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Der Drachenwald

Der Drachenwald

Titel: Der Drachenwald
Autoren: Anu Stohner
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sich über Robert lustig, und er wehrte sich überhaupt nicht dagegen. Er stand nur da und ließ die Arme baumeln und klappte nicht mal mehr das Visier hoch, wahrscheinlich weil er sich schämte. Ich verstand überhaupt nichts mehr, und Wuschel ging es offenbar genauso. Er hatte eine Pfote vom Kopf genommen, als die Wilden Wölfe zu johlen begannen, und jetzt nahm er die zweite Pfote weg und hob den Kopf. Sein Blick hatte wieder etwas Fragendes, aber ich konnte ihm leider wieder keine Antwort geben. Was da draußen vor sich ging, war mir vollkommen schleierhaft.
    Oder gut: Dass die Wilden Wölfe Robert kannten, konnte ich mir noch irgendwie zusammenreimen. Vielleicht auch noch, dass sie ihn wie |47| den letzten Dödel behandelten, schließlich konnte ich nicht wissen, was sie, wenn sie ihn kannten, schon alles mit ihm erlebt hatten (und dass sich Spieße, die aus Versehen in Küchenfenster, und Pfeile, die in Abtrittfenster flogen, nach Robert anhörten, brauche ich euch ja nicht mehr zu erklären). Aber dass Robert sich das alles gefallen ließ und sich mit baumelnden Armen und schlappen Drohungen selbst zum Dödel machte,
das
konnte ich mir nicht zusammenreimen. Aber überhaupt nicht. So was hätte der Robert, den ich kannte, nie gemacht. Nie! Der zu Hause nicht und der vom ersten Besuch in der Ritterzeit auch nicht, ausgeschlossen!   – Aber hier machte er es. Und jetzt ging das sogar noch weiter.
    »Komm, Robert, wir machen unser Kunststück!«, sagte der Anführer.
    »Nn, npft!«, kam es so traurig von unter Roberts Visier, dass es mir einen richtigen Stich ins Herz gab. Der wehrte sich immer noch nicht, und jetzt kam doch bestimmt nichts Gutes.
    »Oh ja, das Kunststück!«, johlten die anderen Wilden Wölfe. »Das Kunststück, wir wollen das Robert-Kunststück!«
    Sie johlten so laut, dass ich schon dachte, Wuschel wolle sich wieder die Ohren zuhalten, aber |48| das wollte er nicht, im Gegenteil. Er stand auf und peilte aufmerksam ins Freie. Genau wie ich.
    Der Anführer trat jetzt unter dem Gejohle seiner Mitwölfe einen Schritt vor und klappte Robert das Visier hoch.
    »Nein, nicht!«, sagte Robert so schlapp, dass ich es mehr raten als verstehen konnte.
    Natürlich störte das den Anführer der Fieslinge kein bisschen.
    »Schön stillhalten, Robert!«, sagte er und trat wieder einen Schritt zurück. »Und ihr auch!«, herrschte er die anderen Fieslinge an. »Wehe, es rührt sich einer!«
    Auf einmal war es totenstill im Hof der schwarzen Raubritterburg. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass sogar der Hüne, der sich wieder aufgerappelt und das Tor geschlossen hatte, wie gebannt zu Robert und den Fieslingen hinschaute.
    »Uuund aufgepasst!«, rief der Anführer, und ich weiß noch, dass ich für den Bruchteil einer Sekunde überlegte, ob ich aus der Hecke springen und mich auf ihn stürzen sollte. Wenn er das Schwert gezogen hätte, das schwöre ich bei meiner Freundesehre, dann hätte ich es auch getan. (Doch, das könnt ihr mir glauben. Wenn er das Schwert gegen meinen besten Freund erhoben |49| hätte, wäre ich zum Tiger geworden, egal wie es ausgegangen wäre!)
    Aber der Fiesling hob nicht das Schwert. Er zog es nicht mal aus dem Gürtel. Er hob nur den linken Fuß und stampfte fest damit auf.
    »Klack!«
    Es machte »klack!«, und Roberts Visier klappte zu. Und jetzt schmissen sich die Wilden Wölfe wirklich auf den Boden und wälzten sich im Staub vor Lachen.
    »Ha-ha, he-he, ho-ho, ha-ha-hau-au-au-au!!!«
    »Hilfe!«

    |50| »Es tut so weh!«
    »Ich kann nicht mehr!«
    »Ha-ha-hau-au-au-au-au-au!«
    Sie kriegten sich überhaupt nicht mehr ein, und soll ich euch was verraten: Wenn es nicht ausgerechnet Robert gewesen wäre, den sie veräppelten, hätte ich mich wahrscheinlich auch nicht mehr eingekriegt. Das Kunststück mit dem Visier war nämlich wirklich komisch.
    Nur Wuschel fand das offenbar nicht. Der stand wie festgewachsen neben mir und schaute in Roberts Richtung. Und plötzlich fing er an zu knurren, erst ganz leise, aber dann wurde es allmählich lauter. Wuschel war echt sauer. Und ich hatte ein bisschen ein schlechtes Gewissen. Waren Hunde etwa doch die besseren Freunde, wie manche Leute meinen? Vielleicht   – aber war es deshalb richtig, was er machte?
    Klar, wenn Wuschel richtig loslegte, würde den Fieslingen das Lachen vergehen. Ich hab ja erzählt, dass er sie schon mal das Fürchten gelehrt hat, weil er mit seiner Stimme Drachen nachmachen kann. Aber war das jetzt der richtige
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