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Der Bund der Drei

Der Bund der Drei

Titel: Der Bund der Drei
Autoren: Hans G Bentz
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>nervöser Hautreiz< bezeichnet. In meines Herzens tiefster Falte bin ich jedoch davon überzeugt, daß gewisse kleine Mitbewohner durch das Schütteln von ihren Schlafbäumen — sprich Haaren — gefallen sind und den Juckreiz erzeugten, weil sie sich erneut zu verankern suchten...
    Ich sehe diesen kleinen Verein und muß lachen. Die Furcht ist für einen Augenblick gewichen: Cocki ist wieder gesund! Ich lasse mich mit den Händen und Füßen auf dem Teppich nieder, krieche auf ihn zu und werfe dieses sich unentwegt juckende Fellpaket um. Da liegt er nun auf dem Rücken, die vier dicken Tatzen und die Beine mit den langen, seidigen Federn über sich. Jetzt dreht er den Kopf neckisch zur Seite und läßt die Zunge heraushängen.
    »O — o — o — o«, macht er, während er sich hin und her wälzt und mir dann eine der weichen Gummitatzen gegen den Mund drückt. Ich packe ihn am Hals, drücke ihn auf eine Stelle, wo der Teppich aufhört und der glatte Linoleumbelag freiliegt, und schiebe ihn auf dem Boden hin und her. »Alter Bohnerlappen«, sage ich dazu. Er findet das großartig und beißt mir spielerisch in die Hand.
    Weffi kommt: na, wird es wieder Radau geben? Steif und zurückhaltend beriecht er die Gegend zwischen Cockis ausgebreiteten Hinterbeinen, und dann richtet er sich an mir hoch und kratzt mich auf dem Rücken. Cocki hat ihn nur flüchtig und gleichgültig angesehen. Jetzt klirrt nebenan der Teewagen. Sofort ist er auf und drängelt gegen die Tür von Frauchens Schlafzimmer. Die Tür öffnet sich, er schießt hindurch, ist im nächsten Augenblick unter dem niedrigen Wagen und — brüllt mich an.
    »Na, Gott sei Dank«, sage ich, während ich Platz nehme, »er ist schon wieder unverschämt .«
    »Macht nichts«, sagt Frauchen und streichelt seinen hohen Kopf. Er verdreht die Augen gegen sie wie ein sterbender See-Elefant und läßt die Ohren ganz nach hinten hängen.
    »Im übrigen«, sage ich (warum tue ich es nur?), »müssen wir uns darüber klar sein, daß sich an der Situation im Grunde nichts geändert hat. Wir waren dabei, uns zu überlegen, wen von den dreien wir weggeben...«
    »Du kannst doch nicht erwarten, daß ich Cocki jetzt weggebe...«
    »Und du kannst doch nicht erwarten, daß ich mein kleines Holzpferdchen hergebe, das sich so rührend benommen hat .«
    »Rührend? Wieso?«
    »Na, hast du vergessen, daß er Cocki sein Bällchen zum Spielen unters Bett geworfen hat und wie er sich an der Couch hochrichtete und dem Dicken den Kopf streichelte ?«
    »Und Peterchen? Als unentwegte Schildwache bei seinem kranken Brüderchen? Und seine Traurigkeit, seine Verzweiflung? Kann man denn so was überhaupt auseinanderreißen ?«
    »Und wenn sie sich nun wieder prügeln? Und wenn nun das ganze Haus darüber in Unfrieden gerät und wir uns untereinander anschreien und man niemals mit ruhigem Gewissen wegfahren kann?«
    »Ach, was willst du denn, du siehst doch, sie vertragen sich !«
    »Ich trauendem Frieden nicht...«
    Und damit schneide ich entschlossen das erste Brötchen auf. Der Kaffee duftet, das Brötchen schmeckt, die Butter ist frisch, die Sonne fällt durch die dichten Ranken des Geißblattes am Fenster ins Zimmer. Und — Cocki ist gesund!
    »Weißt du«, sage ich nach einer Weile, »merkwürdig ist ja, daß sie sich im Augenblick wirklich vertragen! Sieh sie dir an: Peter und Weffi nebeneinander wie Max und Moritz, der Dicke hat ihnen nicht mal die Semmelkrume weggeschnappt, die du eben zu ihnen ‘rüberwarfst. Natürlich hat Peter sie gefangen, denn mein kleiner Dussel Weffi verpaßt so was ja...«
    Wir lachen, und Frauchen sagt: »Nun siehst du! Es wird schon gehen —aber, was ich sage, gilt ja hier nicht...« Sie sieht auf die Uhr und springt aus dem Bett: »Um Himmels willen, sind wir heute spät dran! Marsch, marsch, schnell zurechtmachen !«
    Die übliche Morgenprozession setzt sich in Bewegung, angeführt durch Frauchen im Nachthemd. Sie entnimmt der Holzkiste im Bad die Utensilien: bestehend aus einem Metallkamm, der Flasche mit Augenwasser, Bürste, Watte und Pinzette (für die Holzböcke). Ich setze mich auf die Kiste, um von dort die Zeremonie zu beobachten.
    Als erster kommt Peterchen, ganz krummgezogen, mit verdrehten Negeraugen. Den Schwanz hat er so eingeklemmt, daß es aussieht, als habe er überhaupt keinen. Er wirkt ungeheuer jammervoll und erbarmungswürdig. Im Vorübergehen leckt er mir flüchtig die Hand und gibt Frauchen, die sich schon niedergehockt hat,
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