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Der Diamant im Bauch der Kobra

Der Diamant im Bauch der Kobra

Titel: Der Diamant im Bauch der Kobra
Autoren: Stefan Wolf
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Ebenfalls fein. Beute — null!
    Dieser dämliche Armin!, dachte
Leo und meinte den Tip-Geber. Was hat der mir erzählt! Als lägen hier
Goldmünzen rum und gebündelte Scheine!
    Eine breite Treppe führte in
den Keller hinunter. Dann stand Leo in einem großen, gekachelten Raum und hatte
keine Bedenken, die Beleuchtung einzuschalten. Neonlicht. Es war die Werkstatt.
Auf Tischen lagen Bohrmaschinen, Schrauben, Nägel, Brettchen, Farbdosen und
Kartons mit handgefertigten Glasaugen — für verschiedene Tierarten. Von der
Decke hingen an Drähten ausgestopfte Fledermäuse. In Regalen ringsum ruhten
fast fertige Präparate: ein Luchs auf einem Stück Baumstamm, ein Riesentriel
mit geglättetem Gefieder, Schlangen, ein peruanischer Sechura-Fuchs, in dessen
Glasaugen eine unendliche Traurigkeit war, ein Falke, ein Merlin und viele
Pflaumenkopfsittiche, die zu den kleinen Papageien-Arten gehören.
    Ist ja direkt unheimlich!,
dachte Leo, und für mich kalter Kaffee. Was soll ich mit dem Gelump?! Himmel,
da ist ja sogar ein ausgestopfter Dackel.
    Leo zog Schubläden auf, stieß
aber nur auf Werkzeug. Auf einem großflächigen Tisch sah er seltsame Maschinen,
von denen übler Gestank ausging. Tatsächlich — da waren noch Fleischreste und
Fett am scharfen Gerät. Sicherlich wurden damit Häute und Felle bearbeitet.
    Er suchte weiter. Beute? Werte?
Geld? Nichts!
    Und dann stand er vor der Tür
im Hintergrund — vor einer Stahltür im ebensolchen Rahmen.
    Sie war verschlossen. Und das
Metall fühlte sich sehr kalt an — eisig.
    Leo werkelte eine Weile mit
seinen Nachschlüsseln. Beute erwartete er nicht. Aber seine Neugier war
geweckt. Außerdem... man konnte nie wissen. Er hatte schon mal in einer
armseligen Wohnung den sogenannten Sparstrumpf unter der Matratze gefunden —
einen Leinenbeutel, vollgestopft mit Geld.
    Jetzt öffnete er die Tür — und
aus dem Kühlraum wehte ihm eisige Luft entgegen. Außerdem roch es übel, verwest
- wie in einer Abdeckerei.
    Er fand den Lichtschalter. Neon
flammte auf. Und Leo blieb die Spucke weg.
    Der weitläufige Raum —
mindestens 50 Quadratmeter — enthielt Regale, Tische und einen Aktenschrank.
    Für einen Moment fühlte sich
der Einbrecher wie in einer Arche Noah. Aber alle Tiere waren tot. Er sah
Meeresschildkröten, gefleckte Großkatzen, Elfenbein — nämlich die Stoßzähne von
Elefanten, den abgetrennten Kopf eines dieser Dickhäuter, ebenfalls den Schädel
eines Nashorns, Störche und Echsen, vermutlich Kaimane. In einer Ecke waren die
sterblichen Überreste von drei Sibirischen Tigern auf geschichtet: die Felle,
an denen noch der Schädel war.
    Jagdbeute!
    Aber jedes dieser erlegten
Tiere — das begriff er sofort — unterlag dem Washingtoner
Artenschutz-Übereinkommen - stand also unter Schutz, war/ist stark gefährdet in
seinem Bestand und muss somit geschützt und gehegt werden.
    Der ist ja mindestens so
kriminell wie ich!, schoss es ihm durch den Kopf. Der fertigt Präparate an, die
das Licht der Öffentlichkeit scheuen müssen. Eingeschmuggelte Kadaver,
mitgebracht von ungesetzlicher Meuchel-Jägerei überall auf der Welt. Präparate
für abartige Typen, die sich im kleinen Kreis Gleichgesinnter damit brüsten,
einen der letzten Schneeleoparden erlegt zu haben, einen der letzten
Sibirischen Tiger, einen Marco-Polo-Widder oder Braunbär.
    Leo mochte Tiere. Er las
Tierbücher und kannte sich aus auch mit seltenen Exemplaren. Er hielt sich
weiße Mäuse und ein Aquarium mit Goldfischen. Was er hier sah, machte ihn
wütend. Dieser Mortibodi war ja das Letzte. Der betrieb offensichtlich den
Verkauf von verbotenen Tiertrophäen en gros.
    Stinkwütend öffnete Leo den Aktenschrank.

    Da war eine Kartei. Ein Kasten
voll beschrifteter Karten, nach Buchstaben geordnet. Daneben lag eine Kladde. Sie
enthielt eine Art Buchführung, aber nicht von der Sorte, die man zur Prüfung
vorlegen kann. Leo las, blätterte und begriff. Er war in ein Wespennest
gestoßen. Was er hier in der Hand hielt, war ungeheuerlich.
    Und sofort formte sich ein
Gedanke, eine Absicht, ein Plan. Denn seine — Leos — Beute, die hatte er nun
gefunden: Material zum Erpressen. O ja, Mortibodi würde zahlen müssen, dass ihm
die Augen tränten. Aber nicht nur er. Noch mehr würde Leo den Drahtzieher
hinter allem zur Kasse bitten, den Typ, dessen Name hier stand: Dr. Volker
Wiegand.

5. Geier, Leopard und Kobra
     
    Mike hatte sich verabschiedet
und seine Reise nach Wien angetreten — sozusagen sofort. Er
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