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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie
Autoren: Georg Brun
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trotzige Verweigerung seine Rachsucht zu reizen. In einigen Tagen würde sie Jakob eine Nachricht senden, wann er sie noch einmal aufsuchen könne, bevor er in seine Heimat aufbrach. Jakob seinerseits gelobte, seine Vorsicht zu steigern und alles zu tun, um den Nachstellungen Trippas zu entkommen.
    Eine Amsel saß auf einem Goldregenzweig und spottete lautstark, als sich Jakob und Claudia ein letztes Mal umarmten und dann in entgegengesetzten Richtungen davonschlichen.
    Von diesem Tag an blieb Jakob in seiner Kammer. Serena brachte ihm seine Mahlzeiten herauf, und Cesare versorgte ihn mit den neuesten Nachrichten, die Luigi über seinen Vater in Erfahrung brachte, der im übrigen auch mit einem Gardisten über ein Pferd verhandelte, das Jakob baldmöglichst erhalten sollte, um die Stadt verlassen zu können. Doch von Tag zu Tag nahmen sich die Nachrichten bedrohlicher aus, und solange die Kaiserlichen die Stadt gefährdeten, mußte Jakob in seinem Versteck ausharren. Schon gingen Gerüchte um, die Colonna planten in den nächsten Tagen einen Aufstand in Rom und hätten einige Kardinäle auf ihrer Seite, die gemeinsam mit dem Volk die Tore öffnen und das Fußvolk des Pompeo einlassen würden.
    Tatsächlich war die Lage noch schlimmer: Die kaiserlichen Horden plünderten Dörfer und Fluren und zuletzt die Stadt Montefiascone, sie lagerten vor Viterbo und vertrieben die päpstlichen Truppen aus Ronciglione. Schon standen sie kurz vor Rom. Viele Männer, die bisher in Treue zur Bürgermiliz gestanden hatten, versteckten sich in Ruinen, andere weigerten sich, zu den Fahnen des Papstes zu eilen. Auch die großen Familien Roms zeigten wenig Bereitschaft, sich dem allgemeinen Wohl der Stadt zu verpflichten, sondern nahmen ihrerseits waffenfähige Männer in Sold, um ihre Palazzi und Villen zu verteidigen; sie verrammelten und vermauerten ihre Häuser und versahen sie sogar mit Geschützen.
    Für den Papst und seinen Feldherrn Valerio Orsini, den Onkel des Heißsporns Napoleone, blieben kaum mehr als eineinhalbtausend Mann. Am Abend des 4. Mai dachte sogar Clemens an Flucht, doch seine Berater hielten ihn zurück; Rom sei sicher, beruhigten sie den Nachfolger Petri, und so setzte sich der Papst auf sein Pferd und ritt durch die Stadt, um all jenen zu danken, die sich bereit erklärten, Rom mit den Waffen zu verteidigen.
    Alle Tore wurden geschlossen, was seit vielen Jahren nicht mehr angeordnet worden war, und nur wenigen gestattete man den Ausgang. Von seinem Ausritt zurück, rief Clemens am Abend in Sankt Peter zum Kreuzzug gegen den Kaiser auf, diesen Menschenverderber und Bundesgenossen des Satans, und wetterte gegen die Lutheraner und Maranen, die mit mörderischer Wut im Anzug seien. Am nächsten Vormittag predigte er den Römern von der Liebe und meinte die Liebe zum Papst. Doch die kaiserliche Armee unter Führung des bei Mailand siegreichen Bourbon achtete weder den Sonntag noch die Predigten des Heiligen Vaters, sondern zog noch an diesem 5. Mai von Westen her zum Gianicolo. Von der Porta San Pancrazio bis hinauf zur Porta Torrione lagerten an die sechzehntausend deutsche und spanische Söldner, kaum einen Steinwurf von der gewaltigen Stadtmauer entfernt. Bourbon sandte dem Papst einen Brief mit einem Angebot zu einem Waffenstillstand und schickte Emissäre in die Stadt, die freien Durchzug und Verpflegung begehrten, doch die Unterhändler ernteten nur Hohn und Spott.
    Luigi brachte die schlimmen Nachrichten selbst nach San Clemente, und Jakob erinnerte sich eines Traumes, in dem er Rom brennen gesehen hatte.
    »Die Stadt wird fallen«, flüsterte er und spürte, wie ihn die Angst ansprang, die Angst vor einer losgelassenen, von Haß erfüllten Horde, die sich monatelang durch Regen und Dreck, Schlamm und Schnee hatte schlagen müssen, um nach Rom zu gelangen.
    »Wo ist Claudia?« fragte er, doch Luigi wußte es nicht und hielt es auch für zu gefährlich, in dieser Lage nach ihr zu suchen, denn allzu leicht könnten sie den Gehilfen Casales auffallen. Wenn erst die Kaiserlichen in der Stadt waren, wären zudem die Colonna nicht weit und Casale am Ziel seiner Wünsche.
    »Wir müssen unsere ganze Kraft darauf verwenden, diesen Ansturm zu überstehen«, versuchte Luigi das Notwendigste auszudrücken, »erst später können wir uns um Claudia kümmern. Wahrscheinlich ist sie im Augenblick sicher. – Du aber, du solltest diese Kammer verlassen und in die Katakomben hinabgehen.«
    Jakob zögerte. Sein Drang, sofort
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