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Der Finanzer

Titel: Der Finanzer
Autoren: Arthur Achleitner
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gelbrötliche Schein von Öllampen oder Gas.
    Das schwäbische Meer begann zu murren, der Wellenschlag wurde stärker, der Föhn blies mit vollen Backen und
wühlte das Wasser vom Grunde auf.
    Angestrengt luegte Anton aus, und endlich kam das erwartete Signal vom Turm, zwei rote Lichter zur Seite, ein grünes
inmitten. Seine Ausfahrt ist den Spekulierern also nicht verdächtig erschienen. Nun gilt es, rasch gegen die Harder
Bucht zu fahren und die Mannschaft zu holen. Das war jedoch leichter gedacht als getan. Der Sturm ist bereits entfesselt, der
See brüllt, das Grundgewell tobt. Der Vernünftige flüchtet, so rasch er nur kann, an Land. Lergetbohrer ist
aber im Dienst und muß kreuzen, wenigstens solange er sich mit dem Boot einigermaßen halten kann. Und das
bereitet nun schon Schwierigkeiten; das Zollboot tanzt einer Nußschale gleich auf den erzürnten Wogen. Der Wind
treibt es mit grimmer Wut nordwärts; es ist unmöglich, auf der Bregenzer Seehöhe zu bleiben, geschweige denn
Kurs auf Hard zu halten. Jetzt Segel zu entfalten, hieße mit vollem Wind nach Lindau oder Langenargen fahren.
    Beharrlich kündigt das Gallussignal freie Einfahrt für die Schmuggler. Ein Hohn ist das, denn das Grundgewell
wird jedes Landen vereiteln.
    Schattengleich treibt im Sturm ein lichterloser Kahn vorüber, an dessen Mast zerfetzte Segel flattern. Das wird der
Transport sein, dem das Signal vom Kirchturm gilt.
    Herr des Himmels! Nur jetzt weniger Sturm und mehr Helle! Der Kahn ist vorüber, ehe Anton schlüssig ist, was er
zur Verfolgung beginnen soll. Und plötzlich fällt ihm auch ein, daß er in Zivilkleidung und ohne
Schußwaffe ist, zudem weit über die Grenzlinie hinaus, mit Kurs auf das nördliche Ufer. Verfolgung, selbst
wenn sie noch möglich wäre, ist Wahnsinn. Es gilt, im rasenden Sturm das eigene Leben zu retten und anzulaufen,
gleichviel, wo Land erreicht werden kann. Der Föhn tobt, haushoch steigen die brüllenden Wogen, weitum spritzt im
zischenden Schaumregen der Gischt.
    Anton kämpft um das Leben; mit der Kraft der Todesangst hält er das schwere Ruder, das stehend gehandhabt werden
muß. Eine schwarze, schaumgekrönte Woge rauscht heran mit entsetzlicher Wucht, sie zerbricht mit elementarer Kraft
die Ruderstange, mit furchtbarem Ruck wird Anton hinweggerissen, das Boot kentert und treibt, einem Spielball gleich, in der
brüllenden Flut.
    *
    In den Städten herrscht rings um den Bodensee allgemeine Besorgnis; viele Schiffe fehlen, Dampfer sind ausgeblieben,
der Sturm war zu arg und gefährlich. Auf dem Bahnkörper zwischen Bregenz und Lindau war ein Kahn gefunden worden,
den das Grundgewell dorthin geworfen.
    In Wasserburg jammerte der Pfarrer, daß ihm die Wogen durch die Fenster des ersten Stockwerks unwillkommenes
Naß ins Pfarrhaus geschleudert hätten.
    Zahlreiche Kähne werden vermißt. Tags darauf kursmäßig in Lindau und Bregenz angekommene Dampfer
kündeten, daß verschiedene Boote gekentert treiben.
    Das österreichische Zollboot wurde denn auch in der Nähe von Wasserburg in Kenterlage an Land geworfen
aufgefunden. Ein Telegramm meldete dem Fund nach Bregenz und brachte die Finanzwache in Aufregung. Der Kommissär
forschte nach, ob Lergetbohrer zu seiner Familie zurückgekehrt sei, und nun erfaßte jähes Entsetzen die arme
Zenzi.
    Die in Lindau exponierten österreichischen Revisionsaufseher wurden angewiesen, nach dem Verbleib des vermißten
Lergetbohrer zu forschen. Der Telegraph arbeitete fieberhaft zwischen den Bodenseestationen am nördlichen Ufer und
brachte am Abend die Meldung, daß bei Langenargen die Leiche eines Zivilisten gefunden wurde, dessen Papiere auf den
Namen Lergetbohrer aus Bregenz lauten.
    Der Kommissar mit vier Mann holte zu Schiff den im Dienst gleich einem Helden gefallenen Finanzer heim an
österreichisches Land. Er übernahm es auch, die arme Witwe auf das Unglück vorzubereiten, so schwer die
Mission auch sein mochte.
    Wenn auch ohne Ehrensalven, so doch mit den Ehren, die einem im Dienst Verstorbenen gebühren, ward die Leiche
Lergetbohrers der Erde übergeben, und Finanzer aus allen umliegenden Orten wohnten der Beerdigung tieferschüttert
bei. Mahnt doch dieses Ende scharf und deutlich an die Gefahren des Finanzerdienstes.
    Ein treuer Freund in der Not ward der Kommissär, welcher zu Lebzeiten auf Lergetbohrer so große Stücke
gehalten. Er übernahm die Vormundschaft über die armen Waisen, er erstattete den Bericht an die
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