Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Finanzer

Titel: Der Finanzer
Autoren: Arthur Achleitner
Vom Netzwerk:
gleichgültig, wo die Landung erfolgen wird.
    Sind das rechts nicht die wenigen Lichter von Bregenz? Es ist so. Das Zollschiff ist zu weit nach links geraten und
befindet sich nun nahe am Ufer bei der sogenannten Schanz. Der Schmuggler aber ist entwischt.
    Die Patrouille findet nach mühsamem Suchen endlich den Kahn, aber leer, mit gerefftem Segel, angekettet. Alles
Fluchen nützt nichts, die Jagd war ergebnislos. Und im Rapport heißt es: »Patrouillen bis sechs Uhr
früh.« Also wieder hinaus und kreuzen die Nacht hindurch. Unerbittlich ist der Finanzerdienst.
     

Kap. 2
     
     
    Nur nichts übereilen. Das war ein Grundsatz, nach welchem Respizient Eiselt lebte, amtete und sich wohl dabei befand,
so daß die Uniform anfing knapp zu werden. Witzelten doch die Aufseher unter sich, Eiselt sei jetzt schon mit
Rücksicht auf seine Körperfülle reif für eine Versetzung in ein »Riesenamt«. Bei aller
körperlicher Behäbigkeit verstand der Respizient aber doch, seinem Personal den Dienst sauer zu machen, insofern er
auf die strengste Einhaltung der im Dienstbefehl vorgeschriebenen Streifungen und dergleichen bestand. Gelegentlich brachte
er wohl auch das Opfer, seine Leute zu kontrollieren, wenn es die Witterung erlaubte. Eiselt scheute aber große Hitze
ebenso wie den Regen und war der Anschauung, das man sich für ein Tagegeld von hundertfünfundsechzig Kreuzern
keineswegs eine Lungenentzündung zu holen brauche.
    Als Lergetbohrer von der Nachtpatrouille auf See mit der ermüdeten und erschöpften Mannschaft in der Kaserne
eingerückt war, gedachte er bei allem Ruhebedürfnisse doch sogleich der Notwendigkeit einer Hausdurchsuchung auf
Grund der gestrigen Entdeckung, und bat diensteifrig, es möge der Respizient doch sofort die nötige
oberbehördliche Erlaubnis zur Vornahme einer Durchsuchung jenes verdächtigen Hauses erwirken.
    Die Antwort lautete gemütvoll: »Jetzt legen S' Ihnen schlafen!«
    Anton starrt den Vorgesetzten ungläubig an; wenn die Durchsuchung nicht binnen wenigen Stunden erfolgt, wird die
Finanzwache wieder einmal das Nachsehen haben und die von Lergetbohrer infolge seiner Achtsamkeit gemachte Entdeckung
zwecklos sein und bleiben. Schon wollte der Oberaufseher sagen, wie er über das ganze dienstliche Gebaren denkt, welches
eine ewige Rüge wegen erfolgloser Streifen bildet und ein Zugreifen in hochverdächtigen Fällen hinausschiebt,
doch kämpft Lergetbohrer die bitteren Bemerkungen nieder und begibt sich zur wohlverdienten Ruhe.
    Der Respizient begann seine Amtstätigkeit in der Kanzlei mit der aufmerksamen Lektüre des Morgenblattes, die ein
Stündchen verschlingt. Dann wurden Bleistifte gespitzt und wieder abgebrochen, hernach seufzend ob der Ueberlast
schwerer Dienstgeschäfte der Turnus für neue Streifungen der Finanzwache entworfen. Diese Arbeit währt bis zur
Marendzeit (marenda = Frühstück), an die ihn ein gewisses Leergefühl des Magens gemahnt. Wieder tönt ein
Seufzen durch die Kanzlei, das von Gedanken an den kleinen Gehalt und an die Unmöglichkeit eines Frühschoppens
begleitet ist. Eiselt greift zum weitverbreiteten Beamtenmittel der Magentäuschung: er raucht aus der kurzen Pfeife eine
Handvoll Kommißtabak. Bald umhüllen dichte Rauchwolken den Beamten, es qualmt in der Kanzlei. Der Respizient
glättet einen Aktenumschlag und überlegt, ob er heute schon sich in den Inhalt dieses Aktes versenken oder ob er
dies erst morgen tun soll. In dieser Beschäftigung stört ihn ein Wachmann mit der Meldung: Der Herr Kommissär
lasse sagen, daß er dienstlich verreise auf zwei Tage und daß in besonders wichtigen Fällen eine etwaige
Verfügungserlaubnis telegraphisch von der Bezirksdirektion in Feldkirch zu erwirken sei. Eiselt knurrt etwas und der
Wachmann verläßt die Kanzlei. Zwei Tage also wäre die Katze aus dem Hause. Der Akt wandert zu dem Berg
angehäufter Restanten; drei Tage beschaulicher Ruhe sind ihm jetzt sicher, und auch noch einige andere Genossen teilen
dieses Schicksal, wasmaßen nichts übereilt werden solle. Im Bewußtsein, daß der allzeit bewegliche
Kommissär heute nicht mehr zu befürchten ist, will Eiselt schon um elf Uhr Mittagspause machen, doch hindert ihn
Lergetbohrer am Weggehen durch das dringende Ersuchen, den Vorfall vom gestrigen Abend dienstlich zu verfolgen.
    »Was wollen S' denn wieder? Wer weiß, ob Sie nicht die ganze Geschichte geträumt haben? Ein Kranker
schwärzt ja nicht!«
    Anton verwies auf den Diensteid
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher