Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Finanzer

Titel: Der Finanzer
Autoren: Arthur Achleitner
Vom Netzwerk:
schluchzend die Hände vors Gesicht.
    »Es ist hart für mich, härter als Sie glauben! Es würde auch nichts nützen, wenn ich – den
Dienst verlassen, aus der Finanzwache austreten würde! Die Entdeckung müßte immer noch vor dem Dienstaustritt
zur Anzeige gebracht werden. Schweigen wäre da gleichbedeutend mit Teilnahme am – –«
    Zenzi weinte in bitterster Herzensqual.
    Hilflos stand Anton da, eine Beute schmerzlicher, widerstreitender Gefühle. Wie gern möchte er helfen, retten,
und er kann es nicht. Unwillkürlich legte er den rechten Arm wie schützend um Zenzis Schultern; ein wonniges
Erschauern durchzuckte ihn. Und das Mädchen schmiegte sich an Anton, als wollte es wirklich bei ihm, an seiner Brust
Schutz suchen.
    »Zenzele!« rief er bewegt, »verzeih, ich kann nicht anders!«
    Schluchzend stammelte das Mädchen: »Ich weiß es! Und doch ist es gräßlich! Gibt es keine
Hilfe, keinen Ausweg? O, Anton!« Wie wenn dieser Ausruf ernüchtert hätte, entwand sich Zenzi dem
umschlingenden Arm, trat zurück, und bleich, mit bebender Stimme sprach sie: »Wir müssen uns trennen,
getrennt bleiben für immer!«
    »Zenzi, geliebtes Mädchen!« schrie in höchster Qual Anton auf.
    »Es muß sein, Anton! Leb wohl!« Und Zenzi enteilte mit raschen Schritten zur Stadt zurück.
    Unschlüssig stand Flock eine Weile, dann sprang er dem Mädchen schmeichelnd nach und begleitete es in die
Stadt.
    Wie vernichtet blieb Anton stehen, fassungslos.
    Unerbittlich rief die Pflicht zum Dienst.
    Lergetbohrer begann die Kontrolle mechanisch, kaum sich der Diensthandlung bewußt, bei den ihm zugewiesenen Wirten.
Herzklopfen empfand er, als der Weg ihn zu Wüsteler führte. Von Zenzele war nichts zu sehen. Das Mädchen hat
sich in die Stube im ersten Stockwerk zurückgezogen. Wüsteler und der Schenkbursch bedienen die Gäste.
    Unschlüssig stand Anton im Flur. Ob er die Revision vornimmt oder sie unterläßt, es bleibt sich gleich;
die gestrige Konstatierung genügt bereits zur pflichtmäßigen Anzeige. Wie der Ertrinkende sich an den
Strohhalm klammert, so hoffte der Finanzer noch, es könnte vielleicht heute der Faßinhalt mit dem Revisionsbogen
stimmen. Aber das Geständnis der Tochter! Es nützt alles nichts, die Anzeige muß erstattet werden.
    Anton verließ die Wirtschaft, ohne revidiert zu haben; es war ihm klar geworden, daß eine Kontrolle jetzt
keine Übereinstimmung mehr ergeben könne, nachdem gestern schon der Betrug zu konstatieren war. Ihm erschien der
Gang zum Finanzwachkommissär wie ein Wandern zum Schafott. Dieser unglückselige, unerbittliche Dienst!
    Vor dem Vorgesetzten stand Anton schon eine Weile, ohne den Rapport zu erstatten. Der Kommissär guckte verwundert und
ließ dem Oberaufseher, der verstört zu sein scheint, Zeit, sich zu sammeln. Endlich riß aber dem Chef doch
die Geduld, und unwillig rief er: »Was wollen Sie denn bei mir?«
    Unsicher und zögernd meldete Lergetbohrer die gemachte Entdeckung und sprach den Verdacht aus, daß in
Wüstelers Keller die Weinauffüllung vermutlich in der Nacht mit Hilfe eines Schlauches aus dem Nachbarkeller
erfolge.
    Der Kommissär vermochte einen Ruf der Überraschung nicht zu unterdrücken. Sofort stellte er auf Grund der
Katasterverzeichnisse fest, daß das an Wüstelers Eigentum anstoßende Haus dem Kaffeesieder Merkle
gehöre und für dessen Keller niemals eine Weineinlagerung angemeldet worden sei. Das verdichtet den Verdacht auf
Steuerhinterziehung zur Gewißheit, es ergibt sich die Notwendigkeit einer Hausdurchsuchung.
    Anton muß eine Depesche zum Telegraphenamt tragen, in welcher von der Feldkircher Oberbehörde die Erlaubnis zur
Hausdurchsuchung erbeten wird. Sodann wurde vom Bürgermeisteramt die Delegierung eines Gemeinderatsmitgliedes zur
Teilnahme an der Hausdurchsuchung erbeten. Nach wenigen Stunden lief die telegraphische Erlaubnis ein, und die
Hausdurchsuchung wurde auf Nachmittag zwei Uhr festgesetzt. Unauffällig begaben sich die delegierten Mannschaften, teils
in Zivil, teils in Uniform, in Wüstelers Wirtschaft. Der vom Gemeinderat entsendete Zeuge fand sich ein, gleichzeitig
erschien der Kommissär, gefolgt vom Oberaufseher, der in einem Zustand der Betäubung mechanisch eintrat.
    Der Wirt wurde aus der Gaststube geholt, nachdem alle Ausgänge sowohl bei Wüsteler wie bei Merkle besetzt
waren.
    Beim Anblick der Kommission erbleichte der Wirt, und zitternd überreichte er die geforderten Kellerschlüssel.
Ist es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher