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Denn Gruen Ist Der Tod

Titel: Denn Gruen Ist Der Tod
Autoren: Nigel McCrery
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fest verschlossen – man brauchte einen Bulldozer, um sie aufzubrechen. Constable Jay atmete erleichtert auf. Es war ein ruhiger Abend gewesen, und so war es ihm am liebsten. Er freute sich schon darauf, die Füße in der Kantine hoch legen zu können und sein Sandwich zu essen, während seine Uniform an der warmen Heizung trocknete. Er beendete seinen Kontrollgang und machte sich auf den Weg zurück zum Revier.
     
    Mark wusste, dass sein Mund sich bewegte. Ja, ganz sicher, er spürte es doch. Und auch sein Verstand sagte ihm, dass er laut rief, aber er konnte nichts hören. Der Polizist reagierte auch nicht, rüttelte nur an einer Tür und leuchtete mit der Taschenlampe in ein Gebäude. Mark versuchte es erneut, seine Augen traten hervor und sein Gesicht rötete sich vor Anstrengung, aber jetzt fühlte er, wie sich seine Welt immer tiefer in einen langen schwarzen Tunnel hineindrehte, und er konnte nichts dagegen tun. Er spürte seinen Mund nicht mehr, und seine Zunge reagierte nicht auf die Befehle seines Gehirns. So als würde er von einem großen Gewicht zu Boden gedrückt, knickte er in den Beinen ein und fiel auf die Knie. Er versuchte noch, sich an dem Friedhofstor fest zu halten, aber seine Arme waren bleischwer. Kraftlos kippte er ins Gras. Von der Straße durch die Friedhofsmauer abgeschirmt, lag Mark reglos da und sah durch die Äste einer alten Eibe in den Himmel. Er fühlte eine seltsame innere Ruhe, fast, als wäre er mit sich in Frieden. Er fragte sich, was Frances wohl denken würde, wenn er nicht auftauchte. Es wäre das erste Mal in seinem ganzen Leben, dass er sie enttäuscht hätte. Ein dunkler Schatten schob sich langsam über sein Gesicht und Mark fühlte, dass seine letzte Stunde geschlagen hatte.
     
    Constable Jay wurde von einer Bewegung aufgeschreckt. Er fuhr herum und starrte durch den Regen zur Kirche hinüber, aber er konnte nichts erkennen. Er sah auf seine Uhr: fünf vor zwei. Wenn er sich jetzt nicht beeilte, käme er zu spät. Die anderen würden ohne ihn anfangen und der Tee wäre schon bitter. Er sagte sich, dass da sicher nichts gewesen sei, irgendein Tier höchstens, sonst nichts. Im Dorf war seit Jahren nichts Schlimmes passiert, nicht einmal ein Einbruch, also konnte es nicht von Bedeutung sein. Er warf noch einmal einen prüfenden Blick über die Straße, um sein Gewissen zu beruhigen. Dann sah er sie. Wie ein großer schwarzer Schatten sprang sie soeben auf die Friedhofsmauer, lief unter das Laubdach desselben Baumes, unter dem auch er vor kurzem Schutz gesucht hatte, duckte sich und starrte zu ihm herüber. Jay kannte sie, es war die Katze des Totengräbers, aber er war überrascht, dass sie noch draußen umherlief, er hatte sie für schlauer gehalten. Constable Jay grinste, drehte sich um und ging davon.
    Mark James wurde langsam vom Tor zurück auf den Friedhof geschleift. Seine Augen waren noch geöffnet. Der Regen fiel auf seine ungeschützten Pupillen, rann über die verzerrten Gesichtszüge seines Mörders und ließ dessen Antlitz verschwimmen.

1
    Samantha Ryan ließ ihren Blick durch das alte Schiedsgericht von Ely schweifen. Es war über einen Monat her, seit man Andrew Stringers Leiche hinter der Cromwell-Bibliothek des St. Steven's College gefunden hatte, und jetzt sollte sie ihre Aussage zu diesem eher bizarren Tod machen. Sie genoss ihre Besuche in Ely und zog sie auf jeden Fall den behelfsmäßigen gerichtlichen Untersuchungen vor, die im mit Plastik- und Chromsesseln ausgestatteten Sitzungsraum Nr. 3 des Park Hospitals abgehalten wurden, um die Todesursache eines Mordopfers zu ermitteln. Dies hier war ein Ort, der des Gesetzes würdig war. Die getäfelten Decken und die massiven Holzbänke atmeten förmlich Gerechtigkeit und von den alten Gemälden, die an den mit Eichenholz verkleideten Wänden hingen, sahen längst verstorbene Richter gleichermaßen gebieterisch auf Unschuldige wie Schuldige herab.
    Sam nahm den Raum in sich auf und richtete ihre Aufmerksamkeit dann auf die anderen Zeugen, die sich im Gerichtssaal versammelt hatten. Sie ließ ihren Blick von Gesicht zu Gesicht wandern und betrachtete jedes eingehend, bevor sie sich dem nächsten zuwandte. Sie fragte sich, welche Rolle diese Leute in Stringers Leben gespielt hatten – und, wichtiger noch, bei seinem Tod. Auch Detective Superintendent Harriet Farmer war da; neben ihr der Polizeiarzt Dr. Richard Owen und Detective Inspector Tom Adams. Als sie ihn ins Visier nahm, schaute er zu ihr herüber.
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