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Der Drachenwald

Der Drachenwald

Titel: Der Drachenwald
Autoren: Anu Stohner
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Berg runter bis zur Landstraße und wieder hoch!«, hörten wir die Donnerstimme. »Torwache   – Tor auf! Turmwachen   – im Auge behalten!«
    |32| »Tor auf   – jawoll!«, brüllte eine Stimme von irgendwo rechts.
    »Im Auge   – jawoll!«, brüllten gleich mehrere Stimmen von irgendwo hoch oben.
    Dann hörten wir ein Tor in den rostigen Angeln quietschen.
    »Auf die Plätze   … fertig   … los!«, ertönte wieder die Donnerstimme, und das Nächste, was wir hörten, war das Getrappel von Jungs, die nicht freiwillig rannten und es trotzdem eilig hatten. (Wie wir das so genau wissen konnten? Wir haben Herrn Börzel in Sport, falls euch das was sagt, und wenn der uns Dauerlauf machen lässt, hört es sich ganz genauso an.)
    »Der Letzte putzt den Abtritt!«, donnerte die Stimme, die nur einem großen Raubritter gehören konnte (und das war jetzt ein Unterschied zum Sport bei Herrn Börzel, bei ihm muss der Letzte immer nur die Geräte wegräumen).
    Das Getrappel wurde danach noch ein bisschen schneller, und bald hörte man es gar nicht mehr. Nur das Tor hörte man noch mal und dann wieder den großen Raubritter. Der kriegte sich nämlich nicht mehr ein vor Lachen.
    »Ho-ho-ho!«, röhrte er. »Ho-ho-ho!« Es war ein Lachen wie von einem Elch. Oder jedenfalls |33| einem großen Tier mit einem langen Hals und einem Riesenmaul. »Ho-ho-ho!«, röhrte der Raubritter, der lachte wie ein Elch, dann hörten wir seine Schritte, und kurz darauf krachte eine Tür ins Schloss. Er war ins Haus gegangen. Oder nein: in die Burg. In die finstere Burg der fürchterlichen Raubritter von Wolfeck, denn dass wir dort gelandet waren, daran gab es jetzt keinen Zweifel mehr.

|34| Das fünfte Kapitel,
in dem Robert was komplett Verrücktes macht (Das findet sogar Wuschel!)
    Beim ersten Mal hatten wir das Raubritternest nur von außen gesehen, schwarz und unheimlich hoch oben auf seinem schwarzen Felsen, aus dem es herauszuwachsen schien mit seinen steil aufragenden Türmen und schmalen, dunklen Fensterhöhlen. Statt Raubrittern hätten ebenso gut Vampire darin wohnen können   – und nun saßen wir darin gefangen. Hundertprozentig. Wieso hätte sonst jemand ein Tor aufmachen sollen, damit die Wilden Wölfe zur Landstraße laufen konnten?
    »Und jetzt?«, fragte ich Robert.
    »Schauen wir uns den Laden mal an«, sagte er.
    »Wie das denn?«, fragte ich.
    »Mit den Augen«, sagte Robert, »oder was denkst du?«
    Darauf hätte ich ihm eigentlich eine gepfefferte Antwort geben sollen, aber mir fiel leider keine ein. Außerdem hatte er schon das große Zauberschwert auf den Boden gelegt und bahnte sich mit beiden Armen einen Weg durchs Dickicht.
    Wuschel folgte ihm. Also folgte ich ihm auch. |35| Es waren vielleicht zehn Schritte, da lichtete sich das Dickicht schon. Und jetzt sah ich etwas, was ich eigentlich längst hätte sehen müssen, auch im Dämmerlicht tiefer im Dickicht drinnen. Ich kann’s mir nur so erklären, dass man Sachen auch vor lauter Bammel nicht sehen kann. Jedenfalls trug Robert einen Helm, so einen oben ein bisschen spitz zulaufenden mit Spangen rechts und links, an denen Lederriemchen zum Zubinden baumelten.
    »He, Robert!«, flüsterte ich, weil das Dickicht gleich zu Ende sein musste und ich ja nicht wissen konnte, wie weit draußen das Tor und die Torwache entfernt waren.
    »Was ist?«, flüsterte Robert über die Schulter zurück.
    Jetzt sah ich, dass sein Helm auch ein Visier hatte, so eins mit Schlitzen quer drüber zum Durchschauen. Es war hochgeklappt, sodass ich Roberts Gesicht erkennen konnte, und ich weiß nicht, warum, aber ich war erleichtert. Vielleicht wäre mir ein geschlossener Helm über den Klamotten der Wilden Wölfe doch ein bisschen unheimlich gewesen.
    »Was ist, hab ich gefragt«, flüsterte Robert, der jetzt wieder nach vorne schaute.
    |36| »Du hast einen Helm auf«, flüsterte ich.
    »Du pflpft pfpft?«, kam es von Robert zurück.
    »Wie?«, fragte ich, weil ich außer dem »Du« nichts verstanden hatte.
    »Du vielleicht nicht?«, wiederholte Robert, als er das Visier wieder oben hatte. Wahrscheinlich war’s ihm runtergeklappt, weil er gleichzeitig reden und den Kopf schütteln wollte.
    Genau da erreichten wir das Ende des Dickichts, und Robert hob die Hand zum Zeichen, dass Wuschel und ich anhalten und still sein sollten.
    Ich sagte auch nichts mehr. Ich fasste nur kurz nach oben, ob ich wirklich noch meinen Fahrradhelm aufhatte. Ich hatte ihn natürlich auf. Ich musste schon
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