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Der Bund der Drei

Der Bund der Drei

Titel: Der Bund der Drei
Autoren: Hans G Bentz
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neben mir pustet Weffi und zuckt mit den Pfoten im Schlaf, Peter atmet ruhig unter meiner Decke, und für ein paar Minuten genieße ich noch den Morgenfrieden, umhüllt von dem Leben meiner drei Freunde...
    Und dann wühlt sich eine Idee in mir hoch:
    Wie kam es eigentlich, daß sich die Lebenswege dieser Drei mit dem meinen vereinten? Erschreckend, wie gedankenlos man in den Tag hineinlebt und wie selten man dazu kommt, auf das zurückzuschauen, was bestimmt das Wichtigste ist, auf das eigene Leben und das der geliebten Wesen um uns.
    Diese Drei, diese heimlich von mir angebetete, unerzogene und hoffnungslos unerziehbare Bande von Individualisten — ja, wie kam ich eigentlich mit ihnen zusammen? Während ich mir das überlege, gerate ich mehr und mehr ins Staunen über das bunte Gewebe, welches vom Schicksal da geschaffen worden war...

    Ich rücke mich im Bett zurecht, kraule Weffis Bärtchen und lasse meine Erinnerung zurückwandern — sieben Jahre weit!

Cocki

    Eigentlich begann alles mit dem Tode des alten Puck . Er war mein erster Hund, ein Drahthaarfox, groß für seine Rasse, schneeweiß, nur mit einem braunschwarzen Ohrchen, stark, heißblütig, ein ritterlicher Raufbold und kleiner Gentleman. Fast dreizehn Jahre lang trabten wir Seite an Seite durch eine von Revolutionen und Kriegen zerrissene Welt. Eine flammende Bombennacht raubte uns unser Heim, und Jahre hindurch mußten wir den dornenvollen Weg des Mitleids gehen, bei Freunden unterkriechend, bei Bauern ein paar Abfälle und ein wenig Magermilch erbettelnd. Von vielen Schwellen wurde ich gewiesen, deinetwegen, mein Puck. Nie nahmst du Nahrung von einem Fremden, so verhungert du auch warst, mein Puck —. Wir hielten zusammen, und wir ließen uns nicht los. Wir quetschten uns in überfüllten Zügen, wir schliefen unter einer Decke, wir hungerten zusammen — meist. Und feierten Feste zusammen — manchmal.
    Auch das ging zu Ende. Der Friede kam, und ich hatte das Glück, dich noch einmal in Kalbsknochen und Bruchreis schwelgen und so richtig satt hinplumpsen zu sehen. Deine mageren Flanken füllten sich auf, du warst nicht mehr zu schwach zum Spielen, du schwammst wieder im See, du konntest wieder einen Alt-Herren-Galopp riskieren. Aber das Herz — dreizehn Jahre — einundneunzig Menschenjahre, und die bösen Jahre des Krieges dazu! Deine schönen, braunen Augen, die klugen, lustigen Fenster deiner Seele, trübten sich. Man stieß sich manchmal an Stuhl und Tisch, aber — was machte uns das aus? Wir hatten ja eine gute Nase und — wir waren zusammen! Aber es kam der Tag, wo du plötzlich von der Couch heruntersprangst und dich zu meinen Füßen niederkauertest. Und dann schriest du auf, mit einem fürchterlichen Schrei, fielst zur Seite, kämpftest, minutenlang, Minuten, die ebenso viele Ewigkeiten waren. In deiner Todesnot brachtest du es fertig, noch einmal meine Hand zu lecken — und dann warst du von dieser Welt gegangen. Ich blieb erstarrt neben dir auf den Knien, Stunde um Stunde. Der Himmel war über mir eingefallen.
    Wenn du mir solche Todesqual gibst, so ist sie wohl verdient, sagte ich, denn ich habe vieles getan in meinem Leben — wider besseres Gewissen — aus Feigheit — aus Erbärmlichkeit — aus Schwäche und aus Unaufrichtigkeit. Ich nehme den Todesschmerz gern an — als Sühne. Aber dieses arme und ganz reine Wesen — was hat es zu büßen mit seiner Qual?
    Wahrscheinlich gibt es eine Antwort darauf. Vielleicht ist der Tod das große Erwachen, das uns zeigt, wie lächerlich einfach alles zusammenhängt und wie sicher, wie richtig alles begründet ist, in dieser und — in jener Welt. Wir stehen vielleicht die ganze Zeit vor der gewaltigen Tafel, in die ein Gott die Lösungsformel grub, und wir können sie nur nicht lesen, weil wir zu nahe davor stehen und immer nur einen Teil eines einzigen Buchstabens sehen...? Es mag sein, daß diese Formel auch des Puckchens Todesqual in Weisheit klärt — aber bis heute kenne ich die Lösung nicht...
    Meine Gefährtin war von Pucks Tod so hart getroffen wie ich selbst. Wir hüllten ihn in eines der beiden Bettücher, die uns der Krieg gelassen, und trugen ihn bergauf bis zu einer kleinen Wiese, die er besonders liebte. Der Felsen ragt dahinter auf, mehr als zweitausend Meter hoch. Manchmal fliegen Adler um seine vergletscherten Türme, die meist in Wolken brodeln. Dort, zu Füßen des ungeheuren Wächters, begruben wir ihn, unsern Puck...

    Das Schicksal führte uns bald darauf in
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