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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie
Autoren: Georg Brun
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Pferde untergebracht, selbst die Capella Sistina diente als Stall. Überall wurden die Häuser aufgebrochen, und wo die Söldner auf Frauen trafen, taten sie ihnen Gewalt an. Drei Tage dauerte die Plünderung, von der ein Gesandter niederschrieb: »Überall Geschrei, Waffengetöse, Geheul von Weibern und Kindern, Knistern von Flammen – so starrten wir voller Furcht und lauschten, als wären wir allein vom Schicksal dazu bestimmt, den Untergang des Vaterlandes zu schauen.«
    Nur die Engelsburg trotzte den Kaiserlichen nach wie vor und schickte mit ihrem schweren Geschütz immer wieder Kanonenkugeln zu den Eindringlingen hinab, wenngleich ohne Erfolg, sondern mehr um des Zeichens willen, daß sich der Papst eisern verteidigte. Die anderen hohen Herren der Kurie, so sie gefangen worden waren, wurden an Stricke gebunden und in der Stadt umhergeführt, ob jemand ein Lösegeld für sie zahlen würde.
    Bei einigen, wie dem Bischof von Potenza, lohnte der Aufwand, denn gleich dreimal wurde er mit großen Summen ausgelöst, ehe ihn ein rachsüchtiger Spanier im Tiber ertränkte. Andere verkauften die Gefangenen in Soldatenlagern oder würfelten um sie.
    Vier Tage hielt sich Jakob mit Serena und Cesare im Keller des antiken Mithras-Heiligtums versteckt. Sie lauschten zitternd auf jedes laute Geräusch, hielten den Atem an und beteten. Mehrere Stunden rumorten barbarische Soldaten oben in der Kirche und schleppten alles Gold und Silber davon, aber den versteckten Eingang in die alten Katakomben ließen sie unbeachtet.
    Am fünften Tag beschloß Jakob, hinauszugehen und sich in der Stadt umzuschauen.
    Schrecklich war das Strafgericht Gottes über Rom gekommen. Überall qualmten die Ruinen abgebrannter Häuser, und die schönsten Villen lagen in Trümmern, vor allem am Esquilino war kein Haus verschont worden. In manchen Villen lagerten kaiserliche Söldner, die längst jede Disziplin abgestreift hatten. Entsetzt lief Jakob in die Stadt hinein, und sein Atem stockte, als er auf die Via del Popolo traf. Dort, wo bis vor wenigen Tagen der Palazzo Garilliati gestanden hatte, klaffte eine riesige schwarze Lücke. Verbrannt und eingestürzt war das prächtige Haus und unwiederbringlich zerstört der Felsensaal des Baldassare Peruzzi.
    Mit bangem Herzen suchte sich Jakob seinen Weg hinüber in die Via de Barbiere, die er zum Glück unversehrt vorfand. Doch die Tür zu Claudias Haus war eingerissen, und als er die Stiege betrat, hörte er vom nächsten Stockwerk her lautes Grölen betrunkener Männer. Er schlich sich vorbei und nahm den gewohnten Weg hinauf zu Claudias Räumen. Dort tobte ein wüstes Gelage. Die Landsknechte hatten die Huren in Purpurmäntel und goldene Gewänder gesteckt und prosteten sich mit heiligen Kelchen zu.
    Unbemerkt gelangte Jakob in die Küche und entdeckte die verschüchterte Marcina in Tränen aufgelöst in einer Ecke.
    »Marcina, erkennst du mich?« fragte Jakob leise.
    Sie wimmerte, starrte in den Boden und schüttelte den Kopf.
    »Schau mich an; ich bin es, Jakob, der Dominikaner. Ich will dir helfen.«
    Zitternd hob sie den Kopf; ihre geröteten Augen verrieten Jakob, daß sogar ihr die Soldaten Gewalt angetan hatten. Er nahm sie in seinen Arm, hob eine Decke vom Boden auf und legte sie über ihren halbnackten Leib; dann sprach er beruhigende Worte und betete einen Psalm. Erst als er spürte, daß Marcina allmählich ruhiger wurde, stellte er ihr die Frage, die ihn hierhergetrieben hatte.
    »Ich weiß nicht, wo Claudia ist«, antwortete Marcina mit brüchiger Stimme. »Sie ist davongelaufen, als sie die Kunde vernahm, die Kaiserlichen hätten den Borgo erobert. Ich habe sie nicht mehr gesehen.«
    Drei Tage streifte Jakob auf seiner Suche nach Claudia durch die verwüstete Stadt, aber nirgends entdeckte er eine Spur von ihr. Niemand hatte sie gesehen, und die Hoffnung, sie zu finden, schwand beinahe stündlich. Rom versank mehr und mehr im Chaos. Mit jedem Tag wurde es gefährlicher, sich in den Straßen und Gassen zu bewegen, denn die Söldner gerieten zunehmend außer Rand und Band und raubten und mordeten aus boshafter Lust, und wäre nicht Pompeo Colonna mit seinen Soldaten in die Stadt gekommen und hätte für eine gewisse Ordnung gesorgt, die Raserei der ungebändigten Krieger hätte alles vernichtet.
    Mit Colonna kam Frangipane in die Stadt geritten. Stolz und herrisch saß er auf einem glänzenden Rappen, als er Jakob am Palazzo Cancelleria begegnete.
    »Ich habe es dir immer gesagt«, rief
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