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Der Dieb der Finsternis

Der Dieb der Finsternis

Titel: Der Dieb der Finsternis
Autoren: Richard Doetsch
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KC festzuhalten. Bald darauf verstummte der Lärm, und Michael konnte das Pochen ihrer beider Herzen spüren, die im Gleichtakt schlugen.
    Plötzlich aber erklangen die Stimmen wieder und wurden zu lauten Rufen, das sich zu wildem Kreischen und gellenden Schreien steigerte, in denen Entsetzen mitschwang. Und diesmal bildete Michael sich die Schreie nicht ein; sie waren echt. Die Wachhunde stießen sie aus, als sie verzweifelt versuchten, nicht den Verstand zu verlieren.
    Dann fielen Schüsse. Das Krachen war in der Enge ohrenbetäubend laut. Michael warf sich auf KC, schützte sie mit seinem Körper und drückte sie gegen die Wand, wobei er jeden Muskel seines Körpers spannte, weil er damit rechnete, getroffen zu werden. Jedem Schuss folgte das ekelerregende Geräusch von Kugeln, die in Fleisch einschlugen – nasse, gedämpfte Laute in rascher Folge. Dumpfe Geräusche waren zu hören, als Körper auf dem Boden aufschlugen. Dann war es vorbei.
    KC zog die Taschenlampe von Michaels Gürtel und knipste sie an. Sie sah, dass die beiden Wachhunde tot in ihrem eigenen Blut lagen; sie hatten sich gegenseitig erschossen.
    KC quälte sich auf die Beine und zog einem der Männer die Pistole aus der Hand. Rasch drehte sie sich um, die Waffe im Anschlag, leuchtete mit der Taschenlampe durch die Kammer und suchte nach ihrem Vater. Er hatte keinen Laut von sich gegeben, hatte nicht vor Furcht und Panik geschrien wie seine Wachhunde. Bald darauf fand KC ihn. Venue lag der Länge nach auf den Büchern und beschützte sie vor den Pistolenkugeln, als wären sie Kinder.
    KC schnappte sich einen Dolch, der auf einem der Goldstapel lag, und schnitt Michael die Fesseln von den Handgelenken. Michael stand auf, knipste das Feuerzeug an und entzündete die Fackel wieder. Innerhalb von Sekunden war es hell in der Kammer.
    Michael und KC brauchten einen Moment, um zur Besinnung zu kommen. Michael nahm den toten Wachhunden die Gewehre ab und reichte eines an KC weiter; dann nahm er ihr die Taschenlampe aus der Hand und befestigte sie wieder an seinem Gürtel.
    »Was willst du mit ihm machen?«, fragte Michael und wies auf Venue.
    »Ich würde ihn gern umbringen«, erwiderte KC, »aber dann wäre ich wirklich so wie er.«
    »Das bist du schon«, höhnte Venue. »Ich lebe in dir, KC. Du hast es doch selbst gesagt, mein Blut fließt in deinen Adern.«
    KC starrte ihn an. Ihre Augen funkelten vor Wut.
    Michael legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Egal, was du tun willst, KC, du hast meine volle Unterstützung.«
    »Er hat Cindy ermordet!«
    »Ich weiß. Es tut mir sehr leid«, sagte Michael mit sanfter Stimme. »Und er hat versucht, dich zu ermorden.«
    »Sie könnte noch am Leben sein, KC«, sagte Venue, »wenn du nicht aufgetaucht wärst.«
    »Hör nicht auf ihn«, sagte Michael. »Er kann sich nicht damit abfinden, dass er alles verloren hat. Er ist nichts weiter als ein kleiner Straßenganove, der mit allem gescheitert ist, was er versucht hat.« Michaels Stimme bekam einen anklagenden Ton. »Er betrügt die Welt und baut sich ein Imperium auf, nur um es wieder zu verlieren. Er findet die Stelle, an der sich eine der großartigsten Stätten der Menschheitsgeschichte befindet, und beschließt, es einfach zu ignorieren – zugunsten von dem hier.« Michael zeigte auf das Gold und die Bücher. »Lass ihn hier unten, KC, allein, in der Dunkelheit. Bei seinem Gold und seinen kostbaren Büchern.«
    KC nickte Michael zu. Dann drehte sie sich zu Venue um, zu ihrem Vater, ihrem letzten noch lebenden Blutsverwandten, dessen kahler Schädel im Schein des Fackellichts glänzte. Er stand für alles, was sie hasste in der Welt: Gier und Geiz, Arglist und Hass. Er hatte keine Achtung vor dem menschlichen Leben. Niedertracht und Lieblosigkeit regierten sein Inneres. In dieser gottverlassenen Höhle war er tatsächlich genau dort, wo er hingehörte.
    Venue erwiderte KCs Blicke voller Trotz und Wut. So schauten sie einander in die Augen, voller Ekel und Abscheu voreinander.
    »Ja, du hast recht. Das war es schließlich, was er wollte«, sagte KC zu Michael, ohne den Blick von Venue zu nehmen. »Lassen wir ihn einfach hier zurück.«
    Michael nahm die Taschenlampe vom Gürtel, knipste sie an und reichte sie KC. Gemeinsam liefen sie aus der Kammer und auf die Treppe zu.
    »Warte hier einen Moment«, sagte Michael, drehte sich um und lief noch einmal zurück.
    Flüchtig schaute er zu Venue, der mit zornigem Blick vor seinen kostbaren Büchern und Pergamenten
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