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Der blaue Mond

Der blaue Mond

Titel: Der blaue Mond
Autoren: Alyson Noël
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bringen.
    Doch gerade als sie ihr Täschchen vor mir fallen lässt in der Hoffnung, mich dadurch richtig demütigend aufs Gesicht fallen zu lassen, sehe ich die Tasche nach oben fliegen und spüre, wie sie direkt gegen ihr Knie knallt. Und obwohl ich den Schmerz auch fühle, bin ich trotzdem froh, dass ich es getan habe.
    »Auuu!«, jault sie, reibt sich das Knie und funkelt mich an, obwohl sie keinerlei greifbare Beweise dafür hat, dass ich irgendwie dafür verantwortlich bin.
    Ich ignoriere sie einfach und setze mich an meinen Platz. Inzwischen bin ich schon besser darin, sie zu ignorieren. Seit sie dafür gesorgt hat, dass ich wegen Trinkens auf dem Schulgelände vom Unterricht suspendiert wurde, habe ich mein Möglichstes getan, ihr aus dem Weg zu gehen. Aber manchmal - manchmal kann ich es einfach nicht lassen.
    »Das hättest du nicht tun sollen«, flüstert Damen und versucht, einen strengen Blick aufzusetzen, während er sich an mich lehnt.
    »Bitte. Du bist doch derjenige, der will, dass ich Manifestieren übe.« Ich zucke die Achseln. »Offenbar zahlen sich die Lektionen endlich aus.«
    Er sieht mich kopfschüttelnd an. »Dann ist es ja sogar noch schlimmer, als ich dachte, denn - nur zu deiner Information - das, was du gerade gemacht hast, war Psychokinese, nicht Manifestieren. Begreifst du, wie viel du noch lernen musst?«
    »Psycho- was?« Ich blinzele, da mir der Begriff neu ist, doch die Ausführung hat Spaß gemacht.
    Er nimmt meine Hand, und ein Lächeln umspielt seine Mundwinkel, während er weiterspricht. »Ich habe mir überlegt ...«
    Ich schaue auf die Uhr, sehe, dass es schon fünf nach neun ist, und weiß, dass Mr. Robins erst in diesem Moment das Lehrerzimmer verlässt.
    »Freitagabend. Was hältst du davon, wenn wir da irgendwo ... ganz Besonderes hingehen?« Er lächelt.
    »Wie zum Beispiel ins Sommerland?« Ich bekomme große Augen, während sich mein Pulsschlag beschleunigt. Ich habe Sehnsucht nach diesem magischen, mystischen Ort. Die Dimension zwischen den Dimensionen, wo ich Ozeane und Elefanten manifestieren kann und wesentlich größere Dinge bewegen kann als zum Wurfgeschoss umfunktionierte Prada-Taschen - aber ich brauche Damen, um dorthin zu gelangen.
    Doch er lacht nur und schüttelt den Kopf. »Nein, nicht ins Sommerland. Irgendwann gehen wir natürlich wieder hin, ich versprech's. Aber ich dachte eher an etwas wie, ich weiß nicht, das Montage oder das Ritz vielleicht?« Er zieht die Brauen hoch.
    »Aber Miles' Stück hat am Freitag Premiere, und wir haben ihm versprochen zu kommen!«, entgegne ich und begreife erst in diesem Moment, dass ich Miles' Debüt in Hairspray praktischerweise völlig vergessen hatte, als ich mir wünschte, ins Sommerland zu reisen. Doch jetzt, da Damen sich in einem der nobelsten Hotels der ganzen Gegend einmieten will, kehrt die Erinnerung schlagartig zurück.
    »Okay, wie wär's dann nach der Aufführung?«, bietet er an. Doch als er erkennt, wie ich zögere, wie ich die Lippen zusammenpresse und nach einer Möglichkeit suche, höflich abzulehnen, meint er nur: »Oder auch nicht. War nur so eine Idee.«
    Ich sehe ihn an und weiß, dass ich akzeptieren muss, dass ich akzeptieren will. Ich höre die Stimme in meinem Kopf schreien: Sag ja! Sag ja! Du hast dir selbst versprochen, den Sprung nach vorn zu wagen, ohne auch nur einmal zurückzublicken, und hier kommt deine Chance - also gib dir einen Ruck und tus! SAG! EINFACH! JA!
    Und obwohl ich davon überzeugt bin, dass es an der Zeit ist weiterzugehen, obwohl ich Damen aus ganzem Herzen liebe und fest entschlossen bin, seine Vergangenheit zu ignorieren und den nächsten Schritt zu tun, kommt aus meinem Mund etwas völlig anderes.
    »Mal sehen«, sage ich, wende den Blick ab und konzentriere mich auf die Tür, genau in dem Moment, als Mr. Robins hereinkommt.
     

VIER
    Als es endlich zum Ende der vierten Stunde läutet, stehe ich auf und gehe vor zu Mr. Munoz.
    »Bist du sicher, dass du schon fertig bist?«, fragt er und sieht von einem Stapel Blätter auf. »Du kannst dir ruhig noch eine Minute Zeit lassen.«
    Ich überfliege mein Prüfungsblatt und schüttele den Kopf. Dabei frage ich mich, was er wohl tun würde, wenn er je erführe, dass ich ungefähr fünfundvierzig Sekunden, nachdem er es ausgeteilt hat, fertig geworden bin und die nächsten fünfzig Minuten nur so getan habe, als hätte ich zu kämpfen.
    »Ich bin fertig«, sage ich, und das stimmt auch. Einer der Vorteile meiner übersinnlichen
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