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Der Bund der Drei

Der Bund der Drei

Titel: Der Bund der Drei
Autoren: Hans G Bentz
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Seine Augäpfel waren blutunterlaufen —. Wie lange würde er es aushalten? Manchmal schien sich das Licht in den Löwenaugen zu trüben und sich schon der Schleier des Todes zu zeigen. Einmal, als ich mich wieder von ihm lösen wollte, legte er mir eine glühheiße Tatze mit einer lahmen, müden Bewegung auf die Hand. Da blieb ich vor ihm knien, streichelte ihn, sprach mit ihm, wohl eine halbe Stunde lang. Und meine Liebe schien sich in fast mystischer Weise ihm mitzuteilen, er legte sich bequem, streckte die Läufe weit von sich und begann einzuschlafen. Mir war es fast, als ginge nun sein Atem gleichmäßiger.
    Ich stand behutsam auf, war ganz steif geworden. Weffi sprang von der Couch herunter, schüttelte sich und winkte mir mit seinen Augen erwartungsvoll zu. Peterchen sah zwischen mir und Cocki hin und her und sortierte seine Fliegenbeine. Die zwei mußten ja schließlich mal aufs Gäßchen! Seltsam, Weffi kläffte nicht, als ich die Brillen wechselte und die Tür öffnete. Nur einmal lief er schnell zu Cocki zurück und machte leise und fragend: »Weff !« , und Peterchen tatzte nach dem Gesicht seines kranken Bruders: »Na, willst du nicht mitkommen, Cockchen?« Er machte aber nur eins seiner verschleierten Augen auf und ächzte. So gingen wir denn ohne ihn...
    Weffi ratterte vor mir her die Treppe ‘runter, Peterchen folgte mir zögernd, den Schwanz eingeklemmt, mit hängendem Köpfchen. Vor dem Haus blieb ich stehen und sah mich um. Alles war wie sonst — und doch war alles anders! Die Glaswand des Grams hatte sich zwischen mich und die wirkliche Welt geschoben. Weffi, in jubelnder Freude an der Bewegung, zog laut trompetend Achten über den Damm.
    Peter hob tief melancholisch das Beinchen an der Mauer und blickte derweilen abwesend und ziemlich verächtlich nach dem gegenüberliegenden Zaun, hinter dem die Grey-Hündin Viola nach seiner Gunst seufzte und die dünne, lange Schnauze durch die Latten steckte. Jetzt kam Weffi vorbeigeschossen: »Wurr-wiff-wiff !« machte er Peter ins Ohr (»Mensch, komm, laß uns tollen, man kann doch nicht immer Trübsal blasen!«). Peter aber, wie stets seit der großen Prügelei, antwortete ihm mit einem wütenden Röhren, und dann ging auch schon seine schlechte Laune mit ihm durch, er packte mit einem schnellen, giftigen Biß Weffi am Kinnladen, daß er den Kopf nicht drehen und zurückbeißen konnte. Weffi ging sofort in die Knie, warf sich dann — oder fiel, das konnte ich nicht unterscheiden — auf den Rücken. Dadurch kam Peter ins Stolpern, und im nächsten Moment steckte sein rechtes Vorderbein in Weffis feuchten Rachen. Peter stieß einen grellen Jammerschrei aus und fuhr zurück. Weffi schnellte hoch und saß Peter im Nacken, seinen Kopf nach Foxlart wütend hin und her schüttelnd und im Fell des Feindes fetzend. Peters Geschrei wurde herzzerreißend, seine Augen traten aus dem Kopf und schienen in den untersten Abgrund des Grauens zu blicken. Er versuchte sich in konvulsivischen Bewegungen zu befreien, und endlich gelang es ihm auch. Mit gefletschten Zähnen standen sie nun Schnauze gegen Schnauze, beide gleich groß, schwarz und weiß.
    »Siehste«, sagte ich zu Peter, »jetzt seid ihr zwei wieder quitt, das kommt davon! Und du, Weffi, albernes Holzpferd, stell jetzt deine Knurre ab !«
    Ich sah hoch, oben, hinter dem Fenster meines Zimmers, erschien schemenhaft in der spiegelnden Scheibe ein Löwenkopf: »Da seht ihr, was ihr macht, euer armes krankes Brüderchen habt ihr aufgeschreckt. Jetzt aber marsch, und kein Wort mehr!«
    Peter aber wollte sich mit seinem scheelen Blick über die Schulter in den Garten zurückschleichen, doch mit einem schnellen Griff schlug ich ihm die Tür vor der Nase zu. »Nein, jetzt wird mitgelaufen, und es wird sich schön mit Weffi vertragen, verstanden !«
    Er hatte es verstanden, denn ein paar Minuten später trabten die beiden vor mir her, Seite an Seite. Irgendwie schien eine alte Rechnung zwischen ihnen ausgeglichen zu sein. Aber überall lief der Schatten unseres kleinen Löwen mit uns: da, durch diese Zaunlücke war er immer gesprungen und hatte die Mülltonnen revidiert. Eine seltsame Familie mit vielen Kindern wohnte dort, die die Angewohnheit hatte, Abfälle in großen Pappkartons vor die Garageneinfahrt zu stellen. Jetzt entsann ich mich plötzlich, wie ich einmal Cocki stundenlang gesucht hatte und zum Schluß, schon ganz verzweifelt, an diesem Grundstück vorübergekommen war und nach ihm rief. Da sprang er,
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