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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman
Autoren: Heyne
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rollenden, kaum kontrollierbaren Einkaufswagen zu rammen.
    Weniger gefiel ihr die Schramme, die sie ihrem eigenen Auto beibrachte, als sie stolperte und den Halt verlor.
    »Verdammt!«
    Mit ihren sechs Jahren war Suzie eigentlich schon viel zu alt, um getragen zu werden, egal ob auf einem Arm oder sonst wie, trotzdem klammerte sie sich nur noch mehr an ihrer Mutter fest und schrie: »Ich hab Angst, Mammi.«
    Barbara versuchte, sich von ihrer Tochter zu befreien. Dabei rutschte ihr das Handy aus der Hand, ein billiges
Modell zum Aufklappen, und es fiel auf den Asphalt, wo es in zwei Teile zerbrach.
    »Scheiße! Oh … tut mir leid, Liebling. Mammi kann nicht mehr. Lass mich mal los, okay …«
    Suzie hatte ihr Gesicht gegen Barbaras Hals gedrückt, schüttelte den Kopf und jammerte: »Nein.«
    »Lasset die Kinder zu ihm kommen …«
    Barbara wirbelte herum und stellte fest, dass einer dieser Verrückten ihr durch den Trubel auf dem Parkplatz gefolgt war. Er hielt einen Zweig in der Hand, mit der er ihr zufächelte, als wollte er ihr damit etwas Gutes tun.
    »Lasset die Kinder …«
    »Verschwinde, geh meinetwegen zum Teufel, du Spinner! Du machst meiner Tochter Angst, verdammt nochmal.«
    Sie warf ihm einen derart bösen Blick zu, dass er wie angewurzelt stehen blieb. Normalerweise behandelte Barbara ihre Mitmenschen rücksichtsvoll, aber in diesem Fall spürte sie kein bisschen Reue. Dieser Parkplatz war ein Irrenhaus. Es war, als wären die Menschen komplett durchgedreht, kaum dass sie die Meldungen von der Katastrophe gehört hatten, und diese verrückten Sektierer machten die ganze Sache nur noch schlimmer. Irgendwie gelang es ihr, die klammernde Suzie auf dem Boden abzusetzen, während sie ihre Schlüssel hervorkramte und auf den Knopf der elektronischen Verriegelung drückte. Die Sperre löste sich mit diesem typischen Geräusch, und sie spürte die Erleichterung, die sie überkam. Klammheimlich hatte sie befürchtet, diese unbekannte Kraft, die diese Katastrophe verursacht hatte, könnte die Elektronik ihres Autos durcheinandergebracht haben. Ein bärtiger Panikmacher war im Supermarkt auf eine Kasse geklettert und hatte laut gerufen, ein elektromagnetischer Vorfall habe alle elektrischen Schaltkreise ausgeschaltet. Unglücklicherweise war das automatische Fließband an der Kasse, auf dem er
stand, noch vollkommen funktionsfähig und ruckte nach vorne, woraufhin er das Gleichgewicht verloren hatte und heruntergestürzt war. Das Letzte, was Barbara von ihm sah, war, wie er am Boden lag und sich seinen gebrochenen Knöchel hielt.
    Sein theatralisches Gebaren, die Panik, die daraufhin alle Anwesenden erfasste, ein paar Kollisionen mit Blechschaden auf dem Parkplatz und das anschließende Hupkonzert, die anspringenden Alarmanlagen und die anschwellenden Schimpftiraden … all das hatte genügt, um Suzie derart zu verunsichern, dass sie zu zittern anfing und verzweifelt fragte, wo ihr Daddy sei, und ob »der schlimme September« sich heute wiederholen würde. Barbara Kipper versuchte ihr Bestes, um sie zu beruhigen, während sie ihre Tochter auf den Kindersitz setzte, wo ihr Plüschteddy Poofy schon auf sie wartete, um sie zu trösten.
    Barbara öffnete die Heckklappe und lud die Einkaufstüten so schnell wie möglich ein, auch wenn sie keine Ahnung hatte, wie sie von hier wegkommen sollte. Der Parkplatz war ein einziger chaotischer Alptraum. Immer mehr Menschen wollten fort, Verzweiflung und Panik schaukelten sich gegenseitig hoch. Alle fuhren planlos vor und zurück, stießen gegeneinander, und von Minute zu Minute erschienen noch mehr Autos und steigerten das Chaos. Alle wollten offenbar ihren Jahresbedarf an Schoko-Cornflakes und Cheeseburgern decken, nur weil beides heute im Angebot war.
    Ein Stück weiter machten sich zwei Männer bereit für einen Faustkampf. Ganz ernsthaft. Der eine war breit und unglaublich fett, der andere hingegen groß und durchtrainiert. Wer weiß, aus welchem Grund sie aufeinander losgingen. Vielleicht hatte der Fette dem anderen ja die letzte Packung Cornflakes weggeschnappt. Sie umkreisten einander, täuschten Schläge an und ließen drohend die Fäuste
durch die Luft fliegen. Dann beugte sich der Dünnere der beiden vor und griff den anderen wie ein Rhinozeros an, indem er seinen gesenkten Kopf in seinen Bauch rammte. Beide stürzten aneinandergeklammert zu Boden. Von irgendwoher näherten sich Sirenen von Polizei- oder Krankenwagen.
    Barbara schüttelte angewidert den Kopf und
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