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Der Drachenwald

Der Drachenwald

Titel: Der Drachenwald
Autoren: Anu Stohner
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Drachen gerufen habe?«
    Wisst ihr, was er da sagte? »Hallo?!«, sagte er, genau wie auf der Lichtung, als ich gegen den Helm geklopft hatte.
    »Wie jetzt? Was soll das heißen?«, fragte ich, obwohl ich’s ja wusste.
    »Hirn einschalten«, sagte Robert.
    Das machte ich doch, verflixt! Ich kriegte die Sache nur nicht auf die Reihe.
    »Aber sie haben genau da gebrüllt!«, sagte ich.
    »Drachen gibt’s nicht, Alter.«
    Wenn Robert »Alter« zu mir sagt, meint er, dass ich für manche Dinge noch ein bisschen klein bin. Oder dass ich sie jetzt vielleicht noch nicht kapiere, aber wahrscheinlich später mal. Dabei ist er zwei Wochen jünger als ich!
    »Aber ich hab sie doch gehört!«
    |156| Ich redete so laut, dass Wuschel, der zwischen uns ging, verwundert zu mir aufschaute. Oder war da noch was anderes in seinem Blick? Schade, dass er nicht sprechen kann. (Obwohl: Vielleicht kann er’s, und es soll nur niemand wissen. Wundern würde es mich nicht.)
    Robert sagte auch nichts, er schüttelte nur den Kopf. (Und erst da fiel mir auf, dass wir die Fahrradhelme aufhatten, obwohl wir zu Fuß unterwegs waren.) Robert sagte immer noch nichts, also redete ich weiter.
    »Es waren
zwei
«, sagte ich. »Das Gebrüll kam von
zwei
Seiten, du hast es doch selbst gehört!«
    »Ich hab nur Wuschel gehört«, sagte Robert.
    »Von
zwei
Seiten?«
    »Pass auf, Alter, von wie viel Seiten hast du gehört, wie ich zu dem Klappergestell Nein gesagt habe?«
    »Du meinst   …?«
    »Das Echo, Alter, logisch.«
    Das Echo, logisch. Und warum war das beim letzten Mal noch nicht da gewesen, als Wuschel die Wilden Wölfe in die Flucht geschlagen hatte? Das hätte ich Robert gern gefragt, aber wahrscheinlich kriegte ich darauf auch eine Antwort, in der »Alter« vorkam, irgendwas mit dem Wetter |157| oder so. Also fragte ich lieber nicht. Oder doch, eins wollte ich noch wissen:
    »Wenn ich die Drachen mit meinem Klopfen
nicht
gerufen habe, warum hast du dann hinterher ›Hallo?!‹ zu mir gesagt?«
    »Jedenfalls nicht, weil du irgendwelche Drachen gerufen hast.«
    »Sondern?«
    Mann, langsam ging er mir echt auf die Nerven mit seiner Muffligkeit!
    »Weil man dir angesehen hat, dass du so einen Kappes wirklich denkst.«
    Von da an gingen wir beide nur noch mufflig nebeneinander her, das heißt, ich kickte wenigstens noch Steinchen aus dem Weg. Robert kriegte kaum die Füße hoch. Erst kurz vor ihrer Haustür stellte ich ihm noch eine allerletzte Frage. Da war ich auch schon nicht mehr beleidigt. Ich bin nie lange beleidigt, da sind Robert und ich uns ziemlich ähnlich.
    »Äh   … Robert?«
    »Hm.«
    »Wuschel hat also immer im genau richtigen Augenblick gebrüllt?«
    »So wie ich’s ihm gesagt hatte«, sagte Robert.
    »Wann?«
    |158| »Als ihr zwei von Wolfeck aufgebrochen seid«, sagte Robert in genau dem Augenblick, als Wuschel ihre Haustürklinke runterdrückte. Wuschel kann das nämlich, und wisst ihr was: Ich glaubte Robert aufs Wort, obwohl Wuschel dann von ganz allein gewusst haben musste, was die genau richtigen Augenblicke waren, denn es gab ja gleich ein paar davon. Und sogar welche, die erst falsch waren und hinterher, wenn man genauer drüber nachdachte, doch richtig. Zum Beispiel war es falsch, dass er mich am Anfang mit seinem Gebrüll in Panik versetzte, aber wenn ich nicht in Panik gegen den Baum gedonnert wäre, hätten mich Hubert und Wilma nicht gefunden und wir wären uns in dem großen Drachenwald vielleicht nie begegnet.   – Doch, ich glaubte Robert. Wuschel ist ein Wunderhund, da musste man sich auch nicht wundern, wenn er so was fertigkriegte.
    »Ich hab euch gar nicht rausgehen hören«, sagte Roberts Mutter, als sie uns hereinkommen sah.
    »Hm«, machte Robert.
    »Wir haben noch ein bisschen Ritterturnier gespielt«, sagte ich, damit sie nicht noch Fragen stellte. Roberts Mutter kann noch besser Fragen stellen als meine und kriegt die tollsten Sachen raus. Aber jetzt war sie zufrieden.
    |159| »Man sieht’s«, sagte sie und fuhr mit dem Finger oben über meinen Helm. »Zum Glück nur der Lack.«
    Roberts Mutter sieht auch alles.
    »Helme und Schwerter bitte an die Garderobe, die Herren Ritter!«, sagte sie.
    Im Wohnzimmer lief schon der Fernseher. Wir guckten Sportschau, und Dortmund hat gewonnen, aber Robert sagte keinen Pieps, die ganze Zeit nicht, auch nicht, als Wuschel beim 1:0 in der Nachspielzeit sein Wolfsgeheul anstimmte. Das macht er nämlich, wenn er sich tierisch freut. Nicht auszudenken, wenn Dortmund
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