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Der dunkle Punkt

Der dunkle Punkt

Titel: Der dunkle Punkt
Autoren: A. A. Fair
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beschränke ich mich am Abend auf etwas Leichtes. Schließlich ist die Reihenfolge Jacke wie Hose, solange ich mich an ein gewisses Schema halte.«
    Hale betrachtete sie ernst. »Nun, meiner Meinung nach kommt es in erster Linie darauf an, daß man sich wohl fühlt. Sie sehen gesund und blühend aus, Mrs. Cool, und Ihre Vitalität ist wirklich erstaunlich.«
    »Da hörst du’s, Donald. Tut mir leid, Mr. Hale, daß wir Sie unterbrochen haben.« Sie funkelte mich ärgerlich an und fügte hinzu: »Außerdem hab’ ich die Kleider nicht weggeworfen. Sie liegen in einer Zedernholztruhe in meinem Schlafzimmer.«
    »Also, wo waren wir stehengeblieben?« schaltete sich Hale weder ein.
    »Ach ja, Roberta Fenn war dreiundzwanzig Jahre alt, als sie verschwand. Sie arbeitete in New York als Fotomodell. Allerdings gehörte sie nicht zu den Spitzenkräften in diesem Fach. Sie führte Badeanzüge, Unterwäsche und Strümpfe vor. An die wirklich teuren Artikel kam sie nie ‘ran. Trotzdem muß man sich wundem, daß das Mädchen so spurlos verschwinden konnte. Fotos von ihr waren in fast allen Zeitschriften zu finden, vor allem in Verbindung mit Inseraten für Strümpfe.«
    »Eben«, knurrte Bertha anzüglich. »Glauben Sie etwa, daß sich die Leute bei einem Mädchen, das als Fotomodell Unterwäsche und Strümpfe vorführt, für das Gesicht interessieren?«
    Hale beachtete diesen Einwand nicht. »Anscheinend verließ Miss Fenn New York aus freien Stücken. Warum sie das tat, ist uns allerdings bis jetzt schleierhaft. Keiner ihrer Freunde vermag einen einleuchtenden Grund dafür anzugeben. Sie hatte keine Feinde, keine finanziellen Sorgen, keine beruflichen Schwierigkeiten, kurz, ihr Verschwinden ist unerklärlich.«
    »Vielleicht hatte sie privaten Kummer — eine unglückliche Liebesgeschichte oder so was«, sagte ich.
    Hale schüttelte den Kopf. »Nein, offenbar nicht. Miss Fenn scheint eine sehr selbständige, eigenwillige junge Frau gewesen zu sein. Sie war, was ihr Privatleben anlangt, äußerst zurückhaltend und verschwiegen. Ihre Freunde behaupten, sie wäre zu unabhängig gewesen, um sich irgend jemandem anzuvertrauen. Charakteristisch für sie war, daß sie sich grundsätzlich nicht einladen ließ. Wenn sie mit einem Mann ausging, bezahlte sie für sich selbst, weil sie niemandem verpflichtet sein wollte.«
    »So was nenne ich nicht unabhängig«, erklärte Bertha abfällig. »Das ist blöd und sonst nichts.«
    »Weshalb sind Sie plötzlich so versessen darauf, Roberta Fenn aufzustöbern, Mr. Hale?« erkundigte ich mich. »Schließlich ist sie ja nicht erst vor einer Woche verschwunden, sondern schon vor rund drei Jahren. Drei Jahre lang tun Sie gar nichts in der Sache, und jetzt haben Sie’s mit einem Mal schrecklich eilig, reisen kreuz und quer in der Gegend hemm, beordern Detektive aus Los Angeles nach New Orleans und...«
    Hale nickte bedächtig und lächelte. Sein Pferdegebiß bleckte mich an. »Ein außerordentlich scharfsinniger junger Mann!« sagte er zu Bertha. »Wirklich beachtlich! Haben Sie es bemerkt, Mrs. Cool? Er hat den springenden Punkt sofort erfaßt.«
    Die Kellnerin unterbrach ihn in seiner Tirade. Sie brachte die nachbestellte Waffel. Bertha schnupperte genießerisch und ließ dann zwei Butterklümpchen auf das Gebäck fallen.
    »Entschuldigen Sie, Madame«, sagte die Kellnerin. »Hier in dem Kännchen ist auch braune Butter.«
    Bertha goß die geschmolzene Butter ebenfalls über die Waffel, überschwemmte das Ganze mit Sirup und sagte: »Bringen Sie mir jetzt noch eine Kanne extra starken Kaffee und füllen Sie das Sahnekännchen nach.« Dann wandte sie sich an Hale. »Ich hab’ Ihnen ja gleich gesagt, daß er ein schlauer kleiner Kerl ist.«
    Hale nickte. »Sie hatten ganz recht, Mrs. Cool. Ich bin sehr froh, daß ich mir seine Mitarbeit gesichert habe. Er wird den Auftrag im Handumdrehen erledigen.«
    Ich beugte mich ungeduldig vor. »Mir scheint, Sie haben vergessen, daß ...«
    Er lachte schallend auf. »Ich weiß, ich weiß. Ich habe Ihre Frage noch nicht beantwortet. Nun, Lam, wir brauchen Miss Fenn, um einen Nachlaß zu liquidieren. Mehr kann ich Ihnen darüber leider nicht sagen. Schließlich vertrete ich einen Klienten, dessen Wünsche mir Befehl sein müssen. Es wäre mir, offen gestanden, sehr lieb, wenn Sie sich eine ähnliche Haltung zu eigen machten.«
    Bertha fragte: »Meinen Sie damit, daß er sich nur um den jetzigen Aufenthalt von Roberta Fenn kümmern soll?«
    »Genau das. Es
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