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Der Duft des Apfelgartens

Der Duft des Apfelgartens

Titel: Der Duft des Apfelgartens
Autoren: Marcia Willett
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Chi-Meur sein«, meinte sie dann scheinbar unbekümmert. »Ein wunderschönes altes Gebäude; ein kleines elisabethanisches Gutshaus. Eine alte Jungfer aus der Familie Bosanko, der es damals gehörte, hat es den Nonnen geschenkt. Und Peneglos ist das kleine Dorf, das zwischen Stepper Point und Trevose Head zum Meer hinunter verläuft. Das Kloster liegt im Tal darüber.«
    Sie wartete. Das Schweigen zwischen ihnen zog sich fast unerträglich in die Länge.
    »Ich überlege, ob ich mich um die Stelle bewerben soll«, erklärte er schließlich in herausforderndem Ton. »Ich könnte die Wohnung verkaufen, das Geld investieren und sehen, wie wir zurechtkommen. Schließlich hat Mo mich früher im Garten wie einen Sklaven arbeiten lassen, und Pa hat dafür gesorgt, dass ich mit einem Malerpinsel umgehen kann.«
    Dossie war so aufgeregt, dass sie kaum zu atmen wagte. »Klingt großartig«, sagte sie trotzdem beiläufig. »Ich bin mir sicher, dass es nichts ist, womit du nicht fertig wirst, und für Jakey wäre es fantastisch. Es ist doch wunderschön, wenn ein Kind am Meer aufwachsen kann.«
    Wieder wartete sie; sie würde Clem weder ins Verhör nehmen noch fragen, was er mit Jakey vorhatte, während er arbeitete.
    »Ich muss mich nach einer Kinderbetreuung erkundigen«, sagte er. »Wenn er erst zur Schule geht, wird es natürlich einfacher; aber in Padstow müsste es einen Kindergarten geben. Und du wohnst auch nicht weit entfernt.«
    »Höchstens eine halbe Stunde, würde ich sagen. Wir können dir alle helfen, bis du dich eingelebt hast.«
    »Okay.« Er klang aufgeregt und hoffnungsvoll. »Wenn man mich zu einem Vorstellungsgespräch einlädt, könnten wir ein paar Tage im Court bleiben. Das wäre doch okay, oder?«
    An diesem Punkt lachte sie. »Natürlich wäre es das. Halt mich auf dem Laufenden!«
    » Ch’Muir? «, wiederholte Clem nachdenklich. »Wird das so ausgesprochen?«
    »Mehr oder weniger«, antwortete sie. »Das ist Kornisch und heißt so viel wie ›großes Haus‹.«
    »Klingt gut.« In seiner Stimme lag plötzlich eine Art Nostalgie.
    Vor ihrem inneren Auge sah Dossie seine hochgewachsene, schlanke Gestalt, das silbrig-blonde Haar – ihres hatte die gleiche Farbe –, das er kurz geschnitten trug. Sie erinnerte sich daran, wie glücklich er gewesen war. Er hatte seine Berufung gefunden, seine hübsche französische Frau geliebt und sich auf ihr gemeinsames Baby gefreut. Ihr Herz schmerzte um seinetwillen. Es wäre sinnlos gewesen, ihn zu fragen, ob er seinen gegenwärtigen Beruf bedeutungslos fand, sie kannte die Antwort.
    »Wenn es richtig ist, wird es passieren«, sagte sie mit einem Mal fröhlich. Irgendein sechster Sinn schenkte ihr Zuversicht.
    Und so kam es. Die Schwestern von Christkönig im Kloster Chi-Meur und ihr Geistlicher und Vorsteher, Vater Pascal, hatten Clem und Jakey gleich ins Herz geschlossen und Clem die Stellung und das rustikale Pförtnerhäuschen, das dazugehörte, angeboten.
    Als Dossie jetzt auf die Straße nach Peneglos abbiegt, ist ihr Herz froh und voller Dankbarkeit. Clems Wunden heilen, Jakey wird größer – und die beiden sind glücklich. Sie passiert das Tor des Klosters, und da liegt das Häuschen. Licht strömt auf den Vorplatz hinaus, und Jakey steht am Fenster und wartet auf sie.
    »Ich hatte überlegt«, sagt Clem und sieht zu, wie Dossie die Reste des Kuchens zurück in die Blechdose legt, die mit Motiven aus Raymond Briggs’ Weihnachtsmann-Geschichte geschmückt ist, »ob ich den Weihnachtsschmuck nicht draußen lassen soll, bis Jakey im Bett ist. Verstehst du, ich könnte ihn abnehmen, wenn er schläft.«
    Sie haben in der großen, fröhlich bunten Küche Tee getrunken, und jetzt sitzt Jakey nebenan im Wohnzimmer und sieht eine DVD von Shaun das Schaf an. Er hat den Streifenhasen unter den Arm geklemmt und lässt sich von einer Herde liebenswürdiger Schafe und den Kapriolen eines etwas dümmlichen Schäferhundes fesseln.
    »Auf gar keinen Fall«, erklärt Dossie energisch. »Auf eine merkwürdige Art wird er es genießen. Es ist doch wichtig, dass er lernt, etwas nicht nur anzufangen, sondern es auch zu Ende zu bringen, oder? Wenn er aufwacht und feststellt, dass alles weggepackt ist, wird das eine schreckliche Ernüchterung für ihn sein. Das ist wie mit dem Trauern. Es hat seinen eigenen Rhythmus und seine eigenen Rituale. Letztes Jahr war er zu klein, um mit anzupacken, aber dieses Jahr kann er mithelfen. Das wird ihm gefallen.« Sie wirft Clem einen Blick
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