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TTB 110: Im Reich der Dämonen

TTB 110: Im Reich der Dämonen

Titel: TTB 110: Im Reich der Dämonen
Autoren: Kenneth Bulmer
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1
     
    Er lag am Rand der vorspringenden Plattform – schlaff, bewußtlos, hilflos wie ein kleines Kind.
    »Werft ihn hinunter«, riet Old Chronic, der greise Wildbeuter. Die Augen mit den dicken Tränensäcken wanderten rastlos hin und her. Wenn er den Kopf umwandte, glich sein ledriger Nacken einer Ziehharmonika, die zusammengedrückt und wieder auseinanderzogen wurde.
    »Ja-a«, meinte Thorburn zögernd. Er führte heute zum erstenmal eine Gruppe von Wildbeutern an. Die unvorhergesehene Entscheidung, die er jetzt treffen mußte, brachte ihn aus dem Konzept. Er schüttelte den massigen Kopf. Die anderen sollten nicht merken, wie unsicher er sich fühlte. Sie hätten es vielleicht als persönliche Schwäche ausgelegt. Er warf der kleinen Gruppe einen schnellen, forschenden Blick zu. Dann tasteten seine Augen wieder die Umgebung ab – aufmerksam und auf der Hut wie immer. Ein Wildbeuter auf einem Streifzug durfte keinen Augenblick unsicher werden.
    Old Chronic entblößte sein Gebiß und lachte meckernd. Seine Augen funkelten boshaft. »Wovor hast du Angst, Thorburn? Er kann dir nichts tun.«
    Die fünf anderen – drei Männer und zwei Mädchen – lachten mit. Old Chronic war schon in Ordnung. Er mochte zwar zu alt sein, eine Gruppe von Wildbeutern anzuführen, aber er hatte im Laufe der Jahre mehr als einmal dem Tod gegenübergestanden. Sie faßten seine Worte richtig auf.
    Und dauernd bewegten sich ihre Augen – nach rechts, nach links, nach vorne und hinten.
    Ohne einen Augenblick in seiner Aufmerksamkeit nachzulassen, strich Thorburn mit seinem rissigen Daumen über die seltsame Maschine, die unbeweglich und stumm neben der Gestalt auf dem kalten Marmor lag.
    »Und was ist mit dem Ding da?«
    Julia, die blonde Walküre mit den langen, sehnigen Beinen, warf einen Blick über den Rand der Plattform. Ihr Tarnumhang raschelte im Wind. Sie drehte sich lässig um und sah die anderen an. Als ihr Blick auf Old Chronic fiel, hob sie fragend die Augenbrauen.
    »Mach schon«, meinte der und schnüffelte ein bißchen in die frische Luft hinaus.
    »Warte noch ...« Thorburn sprach nicht weiter. Seine rastlosen Augen wanderten zum Außenhimmel, zu diesem weißlichblauen Schimmer, der unendlich weit entfernt war. Etwa eine Meile von der Plattform getrennt erhoben sich andere Gebäude – farbige Gebirge aus Metall, Stein und Kunststoff. Die Randlinien vermischten sich mit dem blauen, fernen Nebel, der Farben und Formen wie mit einem sanften Schleier verhüllte. »Ich weiß nicht ...«
    Die viereckige, marmorverkleidete Plattform schwankte plötzlich. Es war eine kaum spürbare Vibration. Doch schien der ganze Körper diese bebende, schwingende Bewegung mitzumachen.
    Und die Wildbeuter reagierten sofort.
    Die vier Männer und die beiden Frauen zogen die Tarnumhänge enger um sich und jagten blitzschnell in den Schatten hinter dem Eingang, der sich ein paar hundert Fuß hoch auftürmte.
    Thorburn zögerte. Seine Leute dachten nicht mehr an den Fremden. Die leichte Vibration hatte jeden Gedanken an ihn ausgeschaltet. Thorburn bückte sich und hob den Mann auf, der reglos und zusammengekrümmt neben seiner seltsamen Maschine lag. Er warf ihn sich über die Schulter und raste mit langen sicheren Schritten, die das jahrelange Training verrieten, seinen Kameraden nach.
    Als der Dämon auf den Balkon hinaustrat, hatte er die rettenden Schatten des Torbogens erreicht.
    Der Fremde trug keinen Tarnumhang. Das seltsame Material, aus dem sein Coverall bestand und das die Wildbeuter anfangs so erschreckt hatte, gab keinerlei Aufschluß über seine Herkunft. Aber seine graugrüne Farbe paßte sich gut an die Schatten an. Die riesigen, unregelmäßig angeordneten Augen des Dämons würden ihn nicht erspähen.
    Thorburn drückte sich neben seinen erstarrten Kameraden in einen Winkel und beobachtete den Dämon, wie er ins Sonnenlicht hinaustrat.
    Windstöße wirbelten auf, als die gigantischen Beine an ihm vorbeischritten. Thorburn war erleichtert, daß Julias Umhang jetzt nicht mehr flatterte. Der Lärm der Monsterfüße ließ den dicken Marmor widerhallen. Eine rauschende Wand leuchtenden Rots schob sich an ihnen vorbei, scheinbar endlos. Sie schleifte und kratzte über den Boden, daß Thorburns Ohren von den Geräuschen schmerzten. Selbst die Luft zitterte.
    Thorburn sah nicht auf. Reglos preßte er sich in die Nische und unterdrückte das Gefühl der Panik, das in ihm aufsteigen wollte. Es war die jahrhundertealte Furcht der
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