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Die Gehorsame

Die Gehorsame

Titel: Die Gehorsame
Autoren: Molly Weatherfield
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entlanggleiten ließ. Er erhob sich, und ich hörte, wie er ins Badezimmer ging, pinkelte, sich wusch und seine Zähne putzte. Dann kam er wieder ins Schlafzimmer und zog sich aus. Langsam und sorgfältig legte er seine Kleidung weg. Dabei pfiff er eine Melodie aus dem »Forellenquintett«. Er liebte es, die Lust hinauszuzögern; ich bin eher nervös und ungeduldig, aber ich hatte seine gemächliche Art schätzen gelernt. Zitternd hockte ich auf dem Bett, mein Gesicht im Kissen, und versuchte, mein Seufzen und Stöhnen zu beherrschen. Ich konnte ihn nicht sehen, aber ich hörte alles – er öffnete die Schranktür, ein Reißverschluss wurde aufgezogen, das Rascheln der Kleidung, das leise pfeifende Geräusch, mit dem er Creme aus der Charlie’s-Sunshine-Flasche drückte. Und über allem lag die traurige, süße Melodie, die er fröhlich pfiff.
    Schließlich hockte er sich nackt, nach Zahnpasta und Hafermehlseife duftend, hinter mich. Er pfiff das Finale der Schubert-Melodie – sowohl die Streicher als auch das Klavier – und drang dann schnell in mich ein. Sagte ich, dass ich bereit war? Ich war vermutlich fast bereit. Aber dieses überraschende Eindringen bleibt trotzdem immer ein Schock für mich, als ob es letztlich gegen meinen Willen geschieht. Und dann erst folgen die kleineren Gefühle, die reine Lust, die feinen schwarzen Haare auf seinem Bauch, die Muskeln an seinen Lenden, die sich perfekt um meinen schmerzenden Hintern schließen. Er ließ sich Zeit, fickte mich langsam und genüsslich in den Arsch. Sämtliche Gefühle überkamen mich, und ich versuchte, mich neben der Lust und den Schmerzen an etwas festzuhalten, indem ich seine Hand küsste, die sich neben meinem Gesicht auf das Bett stützte.
    Anschließend löste er mir schläfrig Halsband und Handschellen, ich verbeugte mich und dankte ihm. Er schickte mich zu meinem kleinen Schlafzimmer am Ende des Flurs. Dort schlief ich ein, während ich noch verwirrt versuchte, mir über all das klar zu werden, was er mir über Besitz, Verkaufen und Kaufen gesagt hatte.
    Am nächsten Morgen wachte ich früh auf und versuchte, so schnell wie möglich zur Arbeit zu kommen. Jonathan schlief vermutlich noch – er ist Architekt und hat ein eigenes Unternehmen. An manchen Tagen geht er nicht vor halb zehn ins Büro. An den Tagen, an denen ich da bin, ist es auch besser so – ich meine, keiner von uns möchte unbedingt dem anderen begegnen, wenn wir versuchen, uns auf den Arbeitstag vorzubereiten. Wir gehen zwar lässig damit um, aber man weiß doch nicht so genau, wie man reagieren soll, wenn man sich in der Diele begegnet. Deshalb bin ich froh darüber, dass er morgens erst später das Haus verlässt, was ich auf keinen Fall kann, da ich in der Stadt als Fahrradkurier arbeite.
    Wie an den meisten Arbeitstagen zog ich eine schwarze Strumpfhose an, eine weite, unter dem Knie abgeschnittene Khakihose, neonorangefarbene Converse und eine abgewetzte braune Bomberjacke aus Leder mit einem T-Shirt darunter, auf dem DEAD ELVIS stand. Mir tat alles weh, und ich war groggy, was meine Bewegungen verlangsamte. Ich hatte Angst, zu spät zu kommen. Aber auch schrecklichen Hunger. In Jonathans Kühlschrank befand sich normalerweise gutes Essen – manchmal fragte ich mich, ob sich wohl jemand Gedanken darüber machte, dass ich bei meiner körperlich anstrengenden Tätigkeit gut frühstücken musste oder ob Jonathan einfach selbst gerne gut aß. Manchmal machte ich mir ein riesiges Käseomelette, bevor ich morgens aufbrach, aber heute war dazu keine Zeit, also hoffte ich, ein Stück kalte Pizza oder etwas Ähnliches zu finden. Ich öffnete den Kühlschrank, und – tatsächlich! – da stand eine halbe Schachtel Mu-Shu-Schweinefleisch. Zwar keine Pfannkuchen, aber man konnte nicht alles haben. Ich schlang es aus der Schachtel hinunter und war schon durch die Tür.
    Meistens mag ich meinen Job. Ich habe es gerne laut, schnell, hart und grob und rase mit meinem Fahrrad durch den Verkehr. Heute jedoch war es wegen meines wunden Hinterns nicht so toll. Außerdem war ich abgelenkt, weil mir immer noch Gedanken an Auktionen, Besitz und Geld durch den Kopf gingen. Beinahe wäre ich von einem dieser Schwachköpfe, die einfach ihre Autotür aufreißen, ohne auf Radfahrer zu achten, ins Jenseits befördert worden.
    Ich hatte eigentlich nie vorgehabt, Fahrradkurier zu werden. Ursprünglich wollte ich Literatur studieren, als ich in meinem letzten Jahr auf dem College auf einer Party in
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