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Der Engel Der Kurie

Titel: Der Engel Der Kurie
Autoren: Georg Brun
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in die Stadt zu eilen und Claudia zu suchen, war beinahe übermächtig, aber sein Verstand gebot dem Gefühl Einhalt, denn er wußte, wie wenig er ausrichten konnte.
    »Diese Nacht bleibe ich noch in meiner Kammer«, antwortete er. »Sie werden Rom nicht in der Nacht erobern. Morgen will ich deinem Rat folgen und mich im halb verschütteten Heiligtum des Mithras verstecken.«
    »Nimm Serena und Cesare mit«, bat Luigi und rannte zurück in den Borgo.
    Der Nebel hüllte alles ein und schien sogar den schweren Kanonen ihre Gefährlichkeit zu nehmen. Gott selbst, so glaubten die Deutschen und Spanier, hatte ihnen den Morgennebel geschickt, der vom Tiber aufstieg. Auf leisen Sohlen schlichen die Kämpfer heran, bestückt mit Leitern, Speeren und Handrohren. Sie rückten der Aurelianischen Mauer zu Leibe, kletterten hinauf, kämpften im Handgemenge, schossen den Wehrgang entlang, wurden niedergemetzelt und abgeschlagen, und fast schien es, als könnte Rom triumphieren, denn schon besaßen die Römer sechs eroberte Banner.
    Doch unermüdlich bestürmten die Deutschen die Porta Torrione ganz in der Nähe des Camposanto Teutonico, und in stetigen Wellen machten die Spanier die Wachen bei der Pertusa nieder, und als sich das Glück nicht erzwingen lassen wollte, da packte der Feldherr Bourbon selbst ein Handrohr und eine Leiter und stürzte sich auf die Mauer. Er schwang sich etliche Sprossen hoch und deutete den Söldnern, sie sollten sich ein Beispiel nehmen und ihre Leitern anlegen, als ihm ein Schuß den Bauch zerriß und er hintenüber fiel. Einer seiner Diener fing ihn auf und ließ ihn in die Wiese gleiten. Der Prinz von Oranien bedeckte ihn mit seinem Mantel, und mehrere Kämpfer trugen ihn in eine nahe Kapelle, damit er die Sterbesakramente erhielt.
    Auf der Mauer brach Jubel aus, denn die Schweizergardisten hatten genau beobachtet, daß der Feldherr der Kaiserlichen dahingerafft war, und beinahe in derselben Minute lief der Ruf durch die ganze Stadt Rom, der Feind sei geschlagen, die Kaiserlichen seien auf der Flucht.
    Doch der Sturz ihres Feldherrn schien die Landsknechte und Söldner erst anzustacheln. Ein Zorn, der so gewaltig war, daß er einer Windhose glich, schien in sie zu fahren. Als würden sie jeder Gefahr hohnlachen, kletterten sie auf die Mauer, eroberten die Geschütze, wendeten sie in den Borgo hinein, mähten die Päpstlichen nieder und richteten sie dann gegen die Engelsburg. Einer Horde wütender Teufel gleich, stürmten die Kaiserlichen in den Borgo hinein und schlugen die Bürgermiliz ebenso in die Flucht wie die Schweizergarde des Papstes, die sich vor Sankt Peter dem letzten Gefecht stellte und vor dem Obelisken des Caligula niedergestreckt wurde.
    Schon begannen die ersten, in die Häuser der Kurie zu stürmen und Beute zu machen. Wer noch laufen konnte, lief davon; viele flüchteten in den Passetto, um auf die Engelsburg zu gelangen, viele rannten zum Tiber hinunter und stürzten sich in die Fluten, um dem Zorn der Kaiserlichen zu entkommen.
    Als das Unheil zu seinen Füßen tobte, raffte sich der ewig unentschlossene Clemens zur Flucht nach Castel Sant' Angelo auf und nahm, während er den Passetto hinunterlief, durch die Fenster des Ganges mit Entsetzen die Mordlust der Deutschen wahr. Auf der Holzbrücke vor dem Kastell gab es ein großes Gedränge. Mit Macht und Gewalt schoben die Wachen des Papstes den obersten Priester durch die Menge und hinein in die Burg, wo er zumindest vorerst sicher war.
    Als wollte Gott nicht mit seinem Lohn geizen, ließ er Bourbon noch das Siegesgeschrei seiner Soldaten vernehmen, ehe der Feldherr starb. Sein Leichnam wurde in der Capella Sistina aufgebahrt, und während noch viele seinen Tod feierten, darunter Clemens, der dachte, nun würden die kaiserlichen Truppen führerlos auseinanderfallen, rächte sich sein Tod doppelt, denn nun hielt keiner mehr die Söldner von blindwütiger Plünderung ab. Als schickte Neptun die wildesten Springfluten, rollten die Wellen der Angreifer gegen die Stadttore in Trastevere, bis diese fielen. Dann wüteten die Kämpfe am Ponte Sisto, wo sich die Angreifer über den Tiber in die Stadt ergossen.
    Rom war verloren. Brennend und mordend zogen die Kaiserlichen durch die Stadt und rafften an sich, was immer sie für wert befanden. Anderes wurde in Stücke geschlagen und verbrannt. Die Soldaten würfelten auf den Hochaltären und zechten aus Meßpokalen mit den römischen Huren. In den Seitenschiffen der Kirchen wurden die
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