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Der Engel von Santa Marguerita

Der Engel von Santa Marguerita

Titel: Der Engel von Santa Marguerita
Autoren: Alexander Borell
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dazu haben, auf der Insel anlegen und in Avalon lunchen — freust du dich darauf?“
    „Sehr, Andy. Ich wollte, ich könnte dir sagen, wie sehr.“
    Ihr Wagen stand immer noch vor der Polizeiwache in San Pedro. Ich ging kurz hinein und erkundigte mich, ob alles in Ordnung war, und dann kehrte ich wieder zu Andy zurück.
    „Müssen wir gleich heimfahren?“ fragte sie.
    „Wir müssen gar nichts.“
    „Dann fahre mal da geradeaus.“
    „Und dein Wagen?“
    „Den können wir später mitnehmen.“
    Sie dirigierte mich durch einige Straßen, und schließlich landeten wir in einem kleinen Lokal, das einen Garten hatte und direkt am Meer lag. Der Garten war von Palmen und Büschen umschlossen, und die Tische standen, ebenfalls von Büschen umgeben, verstreut auf einem gepflegten Rasen. Bunte Lampions hingen über dem Gebüsch, und auf den Tischen brannten rote Kerzen in gelben Windlichtem. In der Mitte des Rasens war eine matt erleuchtete Tanzfläche aus Glas. Auf der Terrasse des Lokals spielten vier Zigeuner.
    Wir fanden einen Tisch, nicht weit von der Tanzfläche.
    „Tanzt du gern?“ fragte Andy.
    „Mit dir schon.“
    Wir bestellten eine Flasche deutschen Rheinwein und schauten zu, wie der Kellner die Flasche in dem Silberkühler drehte, was mir wenig gefiel. Als er uns eingeschenkt hatte und verschwunden war, wischte mir Andy mit ihrer kühlen Hand leicht über die Stirn.
    „So“, sagte sie, „nun ist alles fort. Versuch’ doch mal, heute kein Detektiv zu sein.“
    Die Zigeuner hatten uns entdeckt und kamen mit ihren Instrumenten an unseren Tisch. Der Primas, ein untersetzter Kerl mit unzähligen Falten im braunen Gesicht und einer Reihe von schimmernden Goldzähnen, fiedelte uns den ,Traurigen Sonntag’ ins Ohr. Ich schob ihm fünf Dollar in seine Geige und machte ihm ein Zeichen, daß er verschwinden solle. Lächelnd zog er sich zurück.
    Später wechselten sie ihre Instrumente und machten Tanzmusik. Ich ging mit Andy zur Tanzfläche.
    Die Glasplatte war völlig klar und durchsichtig, und man konnte tief in eine beleuchtete Grotte sehen. Wasserpflanzen schlängelten sich hoch, und große, bunte Fische schwammen ruhig umher. Es schien sie nicht zu stören, daß wir sozusagen auf ihrem Rücken tanzten.
    Andy tanzte so, wie man es sich immer wünscht; unendlich weich, aber doch so, daß man sie spürte. Trotzdem merkten wir, daß wir beide nicht ganz dabei waren, und hörten bald wieder auf.
    „Ist Manuel wirklich nicht der Mörder?“ fragte sie.
    „Nein. Er hat ein Alibi für die Zeit, in der Collins und Arlene getötet wurden.“
    Der Wein kostete acht Dollar die Flasche, aber er war sauer und schnürte mir die Kehle zu. Ich bestellte für Andy und mich je einen doppelten Whisky.
    „Weißt du schon, Chess, wer es getan hat?“
    „Ich glaube es zu wissen, Andy.“
    Sie schaute mich mit ihren großen, hellen Augen ruhig an.
    „Und warum“, fragte sie leise, „unternimmst du nichts?“
    „Ich habe noch keinen Beweis. Ich muß warten, bis ich es beweisen kann.“
    Sie nickte und biß auf einem Strohhalm herum. Dann warf sie ihn weg, legte meine Hand an ihre Wange und sagte:
    „Jetzt fürchte ich mich nicht mehr, Chess.“
    Ich hatte genug von den Zigeunern, genug von dem sauren Wein, genug von dem schlechten Whisky und genug von dem lästigen Kellner.
    „Fahren wir!“ sagte ich.
    Ich bezahlte, und wir fuhren wieder nach San Pedro zurück. Ich gab Andy die Schlüssel zu ihrem Wagen, und sie fuhr hinter mir her bis Santa Marguerita.
    Wir hielten vor dem Haus. Ich ließ Mr. Smith Gassi gehen, aber das Blumenbeet interessierte ihn viel mehr als der Rasen. Schließlich setzte er sich auf Andys Schuhe und schaute mich an, als wolle er sagen, daß das eine famose Sache sei.
    „Fällt dir nichts Besseres ein“, sagte ich zu ihm, „als mit einem jungen Mädchen zu flirten?“
    Andy beugte sich hinunter und kraulte ihm den Kopf. Es war das erste Mal, daß sie ihn richtig streichelte. Endlich packte ich ihn am Kragen und setzte ihn in meinen Wagen.
    Wir gingen ins Haus und stiegen zusammen die Treppe hinauf. Ich blieb vor ihrem Zimmer stehen. Sie machte die Tür auf und ging hinein. Sie ließ die Tür offen und schaute mich an.
    „Gute Nacht, Andy!“ sagte ich.
    Sie kam wieder heraus und legte mir die Arme um den Hals.
    „Ich liebe dich, Chess. — Ich liebe dich so sehr.“
    Ich küßte sie auf die Augen.
    „Gute Nacht, Andy!“
    Sie nahm ihre Arme herunter.
    „Gute Nacht, Chess!“
    Sie ging in
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