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Der Engel von Santa Marguerita

Der Engel von Santa Marguerita

Titel: Der Engel von Santa Marguerita
Autoren: Alexander Borell
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ihr Zimmer und machte die Tür zu.
    Auch ich ging in mein Zimmer und zündete mir eine Zigarette an. Ich rauchte vier Zigaretten hintereinander, dann beugte ich mich weit aus dem Fenster und sah, daß sie noch Licht hatte. Langsam zog ich mich aus, drehte leise den Schlüssel um und löschte das Licht aus. Dann lehnte ich mich ins Fenster. Morgen war Labour Day. Morgen war der Sommer zu Ende.

18

    Ich wachte gegen halb neun Uhr auf. Das Dröhnen der Flugzeuge und das heulende Zischen der Düsenjäger hatte mich geweckt. Die große Parade hatte begonnen.
    Ich stand auf, rasierte mich, duschte erst heiß, dann kalt, und dann zog ich mich an. Ich hängte mir die Jacke über die Schulter; es war die gleiche Jacke, die ich vorgestern abend angehabt hatte, als ich mit Andy auf dem Meer draußen gewesen war. Der kleine Browning steckte noch in der Tasche. Ich nahm ihn heraus und stopfte ihn unter meine Hemden in den Koffer, den ich abschloß.
    Andy und ich frühstückten im Freien unter einem schattigen Baum. Sie hatte ihre langen, grauen Hosen und einen weißen Pullover mit Rollkragen an. Sie musterte mich aufmerksam.
    „Du siehst aus, Chess, als hättest du nicht viel geschlafen.“
    Ob man nun mit einer Frau geschlafen hat, oder nicht: nie ist man sich so nahe, so vertraut, wie wenn man zusammen beim Frühstück sitzt.
    Ich streichelte ihre schlanke, braune Hand.
    Ein neues Geschwader Düsenjäger pfiff über uns hinweg, höchstens hundert Yards hoch. Mr. Smith machte neben Andy Männchen und winkte mit seinen dicken Pfoten.
    „Er weiß, daß er von mir nichts bekommt“, sagte ich, „und jetzt probiert er’s bei dir.“
    „Kannst du so hart sein, Chess?“
    „Ja, ich kann furchtbar hart sein.“
    Sie gab ihm ein Stückchen Zucker.
    Als wir gefrühstückt hatten, ging sie ins Haus und kam mit einem Körbchen wieder.
    „Ein paar Sandwiches“, sagte sie, „die Luft auf dem Meer macht immer Hunger.“
    Wir fuhren mit meinem Wagen zum Bootshaus hinunter.
    Es war ein großes Boot mit einer Kajüte und einem kurzen Funkmast. Es war weiß gestrichen, und innen war alles aus rotem, poliertem Mahagoniholz. Ich kletterte nach vorn und schaute mir den Motor an. Es war ein schwerer Douglas mit mindestens hundert Pferdestärken.
    „Wir müssen noch tanken“, sagte Andy, und während ich die kleinen Stahlrohrsessel mit den Sicherheitsgurten am Heck verschraubte, brachte sie die Angelruten aus einem der Nebenräume. Ich ließ den Motor an.
    „Kannst du das Biest denn steuern?“ rief Andy mir durch den Lärm zu.
    „Das werden wir dann schon sehen!“
    Sie warf die Taue los, und ich überließ ihr das Ruder. Sie brachte das Boot auf Tempo, jagte aus der Bucht und hielt unter Land auf San Pedro zu. Dort tankten wir, und dann legte sie das Boot auf Südwest.
    Das Meer war ruhig und glatt. Vor uns, noch etwas im Morgendunst, lag die Insel Santa Catalina. Die Gipfel des Orizaba und des Black Jack verschwammen im Blau des Himmels.
    Mr. Smith versuchte, in die aufspritzenden Wellen zu beißen und bellte ausdauernd. Andy änderte den Kurs ein wenig, so daß wir die Insel links liegen lassen mußten.
    Ich ging zum Heck und brachte die Angeln in Ordnung. Sie hockte neben mir und sah mir zu. Rechts von uns, keine fünfzig Yards entfernt, stieg ein Schwarm fliegender Fische übers Wassers und schwirrte in gleicher Richtung mit uns.
    „Wozu sollen wir eigentlich versuchen“, sagte ich, „ein so großes Vieh zu angeln? Wie wär’s denn mit Salmen?“
    Ich wählte die Schnüre, die für den Salmfang geeignet waren, und befestigte die Blinker mit den Drillingshaken. Als wir weit genug draußen waren, stellte Andy den Motor so ein, daß das Boot nur noch etwa vier Meilen machte, und dann schnallten wir uns auf den Anglersitzen fest und ließen die Blinker durchs Wasser trudeln.
    Schon nach einer Viertelstunde hatte ich einen dran. Andy schnallte sich ab und legte ihre Angel weg. Ihre Augen leuchteten vor Freude. Der Fisch jagte davon, und die Schnur pfiff nur so aus der Rolle.
    „Halt’ ihn fest!“ schrie Andy, „und paß auf, er wird gleich nachkommen; dann mußt du die Schnur einrollen, so rasch du kannst.“
    Wirklich hörte der Zug plötzlich auf, und ich konnte die Schnur einrollen. Und dann kam der Salm, dicht hinter dem Boot, aus dem Wasser geschossen. Er sprang hoch in die Luft und schlug mit dem Schwanz nach der Schnur.
    „So!“ rief Andy, „jetzt runter mit der Gerte, bis aufs Wasser, — und dann keine Schnur mehr
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