Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Diamant im Bauch der Kobra

Der Diamant im Bauch der Kobra

Titel: Der Diamant im Bauch der Kobra
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
bestimmt ein Tierfreund.
Sonst hätte er Hugo nicht mitgenommen.“
    „Vielleicht will er ihn
verkaufen“, gab Tim zu bedenken. „So oder so“, sagte Glockner. „Mit Hugo hat er
sich belastet. Zumal auch die Hellroten Aras zu den geschützten Papageien
gehören. Kevin von Jangelwitz hat Hugo von seinem Vater geerbt. Der Vogel ist
über 30 Jahre alt und fast genauso lange in der Familie.“
    „Alter Ara“, meinte Klößchen.
    „Keineswegs, Klößchen“,
erklärte Glockner. „Für einen Papagei ist er noch recht jung. Die werden über
100 Jahre alt.“
    Sie gingen in den Wohnraum
hinauf, wo das Telefon war. „Die Werkstatt ist übel“, sagte Gaby, „der Kühlraum
die Hölle. Was uns drüben in dem Anbau erwartet, ist sicherlich nicht ganz so
schlimm — allerdings schlimm genug. Denn dort hat Mortibodi die fertigen
Trophäen und auch die antiquarischen Exemplare aus dem ehemaligen Fachgeschäft
Einhorn.“
    Das wussten sie alles von
Mortibodi. Dessen Geständnis war umfassend gewesen.
    Mike grinste. Er hatte seine
Ungeduld im Griff, wollte aber begreiflicherweise nun endlich die Präparate
sehen — jene Präparate die sein Großvater gesammelt und 1935 hier
zurückgelassen hatte. War in einem von ihnen der Blue Truth versteckt?
    „Drei Tierpräparate kennen wir
schon“, sagte Gaby, „den Geier, den Leoparden und eine Kobra. Die stehen so
dicht am Fenster, dass wir sie in jener Nacht erkennen konnten. Hinter ihnen
ist die Sicht versperrt. Dort steht ein großer Schrank.“ Sie blickte umher.
„Wer kommt mit?“
    „Ich hätte Lust“, grinste Mike.
    Karl und Klößchen schlossen
sich an.
    Tim und der Kommissar blieben
beim Telefon.

20. Leos Redensart
     
    Es war später Vormittag.
Schwüle lastete auf der Millionenstadt. Über Mortibodis Terrasse und auch im
Garten tanzten Mücken. Tim sah hinaus. Glockner hatte im Nebenraum Mortibodis
Schreibtisch durchsucht und war offenbar fündig geworden, denn er brachte
etliche Schriftstücke mit, die er aussortiert hatte.
    „Der erpresserische Einbrecher ließe
sich natürlich schnell ermitteln“, sagte er, „wenn wir einen öffentlichen
Aufruf erließen. Nach dem Motto: Wo ist ein Papagei, der den River-Kwai-Marsch
pfeift?“

    „Hm!“, knurrte Tim. „Aber
dann!“
    „Richtig!“ Glockner nickte.
„Dann wäre Hugo ein toter Vogel. Deshalb komme ich mit dem Vorschlag gar nicht
erst raus. Und meinen Kollegen habe ich eingeschärft, dass nichts dergleichen
unternommen wird.“
    „Nicht jeder würde so handeln.
Andere würden sagen: Den Einbrecher, den Erpresser zu fassen hat Vorrang vor
dem Leben des Papageis.“
    „Es kann sein, dass wir deshalb
etwas länger ermitteln. Aber die Achtung vor dem Leben — auch vor tierischem
Leben — bleibt oberstes Gebot.“
    „Wenn nur mehr Menschen so
denken und handeln würden.“
    In diesem Moment klingelte das
Telefon.
    Vereinbart war, dass Tim sich
melden sollte. Er konnte sich als Komplize, als Dritter im Bunde ausgeben.
    Wenn der Kommissar redete,
bestand die Gefahr, dass der Anrufer — der vermutlich ein krimineller Profi war
— ihn erkannte. Glockner hatte im Laufe seiner Karriere mit ungezählten Ganoven
zu tun gehabt und seine sonore Stimme war einprägsam.
    Tim nahm den Hörer ans Ohr und
spürte kribbelnde Spannung bis in die Haarspitzen.
     
    *
     
    Der sogenannte Anbau zwischen
Haus und Doppelgarage erwies sich als langer, düsterer Lagerraum. Mit Regalen
an den Wänden, einfachen Tischen als Ablage und einigen Schränken. Mortibodi
hortete hier seine Vorräte für die Werkstatt — und seine Sammlung alter und
nicht ganz so alter Präparate.
    Insgesamt 34 ausgestopfte Tiere
stammten aus dem Besitz von Mikes Großvater. Sie waren leicht zu erkennen,
standen nämlich alle auf Holzsockel und waren mit metallnem Schild versehen.
Dort waren Name und Adresse des damaligen Besitzers eingestanzt: Baldur
Schulze-Breitland, Weidenanger...
    Baldurs Präparate datierten aus
der Zeit von 1848 bis 1929 und standen gesondert, nämlich in dem zweiten und
hinteren Raum des Anbaus.
    „Mortibodi hat gesagt“,
erinnerte sich Gaby, „die Bestandsliste liege in dem Regal links hinter der
Tür.“
    „Hier.“ Karl war ein paar
Schritte voraus und hatte die Liste entdeckt. Fast feierlich übergab er sie
Mike.
    Zu dem hinteren Raum gehörte
auch das Fenster, durch das TKKG in jener Nacht hereingeblickt hatten.
    Alle sahen sich um. Klößchen
begann zu zählen. Unter den Präparaten waren zahlreiche Papageien-Arten,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher