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Der Fluch der bösen Tat

Der Fluch der bösen Tat

Titel: Der Fluch der bösen Tat
Autoren: Leif Davidsen
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eine Runde. Sie winkten zu ihm hoch, er stieg, drehte und kam wieder. Ein gelbes, viereckiges Ding fiel von der einen Seite des Hubschraubers herunter, traf zwischen ihr und Jon auf dem Meer auf und begann sich automatisch zu einem Rettungsboot aufzupumpen. Lise schwamm darauf zu. Sie erreichte es gleichzeitig mit Jon, klammerte sich daran fest und weinte und lachte zugleich. Jon zog sich hoch und hievte sie ins Boot, wo sie sich erbrach und so sehr weinte, daß sie glaubte, sie könne nie mehr wieder aufhören.
    Jon kniete neben ihr. Er blickte der White Whale hinterher und orientierte sich an den Landmarken. Sie fuhr über die Holländertiefe, drehte dann aber nicht nach Süd oder Nord, sondern fuhr geradeaus weiter.
    »Du Teufel!« brüllte er und drohte mit der geballten Faust hinter der White Whale her. »Du verpißter, widerlicher, mörderischer, destruktiver Teufel!«
    Und dann explodierte die White Whale in einem rotgelben Schein, als Vuk sie mit voller Kraft in das »Unreine Meer« steuerte, wo ihr eine alte Eisenbahnschwelle den Boden aufschlitzte und ihre Fahrt mit einer solchen Kraft bremste, daß der Dieseltank zerbarst. Der Dieselkraftstoff vermischte sich mit dem Gas aus der Flasche in der Kombüse und wurde vom glühenden Metall des Motors entzündet.
    Der Beobachter im Hubschrauber hatte die beiden Menschen im Meer im Auge behalten, um sicher zu sein, daß sie heil ins Rettungsboot kamen, so daß er Jons Eindruck nicht bestätigen konnte, eine schwarzgekleidete Gestalt habe die White Whale wenige Sekunden, bevor sie ins »Unreine Meer« raste, verlassen. Der Beobachter wollte auch nicht mit Sicherheit sagen, ob die White Whale bemannt gewesen war oder nicht, denn er hatte sie erst in dem Augenblick im Fernglas gehabt, als sie explodierte.
    Der Hubschrauber ging sehr tief hinunter und suchte das Gebiet ab. Sie entdeckten eine Boje, die mit der Strömung wegtrieb, aber kein Anzeichen von Leben im Wasser. Zwei Segelschiffe änderten ihren Kurs, um zum Explosionsort zu kommen, aber die Bootsführer kannten das »Unreine Meer« und hielten sich in respektvollem Abstand. Ein russischer Flußprahm und andere größere Schiffe in der Nähe der Unglücksstelle setzten ebenfalls die Geschwindigkeit herunter – wie es die Seefahrtsregeln beim Untergang eines Schiffes vorschrieben. Auf den Schiffsfunkfrequenzen gab es knisternde Anfragen in mehreren Sprachen. Die Schifffahrt erhielt Bescheid, Kurs zu halten. Die Verkehrsverhältnisse seien schwierig und Hilfe sei auf dem Weg.
    Aber der Mann, der die White Whale in das »Unreine Meer« gesteuert hatte, war weg, als die ersten Privatsegler in die Nähe der Untergangsstelle kamen. Die einzige Spur war seine Tweedjacke, die nicht weit von seinem rechten Schuh auf dem Wasser trieb, dreihundert Meter vom Unglücksort entfernt. Wahrscheinlich wurden ihm die Kleidungsstücke vom Körper gerissen, als ihn die Explosion ins Wasser schleuderte.
    Die Sicht wurde schnell schlechter, als der Oststurm mit hartem Wind und peitschendem Regen von Schweden über Seeland zog, und als die Dunkelheit einfiel, wurde die Suche eingestellt.
    Der russische Lastkahn, der an ungünstiger Stelle in der Fahrrinne am »Unreinen Meer« mit Maschinenproblemen zu kämpfen hatte, bekam den abgekämpften Motor wieder in Gang und setzte in langsamem Tempo seine geplante Reise nach Limhamn in Schweden fort, wo er eine Ladung Sojaschrot löschte, und wo der Bootsführer eine handfeste Rüge bekam, weil er mit so geringer Maschinenstärke bei schlechtem Wetter den Öresund befahren hatte – und das, nachdem er wegen Problemen mit ebendieser Maschine, die nicht mal einen Skoda antreiben konnte, schon 48 Stunden lang festgesessen hatte. Der Kapitän erklärte in schlechtem Englisch, daß er nach dem Zusammenbruch in seinem Land Geld verdienen mußte, wo es eben ging. Und daß er niedrigere Frachtkosten in Rechnung stelle als andere, gehöre doch, wie er glaube, zur Marktwirtschaft, die er ja lernen müsse. Der Hafenmeister in Limhamn teilte ihm mit, daß er nicht noch einmal einen schwedischen Hafen anlaufen dürfe, und das gelte auch für seine Kollegen und ihre zum Sinken verurteilten Seelenverkäufer. Schweden habe seinem Schwesterschiff Wolga-Nefti, das mit Öl fuhr, bereits das Verbot erteilt, nochmals einen schwedischen Hafen anzulaufen.
    Dem russischen Kapitän war das egal. Er konnte jetzt ohnehin in Rente gehen. Der junge Mann hatte um nichts anderes als saubere Kleidung, Wodka, Kaffee und
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