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Die Gehorsame

Die Gehorsame

Titel: Die Gehorsame
Autoren: Molly Weatherfield
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VORWORT
    Ich schrieb diese SM -Odyssee eines sehr jungen, sehr intellektuellen Mädchens Anfang der 1990er-Jahre, aber die Ursprünge liegen noch etwa zwölf Jahre früher, als eine Freundin mich fragte, ob ich am »Take Back the Night«-Marsch teilnehmen würde. Diejenigen unter uns, die den Feminismus Ende der 1970er miterlebt haben, werden sich noch an diese Frauenmärsche erinnern, die durch den städtischen Rotlichtbezirk führten, um gegen Pornografie zu demonstrieren. Etwas an diesen Märschen störte mich, aber bis zu jenem Moment hatte ich nicht gewusst, warum.
    »Nein«, sagte ich zu meiner Freundin. Nein, ich würde nicht mitmarschieren.
    »Warum nicht?«, fragte sie.
    Ich stammelte ein paar unwiderlegbare Einwände gegen den Ersten Zusatzartikel, aber ich wusste, dass ich nicht völlig aufrichtig war.
    »Es liegt an meiner Jugend«, gab ich schließlich zu. »Ich habe früher, vor dem Feminismus, ziemlich viele SM -Pornos gelesen.«
    Auf jeden Fall viel de Sade. Die Geschichte der O – unzählige Male – ebenso wie minderwertige Imitationen, die sie inspiriert hat. Ich hatte mich von diesen Büchern nicht verletzt gefühlt, sondern sie mit dem größten Vergnügen konsumiert. Damals hatte ich Sex und Intellekt, Macht und Kreativität nicht voneinander getrennt. Ich hatte jahrelang nicht mehr daran gedacht, aber ich wusste, ich konnte nicht an einer Bewegung teilnehmen, die andere Frauen vor der verwirrenden Lust, die ich empfunden hatte, »schützen« wollte.
    Je mehr ich über dieses Gespräch nachdachte, desto mehr versuchte ich, mich wieder in die junge Frau von damals zurückzuversetzen. Ich wollte ihre erwachende Sexualität wieder spüren und herausfinden, wie sie so klug geworden war (zumal ich wusste, dass sie sich damals als überaus dumm empfunden hatte). Mit den Jahren hatte ich zwar einiges über Politik und Literaturtheorie gelernt, aber mein jüngeres, Porno lesendes Ich hatte Geschichten und ihre verführerische Macht direkt verstanden.
    Natürlich war ich nicht allein, als ich wieder begann, Erotika zu lesen und zu schreiben. Kein Mitglied der Baby boomer-Generation tut je etwas allein. Ich brauchte mich nur umzuschauen: In der Frauenbewegung tobte während der 1980er-Jahre das, was später als Sex-Kriege bezeichnet wurde. Feministinnen debattierten über Porno gr afie und Zensur. Und, was noch wichtiger war, wir dachten ausführlich über die Beziehung von sexuellem Ausdruck zur Aktion, von Natur zu Kultur nach. Ich las und lauschte, lernte wertvolle Lektionen von den kühnsten Kämpferinnen für den Pro-Sex-Feminismus, vor allem Susie Bright, Gayle Rubin und Amber Hollibaugh.
    Noch mehr lernte ich von der feministischen Pornografie, die es auf einmal auch gab. Dieser neue Lesestoff versuchte die alten Konventionen von Bondage und Domination zu demokratisieren und lehnte es ab, jeden als Opfer zu betrachten. Abgesehen von Anne Rice wurde feministische Pornografie hauptsächlich von lesbischen, schwulen und bisexuellen Autoren geschaffen, mit all der Verve einer Bewegung, die sich öffentlich Gehör verschafft. Ich bin eine Hetero-Frau und verheiratet, aber trotzdem schätzte ich die erste Samois-Kollektion sehr, und ich verschlang die Werke von Pat Califia, Carol Queen und John Preston.
    In gewisser Weise war es wie eine Wiederbegegnung mit den schweren, französischen Hetero-Pornos, die ich vor so vielen Jahren gelesen hatte. In anderer Hinsicht jedoch trug dieser Porno, der gegen Ende des 20. Jahrhunderts entstand, das deutliche Kennzeichen seiner eigenen Ära. Selbstbewusst und optimistisch glaubte diese Pornografie an sinnliche Beziehungen, Erfüllung und Happy Ends.
    Und dankbar tue ich das ebenfalls, auch wenn ich auf einem anderen, privaten Kanal weiter die älteren Geschichten hörte. »Ch â teau-Pornos« nannte mein Mann sie. Nun ja, das gehörte dazu; ich fieberte immer dem Moment entgegen, wenn sich die schweren Flügeltüren hinter einem schlossen und man gefesselt und geknebelt allein dem Entsetzen und dem Verlangen ausgeliefert war.
    Ich wollte, dass diesem seltsamen Moment mehr Aufmerksamkeit geschenkt wurde: diesem trockenen Humor der im Plauderton erzählten Geschichte aus dem geknebelten Mund der O oder von Justine. Vielleicht habe ich einfach zu viele französische Schriftsteller gelesen: Gott möge mir helfen, ich wollte einfach ein wenig mehr Theorie. Wie arbeiteten Verstand und Körper eigentlich zusammen, um diese Geschichten hervorzubringen? Vielleicht würde
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