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Der Fluch der bösen Tat

Der Fluch der bösen Tat

Titel: Der Fluch der bösen Tat
Autoren: Leif Davidsen
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in voller Blüte gestanden hatte. Der Funke war erloschen. Vielleicht waren es die Nerven. Vielleicht würde das Feuer zurückkehren, wenn sie wieder miteinander schlafen könnten. Sie hatten es einmal versucht, aber da hatte sie angefangen, so herzzerreißend zu weinen, um später zu sagen, daß sie ihn liebe, weil er nicht einfach ging, aber ob er nicht doch lieber auf dem Sofa schlafen oder vielleicht besser nach Hause gehen wolle. Oder auch bleiben. Sie wolle nur in Frieden gelassen werden, aber nicht allein.
    Nun saß er da und stellte sich schon darauf ein, gleich in seine Wohnung zu fahren. So hatte es die letzten Tage immer geendet. Sie trafen sich abends, und der eine tastete nach dem anderen, ohne daß sie einander erreichten, ohne daß sie miteinander sprachen, und dann ging er ohne böse Worte oder auch andere Worte als ein banales tschüs oder auf Wiedersehen, bis morgen. Sie wollte nicht allein sein, und sie wollte nicht mehr mit ihm schlafen. Er sollte bleiben und gleichzeitig abhauen. Er war verzweifelt und müde und verwirrt und wußte nicht, was er tun sollte, aber er versuchte, Zeit zu schinden, denn gleich müßte er sich verabschieden und in seine leere Wohnung zurück, wo ihn die Gedanken und das Schuldgefühl wie Dämonen von den Wänden ansprangen.
    Lise sah die Nachrichten mit halb geschlossenen Augen, richtete sich aber auf, als Peter Sørensen vor der Tür des Staatschefs auftauchte und in der linken Ecke des Bildschirms das kleine Wörtchen »Direktübertragung« aufleuchtete.
    Peter Sørensen sagte in die Kamera, daß Staatsminister Carl Bang heute von seiner Reise zu den jütischen Wahlkreisen nach Kopenhagen zurückgekehrt sei. Diese Reise habe es dem Staatsminister unmöglich gemacht, die aus dem Iran stammende Schriftstellerin Sara Santanda zu treffen, die auf dem Flakfort vor Kopenhagen einem Mordversuch ausgesetzt gewesen war.
    Dann kamen die Bilder vom Flakfort, die sie schon so oft gesehen hatten, Vuks kaltes Gesicht, das wegen des Lichts und der schwarzen Haupt- und Barthaare schwer zu erkennen war. Man sah die Pistole und am Rand des Bildes Per, wie er auf Sara zugrätschte, dann kippte das Bild, als der Kameramann getroffen wurde. Johns Leiche, die Leiche des Kameramanns, das Blut und die bleichen, entsetzten Mienen. Per sah Lise an, aber sie schaute auf den Schirm. Vielleicht hatte sie die Sequenzen mittlerweile so oft gesehen, daß sie ihr nicht mehr weh taten. Es war in allen Zeitungen von hinten bis vorne durchgekaut und bereits »Flakfortmassaker« getauft worden. Immer wieder wurden in den normalen Nachrichtensendungen und in den unzähligen Sondersendungen die immergleichen Bilder gezeigt.
    Peter Sørensen sagte, daß Sara Santanda sich wieder versteckt halte und an einem geheimen Ort in Großbritannien wegen eines Schocks und wegen der Verletzungen behandelt werde, die sie sich zuzog, als Kriminalkommissar Per Toftlund vom Polizeilichen Nachrichtendienst sie fast totschlug, statt sie zu beschützen. Toftlund war der Verantwortliche des Santanda-Besuchs, wolle sich aber nicht äußern, sagte der Reporter.
    »Scheißkerl«, sagte Per.
    »Psst …«, machte Lise, als die Kamera wegzoomte und zeigte, wie Carl Bang aus der Glastür des Staatsministeriums trat und sich für ein Interview in Pose stellte. Bang wählte seine Interviews mit Sorgfalt aus, und er bevorzugte es stets, sich in den Nachrichten direkt zu Wort zu melden, damit in seinen Ausführungen nicht herumredigiert werden konnte. In dieser Sache hatte er bisher nur eine kurze Pressemitteilung rausgeschickt, ansonsten durfte sich sein Justizminister damit herumschlagen. Das war seine übliche politische Vorgehensweise. Die Leutnants durften rekognoszieren, debattieren, streiten und sich von den Medien das Fell über die Ohren ziehen lassen, und wenn sich dann eine bestimmte Linie abzeichnete, trug er ein paar väterliche Worte bei. Er wollte nicht ins Fernsehen, ohne selbst Ort und Zeit bestimmt zu haben. Nun war entschieden worden, eine Untersuchungskommission einzusetzen, die den ganzen Ablauf unter die Lupe nehmen und den Verantwortlichen ausfindig machen sollte.
    »Herr Staatsminister, Sie haben sich bis dato nicht äußern wollen«, sagte Peter Sørensen, »aber der Justizminister hat gesagt, daß die entsprechenden Leute für die furchtbaren Vorkommnisse auf dem Flakfort zur Verantwortung gezogen werden sollen. Ist das auch Ihre Meinung?«
    Carl Bang wollte gerade in die Kamera schauen, erinnerte sich aber
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