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Der dunkle Punkt

Der dunkle Punkt

Titel: Der dunkle Punkt
Autoren: A. A. Fair
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nicht die ganze Zeit über in ihren vier Wänden gehockt. Jedenfalls ist sie ganz sicher zum Essen weggegangen. Damals hat es in New Orleans ständig geregnet, und bei dem schlechten Wetter hat sie vermutlich keine langen Fußmärsche unternommen. In der unmittelbaren Nachbarschaft gibt’s zwei oder drei nette Lokale. Die werde ich der Reihe nach abgrasen, und ich möchte wetten, daß ich dabei was herausfinden werde.«
    Bertha blickte stumm auf ihre Armbanduhr. Ich wandte mich zur Tür und verschwand.
    Ich sauste eine endlose Treppe hinunter, gelangte in einen Patio, lief durch einen schmalen, hohen und gewölbten Gang, bog um mehrere Ecken, kam an einem zweiten Hof vorbei und landete endlich auf der Royal Street. Ich ging zwei Häuserblocks weiter, erspähte auf der anderen Straßenseite ein Wirtshausschild >Haus Bourbon< und steuerte zielbewußt auf die Tür zu.
    Das >Haus Bourbon< war eins von den soliden, alten Restaurants im französischen Viertel der Stadt und unterschied sich wohltuend von den aufwendigen Touristenlokalen mit ihrem falschen Glanz, ihren astronomischen Preisen und unverschämten Kellnern. Hier gab es für wenig Geld eine gute Küche. Die Bechenung war unauffällig und freundlich. Man merkte auf den ersten Blick, daß hier vor allem Stammkundschaft verkehrte.
    Ich spürte, daß ich einen Treffer gezogen hatte. Für jemanden, der in diesem Teil des Stadtviertels wohnte, war das >Haus Bourbon< das gegebene Speiselokal. Im Vorbeigehen warf ich einen Blick in die leere Bar und betrat dann das Gastzimmer, wo sich die Theke, zwei Spielautomaten und ein Musikautomat befanden.
    »Was möchten Sie haben?« fragte der Mann hinter der Theke.
    »Eine Tasse Kaffee und Kleingeld für die Automaten«, erwiderte ich und warf zwei Vierteldollar auf den Schanktisch. Er schob mir das Wechselgeld herüber und füllte den Kaffee an der Espressomaschine ab.
    Drei Männer lehnten an dem einen Kugelspiel und ließen die Kugeln schnurren. Ab und zu hatte einer Glück und gewann ein freies Spiel. Dann war eine Runde fällig. Ihrer Unterhaltung entnahm ich, daß sie zu den Stammgästen gehörten. Plötzlich gab der Musikautomat ein geräuschvolles Klicken von sich. Eine blecherne weibliche Stimme sagte: »Darf ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten. Dieses Lied widmet die Geschäftsleitung ihren Gästen.« Gleich danach ertönte die Melodie von >Way down upon the Swanee River<.
    Ich holte die Fotos, die mir Hale gegeben hatte, aus der Rocktasche, probierte den Kaffee und stieß einen gereizten, angewiderten Laut aus.
    »Wo fehlt’s denn?« erkundigte sich der Mann hinter der Theke und wandte sich mir zu. »Schmeckt Ihnen der Kaffee nicht?«
    »Doch«, antwortete ich. »Aber mit den Fotos stimmt was nicht!«
    Er sah mich verdutzt und neugierig an.
    »Die haben mir in dem Fotoladen die falschen Bilder gegeben. Jetzt möchte ich nur wissen, wer meine bekommen hat. Verdammte Schlamperei!«
    Der Mann beugte sich interessiert über die Theke. Ich hielt die Bilder so, daß er einen Blick darauf werfen konnte. »Vielleicht haben die gerade nur diese beiden Aufträge verwechselt«, sagte er. »Haben Ihnen die Fotos von dem Mädel und dem Mädel Ihre Bilder gegeben.«
    »Mag sein. Aber damit ist mir auch nicht gechent. Wie soll ich das Mädchen ausfindig machen? Na, vielleicht können mir die Leute im Fotogeschäft Bescheid sagen.«
    »Warten Sie mal, das Gesicht kommt mir bekannt vor! Ich glaube, die hat ein paarmal hier gegessen. Ich will eben mal einen von den Jungens fragen.« Er winkte den farbigen Kellner heran, reichte ihm eines von den Fotos und fragte: »Sieh mal, Jim, kommt dir das Mädel nicht auch bekannt vor?«
    Der Kellner betrachtete das Foto und nickte. »Ja. Ich weiß nicht, wie sie heißt, aber vor zwei bis drei Jahren hat sie regelmäßig hier gegessen. Eines Tages blieb sie plötzlich weg, und seitdem ist sie nicht mehr hier gewesen.«
    »Vielleicht hat sie die Stadt verlassen?«
    »Nein, Sir, das glaub’ ich eigentlich nicht. Ich hab’ sie erst vor einem Monat oder so auf der Straße gesehen. Wahrscheinlich ist sie in ein anderes Viertel gezogen.«
    »Na, jedenfalls schönen Dank. Vermutlich kann ich in dem Fotogeschäft erfahren, wo sie wohnt. Sie muß erst vor ganz kurzer Zeit dort gewesen sein.« Ich breitete die Fotos fächerförmig auseinander. »Es sind nur Aufnahmen von ihr selbst dabei.«
    »Ich will Ihnen sagen, wo ich ihr begegnet bin«, erklärte der junge Neger plötzlich. »Vor ungefähr vier
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