie zusammenzuhalten. Nach dem französischen Soziologen David Émile Durkheim (1858–1917) wird das menschliche Verhalten von
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