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Denn Gruen Ist Der Tod

Titel: Denn Gruen Ist Der Tod
Autoren: Nigel McCrery
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Ihre Blicke trafen sich für einen Moment, bevor Sam dem seinen irritiert auswich. Adams weidete sich sichtlich an ihrer Verlegenheit und starrte sie noch ein bisschen länger an.
    Er hatte Sam kennen gelernt, als sie im letzten Jahr zur Klärung des Ross-Mordes herangezogen worden war. Es war ein verzwickter Fall gewesen und wenn sie damals nicht den ausschlaggebenden Beweis erbracht hätte, wäre es ihnen möglicherweise nicht gelungen, den Mörder dingfest zu machen. Tom Adams hatte nie wirklich verstanden, warum sie den Großstadtlichtern Londons den Rücken gekehrt hatte und in das auf kriminellem Gebiet vergleichsweise rückständige Cambridge gekommen war. Das war zwar ihre Sache, aber er würde es schon irgendwann herausfinden. Er hatte sie vom ersten Augenblick an gemocht, doch sie hatte ihre Zusammentreffen immer strikt auf das Berufliche beschränkt und ließ ihn zuweilen sogar ziemlich links liegen. Auf dem Revier wurde sie »die eisige Jungfrau« genannt, was er für reichlich übertrieben hielt. Sie war nicht hübsch im landläufigen Sinne – sie hatte keine langen blonden Haare und keinen silikonverstärkten Busen –, aber sie hatte das gewisse Etwas. Manche Frauen, dachte er bei sich, besaßen einfach eine unerklärliche Anziehungskraft. Sam war nicht besonders groß, aber schlank, sie hatte wunderbare Proportionen, ein attraktives Gesicht und die ausdrucksvollsten, sanftesten braunen Augen, die ihm je begegnet waren. Und sie war intelligent, was sie noch anziehender für ihn machte. Er hatte als Heranwachsender noch eine jener alten weiterführenden Schulen besucht, in denen intellektuelle Fähigkeiten unterschätzt und oftmals sogar erstickt wurden. Auf die meisten Jungen wartete nach der Schulzeit eine Lehrstelle, an denen damals noch kein Mangel herrschte. Aber keine dieser Stellen hatte ihm zugesagt und so war er schließlich in der Polizeischule gelandet. Für ihn war es ein Schritt nach oben gewesen, durch seinen Beruf fühlte er sich der Mittelschicht zugehörig, als ein respektables Mitglied des Establishments, und ihm hatte die Arbeit immer Spaß gemacht. Während seiner Schulzeit hatte er eine Verabredung mit einem der Mädchen vom Gymnasium immer als absolutes Highlight betrachtet und er war auch des öfteren mit einer von ihnen ausgegangen, doch daraus hatte sich nie etwas ergeben. In der Regel hatten sie irgendwann einen von den Typen geheiratet, die dann später Filialleiter einer Bank, Buchhalter oder Geschäftsführer wurden. Aber Träume waren immerhin noch erlaubt. Er war ehrgeizig und schlau genug gewesen, die Möglichkeiten der Erwachsenenbildung zu nutzen, und hatte festgestellt, dass ihm das Lernen in der zweiten Runde viel leichter fiel und dass es lohnender war. Plötzlich merkte er, dass er Sam länger als eigentlich beabsichtigt anstarrte. Er drehte den Kopf weg und richtete seinen Blick wieder in den Gerichtssaal.
    »Doktor Ryan, würden Sie bitte Ihre Aussage machen?«, sagte George Allan mit fester Stimme quer durch den Raum.
    Sam, die immer noch etwas irritiert und verärgert über Adams aufdringlichen Blick war, hatte den Vorgängen im Saal keine Aufmerksamkeit geschenkt. Allans Aufforderung erwischte sie unvorbereitet. Hastig sammelte sie ihre Notizen zusammen und ging zum Zeugenstand hinüber. Sie kannte die Prozedur nur allzu gut. Sie legte eine Hand auf die Bibel und sprach den Eid, wie sie es schon hundertmal getan hatte; sie brauchte dazu niemanden, der ihr soufflierte. Als sie den Schwur geleistet hatte, sah sie den Vorsitzenden Richter an. Er nickte ihr zu und sie fuhr fort.
    »Doktor Samantha Ryan. Ich bin Bakkalaureus der Medizin und Mitglied des Royal College of Pathologists. Ich habe ein Diplom in Gerichtsmedizin und arbeite als beratende Pathologin des Innenministeriums sowie als Dozentin an der Universität von Cambridge. Zur Zeit bin ich im Park Hospital als gerichtsmedizinische Gutachterin angestellt.«
    Allan sah sie an. »Danke, Doktor Ryan.«
    Er warf einen prüfenden Blick auf seine Notizen, bevor er Sam wieder über den Rand seiner Lesebrille hinweg anschaute. »Polizeiarzt Doktor Owen stellte am Fundort angesichts des fortgeschrittenen Stadiums der Leichenstarre fest, dass der aufgefundene Mann bereits …« Als hätte er es vergessen, blickte er noch einmal auf seine Notizen und las ab. »… sechs bis acht Stunden tot gewesen sein musste.« Dann richtete er sich wieder an Sam. »Ihrem Bericht, Doktor Ryan, entnehme ich, dass Sie da ganz anderer
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