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Der Diamant im Bauch der Kobra

Der Diamant im Bauch der Kobra

Titel: Der Diamant im Bauch der Kobra
Autoren: Stefan Wolf
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war wohl, mutmaßte
Tim, ein Charakter, der ein Vorhaben nicht auf die lange Bank schiebt, sondern
gleich in die Tat umsetzt.
    Tim, Karl, Klößchen und Gaby
waren einhellig der Meinung, dass der junge Literaturprofessor ein cooler Typ
sei, dem man helfen musste. Deshalb war das Treffen in anderthalb Wochen fest
verabredet.
    Jetzt saßen TKKG wieder auf der
Viersteinschen Terrasse, waren von Karls Mutter mit Abendessen versorgt worden
und arbeiteten an einem Kanu, einem Canadier für vier Personen. Tim hatte das
Boot gebraucht gekauft — sehr günstig. Aber man merkte ihm an, dass es nicht
nur fünf Jahre alt war — wie der Vorbesitzer behauptet hatte — sondern
sicherlich acht oder zehn.
    „Absaufen wollen wir ja nicht“,
hatte Tim erklärt.
    Also wurde das handgetriebene
Wasserfahrzeug überholt und in Stand gesetzt. TKKG dichteten ab, besserten aus,
verleimten, teerten und sparten zum Schluss nicht mit knallgelbem Anstrich —
natürlich in wasserfester Farbe.
    „So, das wär’s. Jetzt muss es
trocknen.“ Tim zog seinen blauen Kittel aus, der Karl gehörte, dem
TKKG-Häuptling erheblich zu eng war und ziemlich viel Gelb abgekriegt hatte.
    Auch Karl trug einen
Arbeitskittel, Gaby und Klößchen hatten sich mit Plastikschürzen begnügt.
    „Blöde Mücke!“ Gaby klatschte
sich auf den nackten Fußknöchel, auf den linken. Im nächsten Moment schien sie
zu erstarren. „Himmel, wo ist mein Kettchen?“
    „Es hängt dir am Hals“, feixte
Klößchen und meinte die dünne Goldkette mit dem blauen Halbedelstein, die Tims
Freundin so gern trägt.
    „Doch nicht die!“ Gaby wurde
blass unter ihrer Sommerbräune. „Mein Fußgelenk-Kettchen ist weg.“
    „Hattest du heute gar nicht
um“, wusste Klößchen.
    „Aber ja, ich hatte es um.“
    „Nein, hattest du nicht. Mir
ist das zufällig aufgefallen, als du vor Mortibodis Bude wieder in Mikes
Mercedes eingestiegen bist. Da bist du mir nämlich so auf den Fuß gestiegen,
dass ich runtergeguckt habe — weil ich dachte: Jetzt sind mindestens vier Zehen
zerquetscht. Dabei fiel mir auf, dass du dein Knöchelkettchen nicht trägst.
Weder rechts noch links.“
    Gaby setzte sich auf einen der
Gartenstühle und nahm die Schürze ab.
    „Ich hatte es um. Weiß ich
genau. Noch bei Mortibodi hatte ich’s. Da habe ich meine Sandale zugemacht und
es war noch da. Wenn ich’s dann beim Einsteigen nicht mehr hatte — was ein
wertvoller Hinweis ist, Klößchen — , muss ich’s bei dem Präparator verloren
haben. Beim Haus.“
    Tim wischte sich die Hände an
einem Tuch ab. „Dann werden wir sofort suchen.“
    Wie auf Kommando blickten alle
in den Sommerabend hinaus. Es ging auf 22 Uhr, und nur weil Freitag war,
konnten die Kids noch so ungeniert den Tag verlängern. Aber die Nacht brach an
mit samtblauem Himmel, flimmernden Sternen und einem buttergelben Vollmond.
Etliche Sterne über der Millionenstadt blinkten rötlich und bewegten sich
vorwärts. Das waren die Lichter von Flugzeugen in großer Höhe.
    „Wir brauchten Augen wie
Nachteulen“, stellte Karl fest.
    „Taschenlampen genügen“, meinte
Tim. „Gold schimmert im Licht und das kleine Herz sowieso. Außerdem weiß ich
noch genau, wo wir gegangen sind. Auf die Hufe, Amigos!“
    Im Hause Vierstein gab es drei Taschenlampen.
Eine leuchtete nur noch matt, wurde aber trotzdem mitgenommen. TKKG stiegen auf
die Bikes und diesmal durfte Oskar mit.
    Bis zum Obtecker Weg dauerte es
fast 40 Minuten und abseits der Laternen und Lichtpeitschen war die Nacht jetzt
sehr dunkel.
    Hoffentlich, dachte Tim, ist
das Kettchen noch da. Wenn nicht, kaufe ich Pfote ein neues. Aber am alten
hängen ja nun schon Erinnerungen — die müsste ein neues erst anspecken.
    Wegen Oskar waren sie langsam
gefahren. Wie alle Hunde verträgt er Schwüle nicht gut. Der Regenguss vom
Nachmittag wurde immer noch ausgedampft von Gärten und Straßen. Dunst hing
zwischen den Bäumen der Parks.
    Am Obtecker Weg war es still.
Die Arbeit ruhte schon lange. Hier wohnte man nicht — bis auf einige Ausnahmen.
Die meisten Gebäude waren dunkel. Auch der Opa mit der Luftpumpe war offenbar
schon zu Bett gegangen. Kein Licht hinter den Fenstern seines Hauses.
    TKKG stellten ihre Bikes an die
Hecke und betraten das Grundstück. Zwei Taschenlampen leuchteten, die von
Klößchen funzelte nur. Gaby hielt Oskar an der Leine. Tim ging voran. In seine
Erinnerung war jeder Schritt eingeprägt.

    Zwei Meter vor dem Hauseingang
schnalzte der TKKG-Häuptling lautstark
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