Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch der bösen Tat

Der Fluch der bösen Tat

Titel: Der Fluch der bösen Tat
Autoren: Leif Davidsen
Vom Netzwerk:
südlich in die Holländertiefe«, sagte Vuk.
    »Die nehmen dich hops, wenn du an Land gehst«, sagte Jon.
    Vuk antwortete nicht. Er rauchte.
    »Wie konntest du das tun? Wer bist du?« sagte Lise tränenerstickt. Sie fror in ihren dünnen Sachen und zitterte am ganzen Leibe. »Warum Ole? Warum? Was hat er dir getan?«
    »Maul halten!« fertigte er sie ab.
    Das Funktelefon piepte. Vuk hob die Pistole als Zeichen, sie sollten es piepen lassen.
    Er schaute zum Himmel. Nicht mehr lange, dann würde der Hubschrauber auftauchen.
    »Wo hast du die Rettungswesten, Käptn?« sagte er.
    Jon zeigte auf einen der Kästen, die auf dem Achterdeck als Bänke dienten. Die White Whale machte jetzt gute Fahrt und teilte die Wellen, und der erste Regentropfen traf das blankpolierte Deck.
    »Hol zwei raus«, befahl Vuk Lise.
    Jon sah ihn an. Es schien, als hätte er einen Teil seiner Angst verloren, vielleicht weil er hinter dem Ruder der White Whale in seinem Element war.
    »Du erwartest ein Schiff. Stimmt’s? Du hast ein Schiff, das auf dich wartet.«
    »Halt die Fresse!« sagte Vuk.
    Jon drehte das Ruder ein wenig, die White Whale änderte langsam den Kurs.
    »Wo willst du hin?« sagte Vuk.
    »Sie hat eins achtzig Tiefgang. Ich muß in der Fahrrinne bleiben. Siehst du die Boje da vorne!«
    Aber Vuk behielt ihn und Lise im Auge, die den Kasten aufgemacht hatte und auf die orangefarbenen Rettungswesten schaute.
    »Kurs halten und Westen anziehen. Alle beide«, sagte Vuk und warf den Zigarettenstummel über die Reling.
    »Was hast du vor, verdammt noch mal?« sagte Jon.
    »Es ist eure Entscheidung«, sagte Vuk. »Entweder mit oder ohne. Aber die Fahrt ist hier zu Ende, also komm lieber in die Gänge!«
    Vuk entfernte einen Splint und betätigte den Auslöser, und der weiße Container flog achtern in das grau schäumende Wasser. Er zog an der Leine, und das runde Rettungsboot fing an, sich aufzupumpen.
    »Was machst du da?« rief Jon.
    »Seht zu, daß ihr endlich fertig werdet«, sagte Vuk.
    Lise zog die Rettungsweste über den Kopf und versuchte, sie zuzubinden, aber sie kam mit den Schnüren nicht zurecht. Jon hielt mit der einen Hand das Ruder, mit der anderen half er ihr. Lise zog ihm eine Rettungsweste über den Kopf, und er band sie mit geübten Handgriffen. Vuk hörte den Hubschrauber, noch bevor er ihn sah. Es waren zwei. Einer dieser großen, die bei Rettungsarbeiten gebraucht werden, und ein kleinerer, der bei der Verkehrsüberwachung eingesetzt wird. Sie kamen in ziemlicher Höhe über der Küste heran. Der große Sikorsky flog zum Flakfort weiter, während der kleine über das Rettungsboot flog, kippte und auf die White Whale zukam.
    »Los geht’s!« rief Vuk und hob die Pistole, aber sie waren wie gelähmt. Das Meer war graustriemig vom Regen, der immer stärker wurde, und Lise kam es vor, als hätte das Boot eine wahnsinnige Geschwindigkeit. Der Hubschrauber kam näher und ging über der White Whale nieder. Vuk schoß zweimal schnell hintereinander und zersplitterte die Scheibe vor Jons Kopf, so daß die Scherben ins Steuerhaus regneten. Sie mußten ihn im Fernglas haben, denn der Hubschrauber zog nach rechts und stieg rasch, als wollten sie ihm signalisieren, daß sie sich fernhalten wollten.
    »Ich hab gesagt: Los!«
    Vuk hob die Pistole und zielte Jon genau zwischen die Augen. Jon ließ das Ruder fahren, stieg auf die Reling und warf sich so weit, wie er konnte, hinaus. Vuk machte Lise mit der Pistole ein Zeichen. Lise zitterte am ganzen Körper und wußte nicht, wie sie auf die Reling kommen sollte und sich überwinden könnte zu springen. Sie wußte bloß, daß sie mehr Angst hatte, an Bord zu bleiben, als vor der grauen, kalten See. Sie sah Jon in den Wellen hinter der White Whale auf und nieder schaukeln, dann sprang sie und schnappte nach Luft, als sie in das kalte Wasser eintauchte. Sie geriet in Panik und schluckte Wasser, aber durch die Rettungsweste wurde sie gedreht und an die Oberfläche gezogen, so daß sie auf dem Rücken lag und in die schwarzen Wolken hinaufsah. Sie sah, wie die White Whale sich von ihr entfernte, und trat Wasser. Eigentlich war sie ja eine ausgezeichnete Schwimmerin, und das Wasser war zwar kalt, hatte aber nach dem langen, warmen Sommer noch immer um die zwölf bis vierzehn Grad. Und sie war heilfroh, nicht mehr bei diesem kalten, ruhigen Mann zu sein, der niemals lächelte. Sie winkte Jon zu, und sie schwammen auf dem Rücken aufeinander zu. Der Hubschrauber flog tiefer und machte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher