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Der Drachenwald

Der Drachenwald

Titel: Der Drachenwald
Autoren: Anu Stohner
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Deutsch heißt das »Wirbelwind«, und wenn man das Schwert herumwirbelt oder sich damit schnell im Kreis dreht, katapultiert es einen in die Ritterzeit, aber nicht irgendwie geträumt, sondern richtig, in echt. Man kann sogar jemanden mitnehmen. Sogar Hunde! Wir haben’s ausprobiert, zu dritt: Robert, Wuschel und ich.
    Wuschel ist Roberts Riesenwuschelhund, und als wir in der Ritterzeit waren, hat er eine ganze Horde kleine Raubritter das Fürchten gelehrt, wie es in den Ritterbüchern immer heißt. Wir haben nämlich den tapferen kleinen Wackerburgern |10| gegen die schlimmen Wilden Wölfe von Wolfeck geholfen. Die tapferen kleinen Wackerburger sind die Söhne der großen tapferen Ritter von der Wackerburg, und die Wilden Wölfe sind die Söhne der großen wilden Raubritter von Wolfeck. Ihre Burgen liegen sich genau gegenüber, und erst ein einziges Mal haben die kleinen Wackerburger gegen die Wilden Wölfe gewonnen: als wir dort waren und ihnen geholfen haben.
    Aber den größten Anteil an unserem Sieg hatte Wuschel. Weil der mit seiner Stimme nämlich Drachen nachmachen kann. Es ist so eine tiefe, rumpelige, fürchterliche Stimme, die eigentlich gar nicht zu ihm passt, weil er der bravste Wuschelhund der Welt ist, der alle Leute immer nur abschlecken will. Die Wilden Wölfe haben sich davor trotzdem fast zu Tode erschrocken (vor seiner Stimme jetzt). Gesehen haben sie Wuschel zum Glück nicht. Er sieht nämlich groß, aber kein bisschen zum Fürchten aus.
    Robert war danach natürlich schrecklich stolz auf Wuschel, das könnt ihr euch denken. Er war immer schon stolz auf ihn gewesen, aber seit dem Abenteuer in der Ritterzeit war er’s noch viel mehr. Er machte sich nur Sorgen, wie lange der |11| Schreck bei den Wilden Wölfen wohl anhielt. Etwas über eine Woche war es jetzt her, dass wir unseren Wackerburger Freunden geholfen hatten. Seitdem hatten wir jeden Tag überlegt, ob wir noch mal hinsollten und nachschauen. Das heißt,
ich
hatte überlegt, ob wir hinsollten. Robert hatte nur überlegt,
wann
.
    Als das Vorderrad von seinem Mountainbike repariert war, fing er auch wieder davon an.
    »Was meinst du, sollen wir heute noch mal hin?«, fragte er, während er eine Proberunde vor dem Werkzeugschuppen drehte.
    »Zum Blumenladen?«, fragte ich, obwohl ich ganz genau wusste, was er meinte.
    »Untersteht euch!«, rief sein Vater aus dem Werkzeugschuppen.
    »Er meint den Blumenladen«, flüsterte Robert mir im Vorbeifahren zu.
    So schlau war ich auch, aber ich sagte nichts. Im Stillen hoffte ich nämlich, dass es damit vielleicht gut war. Manchmal muss man bei Robert nur lange genug den Mund halten, dann hat er eine Idee genauso schnell wieder vergessen, wie sie ihm gekommen ist, weil er schon wieder eine neue hat. Robert hat ständig neue Ideen. Vielleicht hatte ich Glück, und er wollte wirklich noch mal zum Blumenladen, |12| probieren, ob er’s mit dem reparierten Vorderrad um die Olivenbäumchen schaffte. Jetzt war es schließlich eins weniger, und auf jeden Fall wäre es eine typische Robert-Idee gewesen.
    Aber ich hatte falsch gehofft. Robert lehnte das Mountainbike an die Schuppenwand und sagte: »Komm mit, ich hab schon alles vorbereitet!«
    Ich lehnte mein Fahrrad daneben (ein ganz normales, falls das jemanden interessiert) und machte den Riemen von meinem Helm locker.
    »Jetzt mach schon, Tim!«, sagte Robert und marschierte in Richtung Haus.
    Tim, das bin ich, und ich kenne meinen besten Freund. Ich wusste, es gab kein Entrinnen mehr.

|13| Das zweite Kapitel,
in dem Tim und Robert wieder zu den Rittern reisen (Und erst mal geht es sogar gut   – aber dann!)
    Robert hatte wirklich alles vorbereitet: Auf seinem Bett lagen die zwei Schwerter, die wir beim Sieg über die Wilden Wölfe erbeutet hatten, und unterm Bett lag das Zauberschwert.
    Wuschel saß vor Roberts Bett, wie er sonst vor der Haustür sitzt, wenn er Gassi gehen will. Er kam nicht mal, um mir zur Begrüßung die Pfoten auf die Schultern zu legen und mir mit seiner nassen Zunge übers Gesicht zu schlecken. Ich überlegte mir schon, ob er mich vielleicht nicht mehr mochte oder wegen irgendwas beleidigt war, denn das macht er sonst immer. Aber dann wurde mir plötzlich klar: Wuschel wollte mit.
    »Hast du ihm was gesagt?«, fragte ich Robert.
    »Nö«, sagte Robert. »Aber so was merkt ein Wunderhund von allein.«
    Früher hätte ich jetzt gedacht: Wunderhund, ja, ja, das denken die Hundeherrchen alle. Aber seit dem Abenteuer in der
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