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Lucy - Besuch aus fernen Welten (Band 1) (German Edition)

Lucy - Besuch aus fernen Welten (Band 1) (German Edition)

Titel: Lucy - Besuch aus fernen Welten (Band 1) (German Edition)
Autoren: Fred Kruse
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Ferienfreizeit
    Lucy saß auf ihrem Bett und rieb sich die Augen. Sie hatte schlecht geschlafen. Alle Glieder und vor allem der Kopf waren bleischwer. Eigentlich war es nicht viel anders als jeden Morgen, sie hatte absolut keine Lust aufzustehen. Ihr war allerdings klar, dass es wirklich besser wäre, sofort ins Bad zu gehen, bevor ihre Mutter noch einmal kommen würde. Aus Erfahrung wusste Lucy, dass ihre Mutter ärgerlich wurde, wenn sie sie noch einmal wecken musste, und das war nun wirklich nichts, was sie am frühen Morgen vor dem Frühstück brauchen konnte.
    Lucy war eigentlich nur ihr Spitzname. Allerdings nannte sie niemand bei ihrem richtigen Vornamen, Lucinder. Seit ihrer Geburt oder zumindest seit sie sich erinnern konnte, wurde sie nur Lucy genannt. In den letzten Monaten hatte sie überlegt, ob sie in Zukunft nicht doch ihren richtigen Vornamen benutzen sollte. Sie hatte das sogar schon einmal ausprobiert. Sie hatte ihren richtigen Vornamen, sozusagen als Synonym, in einem Chat benutzt. Aber das war bisher nur eine Spielerei gewesen.
    Lucinder würde zumindest besser zu der Musik passen, die sie am liebsten hörte. Es war diese dunkle, harte Musik, mit der sie ihre Eltern entweder zur Weißglut bringen oder in tiefe Besorgnis stürzen konnte. Sehnsüchtig sah sie zu ihrer kleinen Musikanlage hinüber. Wie gerne würde sie sich jetzt einfach wieder ins Bett legen und Musik hören. Stattdessen stand sie auf und trottete ins Bad.
    Dabei war es der erste Ferientag. Sie hätte ausschlafen können. Sie hätte machen können, was sie wollte. Sie hätte sich nach niemandem richten müssen. Aber sie hatte sich ja auf diese Sache einlassen müssen.
    Lucy zog sich aus und stieg unter die Dusche.
    Da war dieser Prospekt gewesen. Sie hatte keine Ahnung, wo der plötzlich hergekommen war. Er hatte sie magisch angezogen. Als wäre sie irgendwie hypnotisiert worden oder so. Genau das war es, irgendwer musste sie hypnotisiert haben. Wie wäre sie sonst auf die Idee gekommen, an einer Sportfreizeit für Jugendliche teilzunehmen? Ausgerechnet sie, das garantiert unsportlichste Mädchen der ganzen Schule.
    Sie hatte ihre Eltern überredet, was viel leichter gewesen war, als sie es sich vorgestellt hatte, und dann hatte sie das Formular auf der Rückseite des Prospektes ausgefüllt und abgeschickt. Die Theorie mit der Hypnose war gut. Die erklärte zumindest, warum sie das getan hatte, ohne nachzudenken. Allerdings hatte die Theorie einen Haken: Wer, um alles in der Welt, sollte ausgerechnet sie hypnotisieren, um sie bei einer Sportfreizeit dabei zu haben?
    Lucy hatte sich mittlerweile abgetrocknet und stand vor dem Badezimmerspiegel. Sie setzte ihre Brille auf, um das Elend, das ihr aus dem Spiegel entgegensah, besser erkennen zu können.
    Sie hatte sich im letzten Schuljahr fest vorgenommen abzunehmen. Das Ergebnis sah sie im Spiegel in Form eines furchtbaren Schwimmrings um Bauch und Taille. Von den Oberschenkeln gar nicht zu reden. Sie hatte zweimal richtig gehungert. Genutzt hatte das nicht viel. Jedes Mal, wenn sie ein Kilo abgenommen hatte, und sich dann zur Feier des Tages etwas Leckeres gegönnt hatte, hatte sie gleich wieder zwei Kilo zugenommen.
    Als sie einen Artikel über Magersucht gelesen hatte, hatte sie gedacht, endlich die Lösung gefunden zu haben. Sie hatte sich den Finger in den Hals gesteckt, bis sie sich übergeben musste. Aber das war so ekelig gewesen, dass sie dann doch lieber mit einem Schwimmring um den Bauch herumlaufen wollte, als mit einem Geschmack nach Erbrochenem im Mund. Überhaupt, wenn jemand sie mochte, sollte er sie schließlich wegen ihrer inneren Werte lieben und nicht wegen ihres Körpers.
    Das Bild im Spiegel verschwamm. Oh, Gott nicht schon wieder! Das hatte sie hinter sich. Sie würde nicht mehr heulen, schon gar nicht wegen so eines Idioten. Wie konnte man auch so dämlich sein? Nur weil dieser Kerl, Olaf aus der Parallelklasse, sich einmal eine Stunde oder so mit ihr unterhalten hatte, hatte sie sich in ihn verliebt. Und was war passiert? Eine Woche später – sie hatte die ganze Woche überlegt, wie sie ihn wiedertreffen könnte – läuft er mit Laura, einer dieser Tussis aus der zehnten, also einer Klasse unter ihr herum. Natürlich ist die so ein totaler Hungerhaken. An der ist absolut nichts dran, kein Fett am Körper und kein Hirn im Kopf.
    Nein, wegen so eines Kerls würde sie nicht heulen. Sie würde überhaupt nicht mehr aus Schmerz heulen. Die Tränen waren reine
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