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Der 18 Schluessel

Der 18 Schluessel

Titel: Der 18 Schluessel
Autoren: Birgit Fiolka
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gesprungen.
     
    Während sie fiel, fuhr der kalte Wind durch ihre Kleider. Obwohl die Engelsbrücke nicht sehr hoch war, kam es ihr unendlich lang vor, bis sie in den eisigen Fluss eintauchte. Über sich sah Eliana, wie der Naphil ihr vom Brückengeländer aus hinterher sah. Als das kalte Wasser des Tiber wie Nadelspitzen in ihre Haut eindrang, zwang sich Eliana zu schwimmen. Sie sah nicht noch einmal hoch zur Brücke, denn sie wusste sie würde es hören, wenn der Naphil ihr hinterher sprang. Doch nichts dergleichen geschah. Eliana paddelte mit Armen und Beinen, um sich im kalten Wasser beweglich zu halten. Von der Brücke vernahm sie die Schreie einiger Passanten, die ihren Sprung vom Porte St Angelo aus beobachtet hatten und nun auf die Brücke gerannt waren. Sie riefen ihr aufgebracht Sätze auf Italienisch zu, wahrscheinlich, dass sie ans Ufer schwimmen sollte. Genau das hatte sie vor, jedoch nicht hier. Die Strömung des Tiber würde sie hoffentlich von Helel forttragen ... und Eliana betete darum, dass sie nicht so stark wurde, dass sie dabei ertrank.
    Doch der Fluss war gnädig und spülte sie in annehmbarer Geschwindigkeit durch die Brückenbögen hindurch. Eliana zwang sich dazu, nicht gegen die Strömung anzukämpfen. Erst jetzt wagte sie einen Blick zurück zur Brücke. Sie konnte Helel nicht mehr sehen. Vielleicht hatte er aufgegeben – dieses Mal zumindest.
    Bereits nach wenigen Metern spürte Eliana, wie ihre Zähne vor Kälte klappernd aufeinander schlugen. Lange würde sie es nicht mehr im Wasser aushalten. Schon spähte sie in Richtung des rettenden Tiberufers und bewegte mechanisch Arme und Beine. Jetzt wurde es anstrengend, und sie spürte, dass der Fluss nicht gerne hergab, was er bereitwillig angenommen hatte.
    Als sie auf der rechten Seite einen flachen grünen Uferstreifen entdeckte, wusste Eliana, dass dies eine gute Stelle war. Sie kämpfte, schaufelte braunes Flusswasser mit ihren Armen und stellte erleichtert fest, dass sie dem Ufer tatsächlich näher kam, wenn auch mühsam und unter größter Anstrengung. Nach etwa dreiminütigem Kampf war es geschafft. Eliana spürte festen Boden unter den Füßen und kroch klatschnass auf allen Vieren aus dem Wasser, wo sie sich erschöpft auf das Gras fallen ließ. Es war kalt ... sie zitterte in ihren nassen Sachen, und es schneite noch immer. Keuchend lag sie auf dem Rücken und wandte den Kopf, um nach Menschen Ausschau zu halten, die ihr helfen konnten. Doch weit und breit war niemand zu sehen. Eliana wusste, dass sie unbedingt ins Warme musste, und sie brauchte trockene Kleidung.
    Gerade wollte sie aufstehen, als etwas Hartes ohne Vorwarnung ihr Gesicht traf. Es fühlte sich an wie ein prasselnder Eisregen. Mechanisch hob sie ihre Hand zum Gesicht und fuhr darüber. Alles war verschwommen, und ihre Hand voller Blut. Erneut versuchte Eliana aufzustehen, doch schon wieder traf sie der prasselnde Eisregen, jetzt sogar mehrmals hintereinander. Ihr Kopf begann sich zu drehen, dann wurde auf einmal alles leicht um sie herum. Eliana schwebte und spürte das nasse Gras des Ufers nicht mehr in ihrem Rücken.
    In einem wachen Moment gelang es ihr, die Augen zu öffnen, und sie sah den Naphil mit einem blutigen Stein in der Hand über ihr stehen. Er grinste, und Eliana hörte seine Stimme wie von weit her sagen: „Jetzt darfst du meinetwegen im Tiber ersaufen!“
    Kurz darauf schlug das schmutzige Wasser des Tiber erneut über ihr zusammen. Eliana ahnte, dass der Naphil sie zurück ins Wasser geworfen hatte und spürte im gleichen Augenblick, dass sie unterging ... tiefer und tiefer sank, als befände sie sich in einem Fahrstuhl geradewegs zur Hölle. Ich muss kämpfen ... befahl sie sich selbst, obwohl sie gar nicht in der Lage war, auch nur einen Arm zu bewegen. Der Wasserdruck auf ihren Ohren wurde unangenehm. Gib auf ... es ist zu spät ... Eliana öffnete ihren Mund und wollte etwas sagen, dabei ließ sie das eisige Wasser ihre Lungen füllen ... ein kurzer Stich, ein Schmerz, der durch ihren gelähmten Körper ruckte ... dann wurde es angenehm warm und dunkel um sie herum.
     
    Eliana ... du musst aufwachen ...!
    Nein! Sie wehrte sich gegen die Störung. Ihr war gerade so leicht ums Herz geworden. Die Stimme klang freundlich, aber Eliana fühlte sich belästigt. Alles war so wunderbar friedlich - ein Wiegenbett aus Wellen, das sie sanft schaukelte. Die Stimme sollte schweigen. Etwas berührte ihren Arm, packte und umfing sie. Eliana riss die Augen
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