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Der Diamant im Bauch der Kobra

Der Diamant im Bauch der Kobra

Titel: Der Diamant im Bauch der Kobra
Autoren: Stefan Wolf
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Amis, der allein auf die
Macht seiner Dollars vertraut und sich bekleidet mit Schlamper-Jeans,
Cowboystiefeln und bedrucktem T-Shirt unter dem teuren Acht-Taschen-Blouson.
Dazu ein breites Grinsen.
    „Hallo! Ich bin Mike Brigland.
Eigentlich heiße ich Michael Schulze-Breitland. Ich bin nämlich deutschstämmig,
aber bereits in zweiter Generation amerikanisiert. Ist Professor Vierstein zu
Hause?“
    Karl sagte, was Sache war,
stellte sich vor als Sohn und bot dann, ersatzweise für den Professor, seine
Mutter zum Gespräch an. Brigland nickte erfreut und gab sich unbekümmert als
gehöre er in diese Runde. Er reichte allen die Hand. Oskar wurde der Kopf
getätschelt. In dem Moment kam Elisabeth Vierstein aus dem Haus, beladen mit
einem großen Tablett.
    Sofort ließ Brigland seinen
Schirm fallen, stürmte hinzu und nahm ihr die Last ab.
    „Ich bin Mike Brigland, Frau
Vierstein. Darf ich?“ Und mit einem Blick auf die Eisbecher. „Wundervoll. Die
Eiscreme leuchtet in allen Farben. So muss der Blue Truth aussehen. Aber an
diesem wundervollen Diamanten würde man sich die Zähne ausbeißen. Hahah!“
    Den schwachen Witz verstand
offenbar nur er. Doch Karls Mutter lächelte freundlich. Brigland durfte am
Tisch Platz nehmen und erhielt auch ein Glas Fruchtsaft.
    Bin gespannt, dachte Tim, was
der will. Sympathischer Typ. Aber was hat Hausmacher-Gelato mit einem Diamanten
zu tun, noch dazu mit einem der ,Blaue Wahrheit‘ heißt?
    Brigland grinste noch immer.
Sein Blick glitt prüfend über die Gesichter.
    „Als ich eben den Blue Truth
erwähnte“, sagte er, „hat niemand von euch reagiert. Ihr wisst nichts von
diesem Edelstein?“
    Allgemeines Kopfschütteln.
    Tim preschte vor. „Sind Sie
deswegen hier?“
    Brigland nickte. „Aber bitte
nennt mich Mike und sagt du! Wir Amerikaner sind nicht gern förmlich. Ja, wegen
des Blue Truth bin ich hier — in der Stadt meiner Vorfahren. Denn wie gesagt:
Noch vor zwei Generationen hießen wir Schulze-Breitland. Damit ihr mich
versteht — verzeihen Sie, Frau Vierstein, wenn ich Sie in meine vertrauliche
Anra.de einbeziehe — erzähle ich am besten die Geschichte unserer. Familie.
Dann wird alles klar ohne große Erklärung. Es ist eine tragische Geschichte und
sie beginnt im Jahre 1935 — hier in dieser Stadt.“
    Er trank einen Schluck Saft.
TKKG und Karls Mutter löffelten Eis: Schoko, Nuss und Vanille. Es schmeckte
vorzüglich. Klößchen hatte bereits seine Bitte-unbedingt-einen-Nachschlag-Miene
aufgesetzt.
    „Mein Großvater“, berichtete
Mike, „war der Bankier Baldur Schulze-Breitland.

    Ihm gehörte die Privatbank
Breitland und Schmollner am Heumarkt. Im Jahre 1935 war Opa 50 Jahre alt und
immer noch verliebt in seine Frau. Großmutter Sarah, eine geborene Goldenblom, war
Jüdin. Und dann geschah es. Am 15. September 1935 trat im damaligen
Nazi-Deutschland ein unmenschliches Gesetz in Kraft. Das sogenannte Gesetz zum
Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. Und damit begann auch das
Unglück für unsere Familie.“
    Tim schob die Brauen zusammen.
Davon — dachte er — habe ich schon gehört. Hatten wir neulich im
Geschichtsunterricht. Und alle haben sich empört.
    „An dieses Gesetz entsinne ich
mich“, sagte Karls Mutter. „Es war eine Ausgeburt wahnwitziger Rassentheorien.“
    Mike nickte. „Das Gesetz sollte
sogenannte Mischehen zwischen Juden und arischen Menschen verhindern oder
auflösen, falls sie schon bestanden. Wer sich weigerte, war grausamster
Verfolgung ausgesetzt. Nun — meine Großeltern hätten eher den Tod gewählt, als
sich zu trennen. Aber in ihrem Heimatland konnten sie auch nicht mehr bleiben.
Also Flucht. Meinem Großvater gelang es, zunächst einen Teil seines Vermögens
in die USA zu transferieren, zu überweisen. Doch die offizielle Ausreise aus
Deutschland — sozusagen mit Sack und Pack — wurde ihm und seiner Familie
verweigert. Man wusste auch, dass Großvater eine überaus wertvolle Schmuck- und
Juwelensammlung besaß. Und an solchen Pretiosen waren die damaligen Machthaber
sehr interessiert. Eins wussten sie allerdings nicht. Großvater hatte alle
Kostbarkeiten heimlich veräußert — denn als Reisegepäck wären die vielen Stücke
zu umständlich gewesen. Stattdessen hatte er den größten Teil seines Vermögens
in einem einzigen Diamanten angelegt: in dem Blue Truth.“
    „Nie gehört“, sagte Tim.
    „Glaube ich dir gern“, lächelte
Mike. „Er ist auch nur wenigen Experten bekannt. Vom Kohinoor, vom
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