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Al Wheeler und die Callgirls

Al Wheeler und die Callgirls

Titel: Al Wheeler und die Callgirls
Autoren: Carter Brown
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1
     
    Hinter dem Bald Mountain — etwa
fünfzehn Kilometer außerhalb Pine Citys und mitten im Dienstbezirk des
County-Sheriffs — liegt Vista Valley. Früher einmal war es nichts als eine
üppige grüne Wildnis gewesen, aber nun ist es mit großen Grundstücken und
Häusern übersät, die zu bauen eine Menge üppiger Banknoten verschlungen hat.
Eines der größten Grundstücke ist das Kuttersche.
    Ich summte mit meinem
funkelnagelneuen Wagen in erlaubtem Neunzigmeilentempo die gewundene Straße
entlang, während ich mir das, was ich über Nicholas Kutter wußte, durch den
Kopf gehen ließ. Ein Grundstücksmakler, der mit ein paar hundert Acres
Buschland eingefangen und sie mit großer Geschicklichkeit in einen belebten
Vorort verwandelt hatte — komplett mit Doppelgaragen und einem trübseligen
Dasein in auf verschiedenen Ebenen gebauten Häusern für die unglücklichen
Käufer —, um sich dann nie mehr darum zu kümmern. Es gab Leute, die ihn »Old
Nick« nannten und dabei keineswegs lächelten. Hier war es mit meinem
Erinnerungsvermögen zu Ende. Was gab es auch schon über einen Burschen zu
berichten, der mich eben aus dem Bett gezerrt hatte, weil er so rücksichtslos
gewesen war, sich mitten in der Nacht ermorden zu lassen.
    Das Haus selbst stand
wenigstens vierhundert Meter hinter dem Bronzetor, das in die hohe
Backsteinmauer eingelassen war, die das gesamte Grundstück umschloß, und war
strikt in südlichem Kolonialstil gehalten, riesig und mit kunstvollen weißen
Säulen. Im ersten Stock lief ein Balkon die ganze Breite der Vorderseite
entlang, und aus sämtlichen großen Fenstern drang Licht heraus. Ich hielt neben
einem Polizeistreifenwagen und stieg die breiten Stufen empor, die zum Eingang
führten. Nachdem ich auf den Klingelknopf gedrückt hatte, wartete ich einen
Augenblick lang auf das Erscheinen einer jungen und vitalen Scarlett O’Kutter,
die mir mit einem Ausdruck atemloser Erwartung auf dem Gesicht die Tür öffnete
— aber wer auftauchte, war Sergeant Polnik.
    »Lieutenant Wheeler?« Nach dem
Ausdruck seines primitiven Gesichts zu schließen, war ich der letzte Mensch,
den er erwartet hätte. »So ein Mist, was? Ich meine, daß man Sie so aus dem
Bett geholt hat. Wie?«
    »Die Pflicht ruft«, sagte ich.
»Sheriff Lavers hat mir ins Ohr gebrüllt wie ein liebeskranker Zuchtbulle. Und
da mir nichts über Arbeit geht, bin ich herbeigeeilt.«
    »Wollen Sie die Leiche sehen,
Lieutenant?«
    »Nein«, sagte ich
wahrheitsgemäß. »Aber ich muß es wohl.«
    Ich trat in die Diele, die mir
groß genug schien, um einen ganzen Gesangverein beherbergen zu können. Auf der
einen Seite der Diele war eine Wendeltreppe, die sich nach oben schraubte, als
führte sie geradewegs ins Weltall. Hin und wieder bin ich durch gewisse Dinge,
die man mit Geld erwerben kann, frappiert, aber im Augenblick blieb ich
gelassen. Das Kuttersche Haus war keinesfalls mein Stil. Bei seiner
Geräumigkeit hätte sich eine Blondine eine Woche lang verstecken können, ohne
daß ich die geringste Chance gehabt hätte, sie zu finden. Eine kompakte Bude
wie die meine — mit Hi-Fi-Gerät und einer Riesencouch ausgestattet —, hat
entschieden ihre Vorteile.
    »Die Leiche liegt in der
Bibliothek«, erinnerte mich Polnik.
    »Bibliothek?« murmelte ich.
    »Das ist der Raum, wo die
Bücher sind.« Sein Gesicht leuchtete in bescheidenem Stolz. »Ich hätte gedacht.
Sie wissen das, Lieutenant.«
    »Wahrscheinlich liegt das
daran, daß ich keinen solch wissensdurstigen Geist habe wie Sie, Sergeant«, gab
ich bescheiden zu. »Wollen Sie vorausgehen?«
    Ganz wie er gesagt hatte, war
die Bibliothek der Raum, in dem die Bücher waren. Außerdem war es ein Raum mit
einer Leiche darin, die ausgestreckt, das Gesicht nach unten, vor einem
Schreibtisch mit lederbezogener Platte auf einem Perserteppich lag. Die Leiche
trug einen blauseidenen Morgenrock über einem dazu passenden Pyjama und war die
eines Mannes von schätzungsweise Mitte Fünfzig. Der Mörder, der ihn umgebracht
hatte, hatte gründliche Arbeit geleistet; sein Hinterkopf war eine einzige
breiige Masse. Die Mordwaffe lag neben der Leiche auf dem Teppich — ein schön
gearbeiteter Bronzekopf, an dessen Sockel überall Blut und Haare klebten. Ich
warf, um einmal die Ansicht zu wechseln, Polnik einen kurzen Blick zu und
stellte fest, daß sein Cro-Magnon-Gesicht vergleichsweise beinahe liebenswert
wirkte.
    »Das ist — äh — eine ziemliche
Schweinerei«, sagte ich mit hohler
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