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Denn Gruen Ist Der Tod

Titel: Denn Gruen Ist Der Tod
Autoren: Nigel McCrery
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PROLOG
    In Northwick passierte nie etwas Aufregendes. Es war eines von diesen ruhigen Dörfern, in denen stets alles seinen gewohnten Gang geht. Einer jener Orte, die man während der Fahrt zu einem verlockenderen Ziel passiert, ohne eigentlich Notiz von ihnen zu nehmen. Sogar seine Kirche war langweilig und uninteressant und lockte nur selten Besucher an, obwohl die Grafschaft ansonsten für ihre Kirchen berühmt war.
    Nachdem monatelang Trockenheit geherrscht hatte, brachte der nun einsetzende Regen endlich die ersehnte Erleichterung. Die schweren Tropfen prallten von den roten Dachziegeln ab, das Wasser schoss durch die Dachrinnen und Abflussrohre und riss den Staub und Ruß mit sich, der sich über die Sommermonate dort angesammelt hatte, bevor es über die Straßen und Gehsteige flutete und den Schein der Straßenlaternen in schimmernden Lachen spiegelte.
    Constable Morris Jay stand gelassen unter einer alten Eibe, deren über die Friedhofsmauer ragende Äste ihm vorübergehend Schutz vor dem erbarmungslos niedergehenden Wolkenbruch gewährten. Er beobachtete, wie das Wasser dicht vor seinen Augen vom Rand seines Helms tropfte, als die Kirchturmuhr Viertel vor schlug. Er sah auf seine Uhr: Viertel vor zwei. Vor seiner Rückkehr aufs Revier blieb ihm gerade noch genug Zeit, die letzten paar Läden weiter oben auf der Straße zu kontrollieren. Dann würde er endlich die nassen Kleider ablegen und die Geheimnisse seiner Brotbox erkunden können.
    Obwohl er schon seit fast fünfundzwanzig Jahren im Schichtdienst arbeitete, hasste Constable Jay die Nachtdienste immer noch; sie hatten so etwas Unnatürliches an sich. Nächte waren für warme Betten mit anschmiegsamen Frauen darin gedacht, nicht für kalte Füße auf hartem Pflaster. Als ein greller Blitz durch den Himmel zuckte und der Donner direkt über ihm grollte, rückte er den aufgestellten Kragen seines Regenmantels noch einmal zurecht, zurrte den Kinnriemen seines Helms fest und verließ seinen grünen Unterschlupf.
     
    Auch das letzte bisschen Kraft, das Mark James noch in sich verspürt hatte, wurde mit dem Sturz aus ihm herausgeprügelt. Er lag auf dem Rücken, blinzelte in den Regen, der über sein Gesicht und seine Lippen strömte, und atmete schwer. Sein Brustkorb hob und senkte sich mit jedem rasselnden Atemzug. Die Angst hatte seinen Mund ausgetrocknet und er war plötzlich sehr durstig. Er leckte seine Lippen, nahm mit der Zungenspitze die Wassertropfen auf und ließ sie in seinen Rachen rinnen. Das brachte für einen kleinen Moment Erleichterung. Er brauchte Zeit, Zeit zum Nachdenken, um dahinter zu kommen, was geschehen war. Eigentlich war doch alles glatt über die Bühne gegangen. Wie war man ihm nur so schnell auf die Schliche gekommen? Er fragte sich, ob es nicht ein schwerer Fehler gewesen war, Bird noch ein zweites Mal über den Weg zu laufen. Normalerweise wusste er, wann es Zeit wurde aufzuhören, aber diesmal schien er einen Fehler gemacht zu haben. Er war zu weit gegangen und jetzt lief er buchstäblich um sein Leben.
     
    Er hatte keine Angst gehabt, als das Auto herangerollt war. Es war alles genau so abgelaufen, wie in dem Brief beschrieben. Der Wagen hatte angehalten und die verabredeten Lichtzeichen gegeben, zweimal kurz und einmal lang. Das Einzige, was er etwas merkwürdig gefunden hatte, war der Treffpunkt. Denn eigentlich zog er es vor, wie eine Motte um die strahlenden Lichter der Stadt zu schwirren.
    Von Northwick hatte er noch nie vorher gehört, obwohl er sein ganzes Leben in der Grafschaft Cambridgeshire verbracht hatte. Es war für ihn ein nichts sagender, weit abgelegener Ort mitten auf dem Land, genau so eine Art von Dorf, wohin sich die Leute zurückzogen, wenn sie in Rente gingen und starben. Er hoffte, er würde Northwick nie wiedersehen. Aber der Mann hatte gewiss seine Gründe, ausgerechnet diesen Ort auszuwählen, und welche es auch sein mochten, ihm, Mark, sollte es recht sein.
    Am Anfang war Mark überrascht gewesen. Der Mann hatte nicht so ausgesehen, als würde er sich mit Drogengeschäften abgeben, aber wer sah schon so aus? Die Ware war von hervorragender Qualität – das Beste, was er seit langem gesehen hatte. Und sie war günstig, also hoffte er, sie schnell weiterverkaufen und einen ordentlichen Profit erzielen zu können.
    Da Mark sich sicher gefühlt hatte, war er aus seinem Versteck herausgetreten und durch den Regen auf den alten Sportwagen zugegangen. Schönes Auto, hatte er gedacht, groß und
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