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Der Finanzer

Titel: Der Finanzer
Autoren: Arthur Achleitner
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und wurde immer dringlicher, »Sie haben die ganze Verantwortung zu tragen!«
fügte er bei.
    »Das eben will ich nicht! Der Kommissär ist verreist, es darf daher nichts übereilt werden!«
    »Wird die Haussuchung nicht sofort durchgeführt, morgen wird sie zwecklos sein! Sie werden sicherlich wegen
Unterlassung zur Verantwortung gezogen werden!«
    »Aber ich bitt' Ihnen! Unser Chef ist verreist, eine Oberbehörde haben wir nicht in Bregenz! Die Vornahme einer
Hausdurchsuchung ist eine umständliche Sache! Alle verfügbare Mannschaft müßte zur Hausumstellung
aufgeboten werden, und derweil wir dort herumstöbern, wird draußen geschmuggelt! Der Außendienst ist die
Hauptsache!«
    Dabei blieb es. Lergetbohrer beschloß, bei Wüsteler sein bescheidenes Mittagsmahl einzunehmen. So stapfte er
denn mit Flock dorthin. Ein Tischchen am Zaun des Wirtsgartens und hübsch schattig ist frei, und hier nimmt Lergetbohrer
Platz. Flock, der Rattler, jedoch unternimmt nach der Hundegewohnheit eine Rekognoszierung nach Knochenabfällen im
Wirtsgarten. Anton hat den Blick auf die rückwärtige Front des Wirtsgartens und das daranstoßende
Nebengebäude, welches dem Kaffeeschänker Merkle gehört, Wein und Kaffee sind also hier enge Nachbarn.
    Mit der Bedienung eilt es bei Wüsteler nicht; Anton muß warten, bis er nach seinen Wünschen gefragt
wird.
    Die bildsaubere Tochter des Weinwirtes bedient die Gäste mit sichtlicher Aufmerksamkeit, plaudert auch hier und da
ein vertraulich Wort, nur für den in Uniform geduldig harrenden Finanzer hat sie keinen Blick.
    Anton läßt sich das Warten nicht verdrießen und studiert die Fassaden der Rückfronten beider
Häuser, obwohl nichts Besonderes wahrzunehmen ist.
    Endlich wird Anton von der nun doch herangetretenen Wirtstochter nach seinen Wünschen gefragt, schnippisch und
geringschätzig.
    Der Oberaufseher fühlt diese Mißachtung sogleich, ignoriert sie aber und gibt Bescheid.
    Zenzele entfernt sich mit spöttisch verzogenen Lippen. Das gibt dem an einem Stammtisch sitzenden Cafetier Merkle,
den Anton gestern schon mit der Wirtstochter in der Laube gesehen, Veranlassung, mit den Zechgenossen sogleich ein
Gespräch über die »angenehme« Finanzwache und deren Schnüffeleien zu beginnen.
    Der junge M. krähte, daß es ein Elend sei in jeder Beziehung, für die »Grünen« wie
für die schikanierte Bevölkerung, der noch in den Magen gesehen wird, um herauszubringen, was einer gegessen habe.
Die Zecher schielten nach dem Finanzer, und als sie merkten, daß Anton in keiner Weise auf den Hohn reagierte, lachten
sie verständnisinnig. Der Beifall machte den Kaffeebräuer kühn, der junge Mann meckerte in Fisteltönen
den ebenso alten als unwahren Volksreim: »Wer nichts taugt und wer nichts kann, geht zur Finanz oder
Eisenbahn!«
    Lergetbohrer hörte jedes Wort, doch verhielt er sich, als wäre er taub. Absichtlich widmete er seine
Aufmerksamkeit jenen Hausfassaden. Als endlich Zenzele das bestellte »Gröstel« (geröstetes Rindfleisch
mit Schmorkartoffeln) und das Viertele Rotwein auf den Tisch gestellt und sich sofort wieder an den Stammtisch begeben hatte,
aß Anton das frugale Mahl, zu dem sich auch Flock wieder einfand und aufmerksam seinen Herrn anguckte.
    Merkle krähte weiter: »Na, Zenzele, was isch Ihre Meinung?«
    »Wovon haben die Herren denn gesprochen?«
    »Nichts von Bedeutung, bloß von den Gückslern!« lachte der junge Mann und zwinkerte mit den Augen
nach dem essenden Finanzer hinüber.
    Hochmütig äußerte Zenzi: »Ach die! Na, da muß ich schon sagen, der mindest Handwerker, und
wär' er auch nur ein Vogelträger,gilt mir mehr!«
    Die Stammgäste gröhlten vor Vergnügen über diese, die tiefste Geringschätzung kündende
Äußerung, und Merkle meckerte insbesondere: »Vogelträger isch guet! Zenzele, noch ein Vierschtele auf
diesen Spaß!«
    Die schmucke Wirtstochter griff nach den leeren Fläschchen, und geschäftskundig munterte sie auch die anderen
Zecher zu weiterer Bestellung an: »Nun, trinken die Herren auch noch ein Vierschtele?«
    Die Stammgäste lachten: »Wir haben's ja, und Vogelträger sind wir nicht!« Wer noch nicht leer hatte,
trank rasch aus, und Zenzi nahm die Fläschchen an sich.
    Als sie vom Tische wegtreten wollte, trat sie den vor ihr stehenden Rattler Flock auf ein Läufchen, und
schmerzgepeinigt heulte das Hündchen ganz fürchterlich. Zornig stieß das Mädchen mit einem Fuß
nach dem Tier und rief: »Ach was! Die
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