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Unterm Rad

Unterm Rad

Titel: Unterm Rad
Autoren: Hermann Hesse
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Hermann Hesse, am 2. Juli 1877 in Calw/Württemberg als Sohn eines baltendeutschen Missionars und der Tochter eines württembergischen Indologen geboren, 1946 ausgezeichnet mit dem Nobelpreis für Literatur, starb am 9. August 1962 in Montagnola bei Lugano. Seine Bücher, Romane, Erzählungen, Betrachtungen, Gedichte, politischen, literatur- und kulturkritischen Schriften sind mittlerweile in einer Auflage von mehr als 80 Millionen Exemplaren in aller Welt verbreitet und haben ihn zum meistgelesenen europäischen Autor des 20. Jahrhunderts in den USA und Japan gemacht.
    Max Brod: »Kafka las Hesse mit Begeisterung.« Alfred Döblin: »Mit einer Sicherheit, die ohnegleichen ist, rührt er an das Wesentliche.«
    Diese 1903 in Calw entstandene Erzählung Hermann Hesses zeigt das Schicksal eines begabten Knaben, dem der Ehrgeiz seines Vaters und der Lokalpatriotismus seiner Heimatstadt eine Rolle aufnötigen, die ihm nicht entspricht, die ihn
    »unters Rad« drängt. »Schreibend der Jugend die Würde zu geben, die ihr im Leben verweigert wurde«, notiert Peter Handke nach der Lektüre dieses Buches in sein Tagebuch, während Arthur Eloesser 1906 die Erstausgabe mit den Worten begrüßte: »Der Roman enthält ungefähr eine Anleitung für Eltern, Vormünder und Lehrer, wie man einen begabten jungen Menschen am zweckmäßigsten zugrunde richtet.« Deshalb beantwortete bereits damals Theodor Heuss die Frage: »Ein Tendenzwerk? Ja, dort wo es mit warmen Worten das Recht der Jugend auf eine Jugend verlangt!« 1905
    schrieb Stefan Zweig: »Ich liebe diese tiefe und mit so wunderbarer Kunst erzählte Geschichte um ihrer Menschlichkeit willen. Es stehen Dinge darin, die ich selbst in meiner Knabenzeit empfunden hatte und dann wieder verloren... Und dann die zwei Liebesszenen: die stehen nun wie eigene Geschehnisse in meinem Leben... Kann ein Dichter mehr tun?«
    Neben Robert Musils »Die Verwirrungen des Zöglings Törless« war »Unterm Rad« die nachhaltigste Anklage gegen das Erziehungsritual jener Jahre.
    »Ein paar Wochen ist es her, da entdeckte ich in einem Abteil der Berliner S-Bahn zwei junge Leute. Ihre Gesichter waren über dasselbe Buch gehängt, das einer der beiden in den Händen hielt. Sie lasen, sie waren verzaubert, von ihrer Haltung ging eine fast greifbare Aura der Verwandlung aus, sie blickten nicht auf, sie waren vollkommen unempfindlich für die Umwelt. Ich habe weder vorher noch danach wieder Menschen so lesen sehen. Sie lasen Hermann Hesses Unterm Rad. Nur die Wirklichkeit hat recht.« Rolf Schneider

Hermann Hesse Unterm Rad
    Erzählung
    Suhrkamp
    Umschlagmotiv von Elisabeth Hau
    Scanned by Tias 1 ba
    Erste Auflage 1972
    Der Text folgt dem zweiten Band
    »Hermann Hesse. Gesammelte Werke«
    © Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1970
    Suhrkamp Taschenbuch Verlag
    Alle Rechte vorbehalten, insbesondere
    das des öffentlichen Vortrags, der Übertragung
    durch Rundfunk und Fernsehen
    sowie der Übersetzung, auch einzelner Teile.
    Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form
    (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren)
    ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert
    oder unter Verwendung elektronischer Systeme
    verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
    Druck: Ebner Ulm • Printed in Germany
    Umschlag nach Entwürfen von
    Willy Fleckhaus und Rolf Staudt
    40 41 42 - 03 02 01 00
    Unterm Rad

Erstes Kapitel
    Herr Joseph Giebenrath, Zwischenhändler und Agent, zeichnete sich durch keinerlei Vorzüge oder Eigenheiten vor seinen Mitbürgern aus. Er besaß gleich ihnen eine breite, gesunde Figur, eine leidliche kommerzielle Begabung, verbunden mit einer aufrichtigen, herzlichen Verehrung des Geldes, ferner ein kleines Wohnhaus mit Gärtchen, ein Familiengrab auf dem Friedhof, eine etwas aufgeklärte und fadenscheinig gewordene Kirchlichkeit, angemessenen Respekt vor Gott und der Obrigkeit und blinde Unterwürfigkeit gegen die ehernen Gebote der bürgerlichen
    Wohlanständigkeit. Er trank manchen Schoppen, war aber niemals betrunken. Er unternahm
    nebenher manche nicht einwandfreie Geschäfte, aber er führte sie nie über die Grenzen des formell Erlaubten hinaus. Er schimpfte ärmere Leute Hungerleider, reichere Leute Protzen. Er war Mitglied des Bürgervereins und beteiligte sich jeden Freitag am Kegelschieben im »Adler«, ferner an jedem Backtag sowie an den Voressen und Metzelsuppen. Er rauchte zur Arbeit billige
    Zigarren, nach Tisch und sonntags eine feinere Sorte. Sein inneres
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